Kurz und klein. Die Internationale Kurzfilmjury der 2017er Berlinale – Christian Jankowski, Kimberly Drew und Carlos Núñez (Shorts)

Kimberley Drew, eines von 3 Mitgliedern der Berlinale-Kurzfilm-Jury 2017. © Naima Green

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). „Fasse dich kurz“ stand früher an den Telefonzellen, die selten wertvoll und wichtig waren. Im Zeitalter von Flatrates und weltweit möglicher Überwachung hat niemand mehr Interesse daran, Zeit zu sparen. Kurzfilme sparen immerhin noch Geld – und vielen eine Menge Lebenszeit, auch den Zuschauern.

24 Kurzfilme sind dieses Jahr im Programm der Internationalen Filmfestspiele Berlin. Nur ein Film läuft außer Konkurrenz: „Monangambee“ von Sarah Maldoror aus Algerien, ein 15Minüter. Der Rest kann gewinnen und zwar viel dieses Jahr.

Die Jury vergibt den Goldenen und den Silbernen Bären sowie den Audi Short Film Award. Darüber hinaus spricht sie eine Nominierung für die European Film Awards für den „Besten Kurzfilm“ aus.

Die Internationale Kurzfilmjury 2017 bilden Christian Jankowski, Künstler und Professor der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, die Kuratorin und Social-Media-Managerin des Metropolitan Museum of Art in New York, Kimberly Drew, und der Künstlerische Leiter des Santiago International Film Festival (SANFIC), Carlos Núñez.

Herr Jankowski steht nicht zufällig an erster Stelle, doch unabhängig von jeder Quote (33%?) sortieren wir die Einzelheiten der Jurymitglieder unten alphabetisch und sagen: „Ladies First!“.

Während die meisten auf den Wettbewerb schauen wie ein Kaninchen auf die Schlange, obwohl viele Spielfilme ins Kino kommen werden – „T2 TRAINSPOTTING“ startet nach der gestrigen Premiere bereits am 16. Februar 2017 bundesweit im Kino; „Toivon Tuolla Puolen“ /„Die andere Seite der Hoffnung“ (Buch & Regie: Aki Kaurismäki) am 30. März – bieten die Kurzfilme etwas neues, was aller Wahrscheinlichkeit nach im Kino um die Ecke nie gezeigt werden wird.

Vorher noch ein zur Jurygröße: Aller guten Dinge sind drei? Eine ungerade Zahl erleichtert die Entscheidung und eventuelle Abstimmung.
Doch warum sind es nur 3 Jurymitglieder – für 23 Filme? Im Wettbewerb ist die Jury mehr als doppelt so groß, aber es muss nur über 18 Filme entschieden werden.
Wie dem auch sei, entschieden wurde, dass dieses Triumvirat entscheidet:

Kimberly Drew (Vereinigte Staaten von Amerika)

Drew ist Kuratorin, Autorin und Social-Media-Managerin des Metropolitan Museum of Art New York. Ihr 2011 gegründeter Blog „Black Contemporary Art“ und ihr Instagram-Kanal „museummammy“ zählen zu den einflussreichsten digitalen Plattformen für afrikanische und afroamerikanische Kunst weltweit. Für ihre kuratorische Arbeit erhielt Drew unter anderem den Feminist Curator Award der „Air Gallery“ und den Gold Rush Award der Rush Philanthropic Arts Foundation. Drew studierte Kunstgeschichte und Afroamerikanische Studien mit Schwerpunkt Museum Studies am Smith College in Northampton, USA.

Christian Jankowski (Deutschland)

Jankowski arbeitet im Bereich der Konzept- und Medienkunst mit Film, Video, Fotografie und Performance, aber auch mit Malerei, Bildhauerei und Installation. Besonders beschäftigt er sich mit der performativen Interaktion zwischen Künstler und einem Publikum fernab des professionellen Kunstbetriebs. Seine Arbeiten sind in zahlreichen Museen und Sammlungen vertreten und wurden u.a. 1999 und 2013 auf der Biennale von Venedig gezeigt. 2016 kuratierte er die Europäische Biennale für zeitgenössische Kunst „Manifesta 11“ in Zürich. Jankowski hat eine Professur für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart inne.

… und immer wieder Chile …

Chile ist in Amerika ganz unten, solange die Landkarten genordet sind und die Globen auch.
Solange… Denn zum einen steht die Erdachse schief, zum anderen sollten gerade Berlinalezuschauer spätestens durch das Forum und „Forum expanded“ wissen, das Sehgewohnheiten einen betrügen.
Eine Kugel ist rund und jeder Punkt auf der Oberfläche könnte der Mittelpunkt sein. Auch wenn der Erdenplanet nicht ganz rund zu sein scheint, zumindest läuft hier einiges nicht ganz rund, gibt es für das Primat des Nordens keinen Grund. Noch im Barock waren wichtige Karten zum Beispiel der Stadt Charlottenburg geostet oder gesüdet.

Chiles Wichtigkeit wurde bei den IFB seit längerem erkannt und gewürdigt. Vergangenes Jahr lief im Lola-at-Berlinale-Programm „Colonia Dignidad – Es gibt kein Zurück“ mit Emma Watson und Daniel Brühl. Nicht nur als Thema ist das Land wichtig.

Seit Patricio Guzmans wunderbarem Wettbewerbsfilm „El Boton de Nacar“ („Der Perlmuttknopf“) wissen wir, das Chile nicht auf eine Karte passt(e) und viele Chilenen ihr Land noch nie an einem Stück gesehen haben.

2017 steht bei den Panorama-Dokumenten „El Pacto de Adriana“ („Adriana’s Pact/ Adrianas Pakt“) von Lissette Orozco auf dem Programm. Bei „La Mujer fantastica“ denken manche sofort an die Filmfrau und Gründerin der „South Embassy“, die das Green-Me-Filmfestival unterstützt. „Una mujer fantástica“ „A Fantastic Woman“ ist allerdings der Filmtitel eines Wettbewerbsfilms von Sebastián Lelio, der am Sonntag, den 12.2. seine Premiere erlebt (Chile, Deutschland, USA, Spanien).

Das 3. Jurymitglied: Carlos Núñez

Der Programmer und Produzent Carlos Núñez ist Mitbegründer und Künstlerischer Leiter des SANFIC Santiago International Film Festival, das ein wichtiges Forum insbesondere für den chilenischen und lateinamerikanischen Film darstellt. Des weiteren ist Núñez Direktor und Mitbegründer der Produktions- und Distributionsfirma „Storyboard Media“. Er koproduzierte u.a. den Film „La Mujer de Barro“ von Sergio Castro San Martín, der 2015 im Forum der Berlinale zu sehen war. Núñez ist Mitglied von Cinema23, einer Plattform zur Förderung der Filmkultur in Lateinamerika, Spanien und Portugal. Zudem ist er Hochschuldozent.

PS: In Rom bestand das Triumvirat aus Männern. Sind wir 2000 Jahre nach der Antike jetzt einen Schritt weiter?
Da es bei drei Personen und zwei Geschlechtern nur zwei Konstellationen gibt (2:1 oder 1:2), ist die diesjährige nicht als Schritt in die richtige Richtung, sondern als viel mehr zu bezeichnen. Wenn es vordergründig um die bessere Qualifikation gehen sollte, gibt es immer Menschen, die die Frauen zählen. 1,5 zu 1,5 ist bei dieser Jurygröße keine Alternative und so ist alles im Lot.
Wollte man nur unbedingt auf zahlenmäßige Gleichheit hinaus, bräuchte man das Gremium lediglich alternierend 1:2 und 2:1 besetzen.

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