Western Casting Happy Luft – Festival des deutschen Films zog mit neuem Open-Air-Kino und vielen Gästen eine Großstadt nach Ludwigshafen am Rhein

Matthias Brandt auf dem Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein. © fflu.de

Berlin/ Ludwigshafen am Rhein, Deutschland (Kulturexpresso). Das 13. Festival des deutschen Films zeigte vom 30. August bis zum 17. September 2017 insgesamt 242 Vorstellungen. Es gab 96 Filmgespräche. Bis zu 8.000 Besucher am Tag kamen in die idyllische Zeltstadt auf der Parkinsel am Rhein, bis Sonntag abend sind es insgesamt etwa 102.000 Besucher geworden, so viele wie in einer kleinen Großstadt wohnen.
Festivaldirektor Dr. Michael Kötz fasst zusammen: „Ein Fest für das deutsche Kino – über 60 neue Filmwerke haben wir präsentiert, 44 Regisseurinnen und Regisseuren waren zu Gast, 88 Produzenten und andere Branchenvertreter und 61 Schauspielerinnen und Schauspieler stellten sich mit ihren Werken dem kritischen Blick und den Fragen des Publikums. Das Festival macht großen Spaß!“

Höhepunkte

Highlights des Festivals waren die Preisverleihungen für Schauspielkunst an Martina Gedeck („Die Wand“, „Gleißendes Glück“) und Matthias Brandt, die nicht nur eine Ehrung für die Leistungen der beiden Ausnahmeschauspieler waren, sondern im Publikumsgespräch auch höchst interessante Einblicke in den Schauspielberuf gaben.

Matthias Brandt hat einen Allerwelts-Vor und -nachnamen, doch auf die Kombination kommt es an. Der jüngste Sohn von Rut und Willy Brandt, der bald – wieder zusammen mit der DDR – Geburtstag haben wird, ist kulturbeflissen wie seine Geschwister. Bruder Peter ist Historiker und Lars Schriftsteller und Filmemacher – in derselben Branche. Drei voll korrekte Jungs.

Doch auch Matthias Brandt verfasste bereits ein Buch, 2016 erschien die autobiographische „Raumpatrouille“, womit wir wieder bei Kino und Fernsehen angelangt wären. Brandt ist bekannt aus dem Tatort („Der tote Chinese“ u.a.) und Polizeiruf 110, aber kein „Mann von gestern“ (2007). Er ist „In den besten Jahren“ (2011, Regie: Hartmut Schoen) und erhielt Ruhm (2012, Regie Isabel Kleefeld) und Glück (2012, Doris Dörrie). 2013 drehte Torsten Fischer „Vier sind einer zuviel“ – eine Eselsbrücke für die Geschwisterzahl? Programmatisch auch „Männertreu“? (2014, Regie: Hermine Huntgeburth) Trotz aller Leistungen: Steht man noch „Vor der Morgenröte“? (2016, Maria Schrader)

Frei von Angst

Weitere Höhepunkte des Festivals das deutscher wohl nicht sein könnte als an Vater Rhein: Die Weltpremiere der Dokumentation „Silly – Frei von Angst“ (Kinostart: 16. November im Arsenal-Filmverleih). Die Kultband um Frontfrau Anna Loos und die Musiker Ritchie Barton, Uwe Hassbecker und Jäcki Reznicek gab dem Festivalpublikum „unplugged“ ein kleines Konzert.

Luft im Open Air

Auf große Publikumsresonanz stieß das neue Open-Air-Kino. Selbst bei Regen harrten die Kinobesucher aus und wollten den jeweiligen Film bis zum Schluss sehen. Die Kopfhörer garantierten zudem, dass die übrigen Gäste auf der Parkinsel am Rhein nicht von dem Filmsound der Vorführung gestört wurden.

Reif für die Insel

Die traditionellen „Inselgespräche“ zum Thema „Fernsehen“ und „Kino“ stießen bei den angereisten Medienvertretern auf gute Resonanz. Gerade der Bestandteil während des Festivals, wenn jenseits der sonst üblichen Branchentrubels Vertreter aus Produktion, Vertrieb, Redaktion, Förderung und Politik die unterschiedlichen Themen fachübergreifend diskutieren, ist einzigartig in Deutschland.

Kinder und Nager

Das „Kinderfilmfest“ mit dem „Nils-Nager-Preis“ ist Jahr für Jahr ein Magnet, denn „die Zukunft für das Kino wird damit entschieden, ob wir es schaffen, junge und ganz junge Menschen für das Kino zu begeistern, ihnen das einzigartige Erlebnis vermitteln, in einem abgeschlossenen Raum mit vielen anderen unbekannten Menschen in eine fremde Welt auf der Leinwand einzutauchen“, meint Dr. Michael Kötz.

Alle vergebenen Preise im Überblick

Filmkunstpreis 2017

An „Western“ von Regisseurin Valeska Grisebach
und ex aequo an
Casting“ von Regisseur Nicolas Wackerbarth

Lobende Erwähnungen

– „Happy“, Dokumentarfilm von Carolin Genreith
– „Luft“ von Regisseur Anatol Schuster

Der Publikumspreis 2017 ging
an Martin Enlen für „Ich war eine glückliche Frau

Preis für Schauspielkunst 2017*
Martina Gedeck
Matthias Brandt

Medienkulturpreis 2017
Lucia Keuter / WDR

Drehbuchpreis 2017
Markus Busch

Der „Goldene Nils“ 2017
– „Amelie rennt“, Regisseur: Tobias Wiemann

*Frühere Preisträger für Schauspielkunst waren unter anderem Katja Riemann, Nina Hoss, Hannelore Elsner, Sandra Hüller, Bruno Ganz, Anna Loos, Jan Josef Liefers, Corinna Harfouch, Mario Adorf und Ulrich Tukur.

In Sven Taddickens Romanverfilmung „Gleißendes Glück“ (Kinostart 20. Oktober 2016) zum Beispiel waren die beiden Hauptdarsteller Martina Gedeck, die diesjähriger Preisträgerin, und Ulrich Tukur.

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