Griechische Feinkost. Die zweite Hellas-Filmbox bringt griechische Filme für „Feinschmecker“ nach Berlin

© 2017, Foto: Andreas Hagemoser

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Es begann 2016 als Auflehnung gegen einseitige Themen in der Presse und das zeitweise unvorteilhafte Griechenlandbild. Ein Jahr später ist aus der Privatinitiative die größte griechische Kulturveranstaltung in Deutschland geworden: Das Filmfest „Hellas Filmbox Berlin“. Gezeigt werden 60 griechische Filme bzw. Koproduktionen, darunter 28 Deutschlandpremieren. Es gab insgesamt über 190 Einreichungen. Unter der Schirmherrschaft des Präsidenten der Hellenischen Republik, Herrn Prokopis Pavlopoulos, findet das Filmfestival zum 2. Mal statt.

Eröffnungsfilm 2017

Ehrengast der „HELLAS FILMBOX BERLIN 2017“ ist der französisch-griechische Regisseur Costa-Gavras, der zum Festivaleröffnung am Mittwoch, den 18. Januar 2017 in Berlin anwesend sein wird. Ihm zu Ehren eröffnet das Festival seine zweite Edition im Kino Babylon-Mitte mit seinem Film „Der Stellvertreter“ (2002). Ulrich Tukur, der in diesem Film die Hauptrolle spielt, wird eine Laudatio auf Gavras halten.

Der Wettbewerb

In der offiziellen Wettbewerbssektion „NEUES GRIECHISCHES KINO“ laufen insgesamt 34 Filme: 6 Spielfilme, 6 Dokumentarfilme und 22 Kurzfilme. 26 der Filme sind zum ersten Mal Deutschland zu sehen. Prämiert werden der Beste Kurzfilm, Dokumentarfilm und Spielfilm „Neues griechisches Kino“.
Der Wettbewerb „NEW VISION“ beschäftigt sich mit Filmen, die auf spannende Weise klassische Filmformate und Kunst-/Digitalformate miteinander kombinieren. Es wurden 7 Filme für das Programm 2017 ausgewählt.

Höhepunkte der Reihen „Neues Griechisches Kino“ und „New Vision“

„Südwind“ („Mythopathy“), der neue Film des “Zimt und Koriander”-Regisseurs Tassos Boulmetis, gehört zu den cineastischen Highlights des Festivals. Der Film erzählt das persönliche Tagebuch der Hauptfigur Stavros, von seiner Kindheit bis zur Entscheidung, Regisseur zu werden. Im Griechenland der 1960er und 1970er Jahre beginnt seine Coming-of-Age-Reise. Stavros erfindet Geschichten über alte Mythen, lange Reisen und schöne Frauen. Der Titel spielt auf den Südwind an: Immer wenn dieser aufkommt, erfindet der Protagonist seine Geschichten.

Das Geschäft mit der Flüchtlingskrise

Der gerade mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnete Spielfilm „Amerika-Platz“ von Yannis Sakaridis beleuchtet das Geschäft hinter der Flüchtlingskrise und feiert seine Deutschlandpremiere auf der HELLAS FILMBOX BERLIN.

Dokumentationen wie „Those Who Feel the Fire Burning“ (‚Die, die das Feuer spüren‘ bzw. „Die im Feuer stehen“) des niederländischen Regisseurs Morgan Knibbe oder „The Longest Run“ (‚Der längste Lauf‘) von Maria Economou (u.a. prämiert auf dem Dokumentarfilmfest Dok Leipzig 2015) erzählen anhand von Einzelbeispielen die Flüchtlingskrise aus einer anderen Perspektive, der griechischen und europäischen Realität. Die politische und gesellschaftliche Brisanz dieser beiden Filme ist nach wie vor von hoher Aktualität.

Morgenröte

„Goldene Morgenröte – eine persönliche Angelegenheit“ von Angelique Kourounis: Die französisch-griechische Journalistin und Dokumentarfilmerin hat den rasanten Aufstieg der neonazistischen Bewegungspartei „Golden Dawn“ (‚Goldene Morgenröte oder -dämmerung‘) dokumentiert. Am Anfang eine kleine, militante Gruppierung, stieg Golden Dawn innerhalb von zwei Jahren zur drittstärksten Partei Griechenlands auf. Der Film kontrastiert das vermeintlich soziale Bild der Partei nach außen mit dem inneren Kitt einer eindeutig faschistischen Ideologie, die sich in zahlreichen rassistischen Übergriffen und hierarchischen Strukturen äußert.

