Forever Erich – Im Knast mit Erich Mühsam – Der elfte Band, das Jahr 1922

Erich Mühsam. Tagebücher. © Verbrecher Verlag

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Stoisch dreht sich die Weltenuhr und auch die Veröffentlichung der Tagebücher des Anarchisten und Mitglieds der Münchner Räterepublik läuft wie geschmiert. Gerade erschien der 11. Band und torpedierte uns aus dem schönsten Berliner Frühlingstag in die finstern Kerker der Reaktion. Mühsam und Genossen haben nach wie vor nicht viel zu lachen. Abgeschnitten vom Nachrichtenstrom durch die Zensur der Bayernbonzen, lernen sie den Alltag im Knast zu bewältigen, ohne großen Schaden an Geist und Körper zu nehmen. Mühsam versucht den Überblick im Weltgeschehen zu behalten, wundert sich ein ums andere Mal über das Verhalten seiner Parteigenossen und versteht auch nicht so recht, was in der Sowjetunion nun wirklich abgeht. Menschen werden dort wie Vieh abgeschlachtet, weil sie sich nicht in die Ideologie der Kommunisten pressen lassen wollen, da soll einer den Überblick bewahren! Mühsam, zumindest in der Theorie schnell mit dem (symbolischem) Strick für den politischen Gegner bei der Hand, merkt schon, dass die Sache ein wenig aus den Fugen gerät.

In Bayern lässt die ersehnte Amnestie derweil auf sich warten, während Hitlers braune Brut auf der Straße tanzt und der Weimarer Republik die lange Nase zeigt. Mühsam bleibt halbwegs ungebrochen, macht sich seinen Reim auf die scheinbar ausweglose Lage und träumt weiter vom Tag der Rache.

Die „Tagebücher“ sind auch als E-Books in allen einschlägigen Stores erhältlich.

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Erich Mühsam, Tagebücher, Band 11. 1922, herausgegeben von Chris Hirte und Conrad Piens, 380 Seiten, Leinen mit Leseband, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, ISBN: 3-940-42687-1, Preis: 32,00 EUR (D)

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