25 Jahre Theaterakademie August Everding oder Blutrache auf Korsika, allerdings etwas unterkühlt – Zum Stück „L‘Ancêtre“ im Münchner Prinzregententheater

L'Ancêtre © Foto: Jean-MarcTurmes

München, Deutschland (Kulturexpresso). 25 Jahre Theaterakademie August Everding im Münchner Prinzregententheater, das sollte mit einem Highlight gefeiert werden. Dafür wählte man die die gänzlich unbekannte Oper ‚ L‘Ancêtre‘ von Camille Saint-Saëns. Das 90-minutige Werk wurde zum letzten Mal 1911 in Paris inszeniert, nachdem die Uraufführung 1906 in Monte Carlo freundlich aufgenommen wurde. Die Oper war danach zudem noch in Lyon, Prag, Antwerpen und sogar in Kairo zu sehen. In der Entstehungszeit als Verismo-Werk gelobt, besaß es dennoch nicht die musikalische Kraft sich gegen die starken Opern der italienischen Komponisten durchzusetzen. Saint-Saëns‘ andere vergessene Oper ‚Proserpine‘ wurde allerdings konzertant erfolgreich vom Münchner Rundfunkorchester unter Ulf Schirmer aufgeführt, die Einspielung wurde mit Preisen ausgezeichnet.

Doch irgendetwas fehlte an diesem Abend im Prinzregententheater. Die große Entdeckung war das leider nicht, wenngleich die Inszenierung von Eva-Maria Höckmayr höchst konzentriert wirkte mit seiner minimalistischen Strenge. Das durchweg dunkle Bühnenbild, ebenfalls von Frau Höckmayr, hätte dagegen etwas mehr Glut vertragen können, Korsika schien hier auf einem verdorrten Planeten angesiedelt zu sein. Dennoch erinnerte das Bühnengeschehen stark an das griechische Drama, der die Handlung begleitende Chor unterstrich dies eindrucksvoll, wenngleich doch etwas zu sehr auf Stöcken gebeugt geschlurft wurde. Auch die Nacktkostüme am Schluss, wohl als befreiendes Symbol gedacht, wirkten hier nun fehl am Platz, ebenso der Eremit, der mehr einem Dorftrottel glich, als einem weisen Einsiedler.

Die Personenregie dagegen wunderbar auf dem Punkt gebracht mit vielen Details, auch die verschiedenen Bewusstseinsdimensionen der handelnden Personen wurden großartig herausgearbeitet, das war spannend zu verfolgen. Agiert wurde von den jungen Protagonisten überzeugend und natürlich. Stimmlich sei zu bemerken, dass gut gesungen wurde, doch von einer französischen Phrasierung war leider nichts zu hören. Sehr schade, hier hätte das Werk noch aufgewertet werden können. Das zum Großteil unsensible Dirigat von Matthias Foremny war ein weiteres Manko, das eine musikalische Sogwirkung verhinderte. Man brachte die Komposition in eine Form, doch zum Leben wurde sie nicht erweckt. Das Münchner Rundfunkorchester musizierte unter dem sonst bekannt guten Niveau.

Thomas Kiechle als Gast in der Partie des Tébaldo sollte aufpassen, das Forcieren könnte seiner Stimme langfristig schaden, allzu selten konnte man sein schönes Timbre hören. Als ‚Geschwisterpaar‘ Margarita und Vanina gefielen Milena Bischoff und Céline Akçağ mit gestalterischer Präsenz, auch stimmlich zeigten sich beide bestens vorbereitet. Wenngleich auch hier mitnichten von einer Gestaltung der französischen Sprache gesprochen werden kann. Viel Applaus belohnte dennoch das Team für einen Opernabend, der zeigte, was die Theaterakademie zu leisten vermag, denn nicht die Studierenden enttäuschten an diesem Abend.

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