Tage und Nächte werden zur Zeit. Leben, Traum und Tod des Kanuten und Louisianagründers Sieur de la Salle

Walter Bauer, "Folge dem Pfeil - Leben, Traum und Tod des Sieur de la Salle". Desch-Verlag. © 2017, Foto/BU: Andreas Hagemoser

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). „Tage und Nächte werden zur Zeit“. So heißt die Überschrift des 16. Kapitels in Walter Bauers Sieur-de-la-Salle-Biographie „Folge dem Pfeil“. Walter Bauer, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits drei Jahre in Kanada lebte, erzählt die Geschichte des französischen Kolonialpioniers René Robert Cavelier (genannt Sieur de la Salle). Abenteuerlust, Pioniersinn, Tatendrang und reiche Phantasie bewogen La Salle, 1666 nach Kanada auszuwandern.

Zur Zeit des Großen Kurfürsten und Dorotheas von Braunschweig und Lüneburg

Der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm von Brandenburg, hatte noch 22 weitere Regierungsjahre vor sich, wusste das aber nicht. Luise Henriette von Oranien, die Kurfürstin, sollte ein Jahr später sterben. Noch ein Jahr später heiratete Friedrich Wilhelm die Herzogin Dorothea von Braunschweig und Lüneburg, geborene Prinzessin von Holstein-Glücksburg.

Montreal und Ottawa

La Salle siedelte oberhalb Montreals, damals ein französischer Außenposten, am Ottawafluß. Er betrat Neuland, auf dem nur Ureinwohner lebten. Er campte unter ihnen, den „Indianern“, und führte Expeditionen durch, den Ottawa hinauf und nach Ohio. Sein Traum: Das Quellgebiet des Mississippi zu erreichen, um dem Strom bis zur Mündung zu folgen. 1682 erreichte La Salle den Oberlauf und verwirklichte seinen Traum. (Fünf Jahre nach der Geburt des letzten, siebten Kindes von Friedrich Wilhelm und Dorothea.)

Gründer Louisianas

Nach der minimalinvasiven Art der Fortbewegung des Amazonasgebietes, die er aus Quebec kannte, befuhr er den Fluß mit dem Boot bis zur Mündung in den Golf von Mexiko, wo er Louisiana gründete. Seine nächste und letzte Expedition führte ihn mit Schiffen in das Mündungsgebiet zurück, wo er eines gewaltsamen Todes starb.

Louis quatorze

Bevor das passierte, verschwanden die Schiffe. Eine kleine Kolonie lebte mit Frauen und Kindern im winzigen Fort St. Louis, abgeschnitten von der restlichen „westlichen“ Welt. König Ludwig XIV., nachdem die „Festung“ benannt wurde, hatte La Salle stets unterstützt, anders als die Kolonisten in Kanada.

Pfarrer niedergetrampelt

Es entstand eine Situation, in der sich die Zeit auflöste, kleinste Ereignisse willkommene Abwechslung brachten und wochenlang für Gesprächsstoff sorgten. Ein Wildschwein ging einen Pater an, ein anderer wurde von einem verletzten Büffel niedergetrampelt.

Was passiert, wenn sich eine kleine Gruppe aus einer Kultur quasi isoliert im Nichts wiederfindet?

Die Franzosen waren allein in der Prärie. Sogar La Salle ließ sie allein, da er immer wieder den Mississippi suchte. Einmal kehrten von 20 Mann acht zurück.
Unklar, ob sie jemals wieder Kontakt mit ihrer Geburtszivilisation hätten, entstand ein anderes Zeitgefühl und Kulturempfinden. Das scheinbar endlos weite Präriegras trug das Seine dazu bei. –
Bauer beschreibt Banditen und Bauern, Indianer und Siedler in ihrer Landschaft meisterlich.

„Es war Sommer von weißer Glut, …“

Zeit-Zitate

„Das Leben kam langsam wieder zu ihnen zurück, die Tage hatten ihre Ordnung, und von der Höhe der Siedlung sahen sie die blühende Prärie mit weidenden Büffelherden, …“

„Das Leben kam wieder, …“ „Sie wußten nichts von der Welt, eine andere Zeit hatten sie begonnen. In der Welt, die sie betreten hatten, gab es weder die Majestät des Königs in Versailles, noch kamen die Nachrichten über Krieg und Frieden, die zu Hause in Frankreich ihr Leben verdunkelt oder erhellt hatten, hierher.“

„Daß ein neues Haus bezogen werden konnte, war wichtig. Der Zimmermeister, der eines Tages in der Prärie verschwand, als er […] von der Jagd zurückkam, war unersetzbar. War er von Indianern überfallen worden, hatte er sich verirrt? Darüber sprachen sie.“ (S. 273)

„Und die Zeit ging über sie dahin und nahm Tage und Nächte mit“, „Aus dem Sommer wurde Herbst, warm und mild. Nichts veränderte sich.“ (S. 274)

„– und er fragte sich selbst, ob er das alles jemals für möglich gehalten hatte. Gewesen und vorbei, und die schwarzen Raben des Vorbei, Vorbei und Nimmermehr gruben sich in seinen Geist.“
„Hier war er, […] unter diesem Himmel von gläserner Klarheit, an diesem Strande, leer, einsam, von keinem berührt und keiner würde kommen, nie.“ „Und wo war der Strom?“
„Irgendwo floß er mit der Geduld und Langmut des Wassers, das die Zeit nicht kennt, durch das Land – […]“ (S. 275)

Seitdem es ISB-Nummern gibt, ist der Text wohl nicht mehr erschienen. Das vergriffene Buch findet man nur noch in Antiquariaten oder über Abebooks, booklooker & Co.

Bibliographische Angaben

Walter Bauer: Folge dem Pfeil. Leben, Traum und Tod des Sieur de la Salle. Welt im Buch, Kurt-Desch-Verlag 1956. 319 Seiten

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