A True Story

„Unterbrechung“ („Interruption“) von Yorgos Zois hat als Grundlage nicht nur eine dramatische wahre Geschichte, der Film ist auch eine moderne Adaption der griechischen Tragödie „Orestie“ vom Dichter Aischylos. Er nimmt die Zuschauer mit auf die Bühne, spielt mit Erwartungen und Konventionen, Realität und Fiktion sind dabei nicht mehr zu trennen.

Der Film geht auf die schreckliche Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater am 23. Oktober 2002 zurück. Knapp tausend Menschen besuchten an jenem Oktoberabend in der russischen Hauptstadt das Musical „Nord-Ost“. Ein halbes Hundert Bewaffnete, darunter auch Frauen, nahmen 850 Geiseln und versuchten, die Regierung in Moskau zu erpressen. Zweieinhalb Tage später endete das Geiseldrama mit der Befreiung der meisten Zuschauer, dem Tod aller Geiselnehmer und von 129 Geiseln.

Endzeit auf der Insel, die Rettung: eine Frau

Die „Griechische Finsternis“ zeigt uns Regisseur Angelos Franztis in seinem Thriller „Symptom“. Düster vermittelt er durch seine verstörend-schönen Bilder die mystische Endzeitstimmung auf einer griechischen Insel. Verlassene Bergwerke, gigantische Müllhalden, Kinder mit irritierenden Masken lassen den Zuschauer nicht mehr los.
Hängt das Schicksal der Inselbewohner von einer einzigen Frau ab? Der Film kommt einem reizvollen Rätsel gleich, dessen Lösung jeder Zuschauer selbst finden kann.

Griechisches aus Cannes als deutsche Premieren

Zwei Filme sind unter griechischer Sonne geboren, kommen aber über einen Umweg in die norddeutsche Tiefebene: Sie erblickten in Lichtspielhäusern an der Côte d’Azur das Licht der Welt, der Öffentlichkeit.
Stolz sind die Festivalmacher auf die zwei Deutschlandpremieren der auf den Festspielen in Cannes gezeigten Filmen „Limbo“ von Konstantina Kotzamani und „Der letzte Strand“ von Thanos Anastopoulos und Davide Del Degan.

Am Strand – Der letzte Strand – Das letzte Ufer

Letzterer erinnert mich an den Roman „On The Beach“ – auf deutsch: Das letzte Ufer“ – von Nevil Shute, der 1959 in den USA unter ebendiesem Titel verfilmt wurde. Der 35mm-Streifen erzählt in 134 Minuten die undenkbare Schreckensgeschichte eines Weltuntergangs, den die bösen Nordstaaten (der Erde) auslösten in Verbindung mit einer Liebesgeschichte zwischen einem US-amerikanischen U-Boot-Kommandanten und einer Einheimischen, einer Australierin.

In Buch und Film wurde das besondere Verhalten von Menschen beleuchtet, die nicht nur ihr ungefähres Lebensende erfahren, sondern das gleichzeitige ihre Mitmenschen.
Ob es außer dem Titel weitere Parallelen gibt? Wir sind gespannt.

Sinnvolle Wettbewerbspreise

Wie schon im letzten Jahr wird das erfolgreiche und bei Siegern beliebte Roadshow-Konzept weitergeführt. Die Hellas Filmbox Berlin organisiert für die 2017er Gewinnerfilme eine Kinotour durch etwa ein knappes Dutzend deutsche Städte, unter ihnen München, Düsseldorf, Stuttgart, Nürnberg und die Hansestädte Hamburg und Bremen.

Abschlussfilm 2017

Der Abschlussfilm des Festivals ist „Worlds Apart“ von Regisseur und Schauspieler Christopher Papakaliatis. Anhand dreier Liebespaare aus drei verschiedenen Generationen erzählt er ein Drama im politisch und wirtschaftlich gebeutelten Athen von heute. „Worlds Apart“ kann mit einer beeindruckenden Besetzung aufwarten (u.a. Oscarpreisträger J.K. Simmons) und war 2015 einer der erfolgreichsten Filme im griechischen Kino.
Der Film feiert am 22. Januar 2017 auf der HELLAS FILMBOX BERLIN seine Deutschlandpremiere.

Außer Konkurrenz

Außerhalb der Wettbewerbe wird es einen Schwerpunkt „Holocaust der griechischen Juden / Griechenland unter deutscher Besatzung“ sowie jenseits der bewegten Bilder eine Photoausstellung „Gesichter und Räume“ von Nelly Tragousti – Eine Hommage an Theo Angelopoulos geben.

HELLAS FILMBOX BERLIN

Wann? Vom Mittwoch, den 18. Januar bis Sonntag, den 22. Januar 2017
Wo? im Kino Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30, 10178 Berlin.
Eintrittskarten bzw. Tickets unter www.babylonberlin.de oder an der Abendkasse im Kino in Berlin-Mitte unweit des Alexanderplatzes

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