800 Jahre und noch sehr rüstig – Das Vorarlberger Landeskonservatorium gratuliert Feldkirch mit einem Konzertmarathon

© 2018, Foto: Midou Grossmann

Feldkirch, Vorarlberg, Österreich (Kulturexpresso). Im Bundesland Vorarlberg feiert man gerne und viel, somit ist der 800. Geburtstag der Stadt Feldkirch ein Ereignis, das man dieser Stadt seit Jahresbeginn zelebriert. 800 Jahre sind nicht wirklich alt in der europäischen Geschichte, doch die zweitgrößte Stadt Vorarlbergs ist sicherlich eine der schönsten in der Region, die zudem ihre historische Substanz erhalten konnte und gleichzeitig ein weltoffenes Flair ausstrahlt. Feldkirch beheimatet einige wichtige Institutionen des Landes, so auch das Vorarlberger Landeskonservatorium, und dieses wollte natürlich auch einen wichtigen Beitrag zum Stadtjubiläum liefern.

Der Streifzug durch 800 Jahre Musikgeschichte, anhand von sechs Konzerten à 35 Minuten, an vier verschiedenen Orten, versprach eine spannende Zeitreise zu werden. Dass dies nicht ganz so gelang, lag vielleicht auch an der Moderatorin des Abends Natalie Knapp, die partout das Publikum davon überzeugen wollte, dass die europäische Musikgeschichte mit der menschlichen Evolution übereinstimme. Oder so ähnlich. Wahre Kreativität sieht sie nur im pubertierenden Jugendlichen, der die Welt allein verändern könne. Wollen wir nicht vertiefen. Die musikalische Reise begann im Dom St. Nikolaus mit ‘O ignee Spiritus‘ von Hildegard von Bingen, gefolgt von weiteren spirituellen Gesängen des Mittelalters, bewegend gesungen vom Kammerchor Feldkirch sowie Studierenden des Landeskonservatoriums unter der Leitung von Benjamin Lack.

Danach wanderte das Publikum durch die Altstadt über den Fluss zum Landeskonservatorium, in dessen Kapelle das Ensemble ConCorda Musik aus dem 16. Jahrhundert u.a. von Francesco Turini, Biagio Marini und Dario Castello mit Violine, Viola da Gamba und Cembalo zart zu Gehör brachte. Diese sanften Weisen benötigte man auch, um sich von den ‚tiefgehenden‘ Gedanken der jugendlichen Philosophin Natalie Knapp zu erholen.

© 2018, Foto: Midou Grossmann

Danach ging es hinunter in den Festsaal. Hier warteten schon die ‘24 Geigen des Königs‘ – das gleichnamige Orchester des Königs Louis XIV war legendär. In einer aufwendigen Arbeit wurden die verschollenen Instrumente in Frankreich nachgebaut und nun geht man damit erfolgreich auf Tournee. Benjamin Lack leitete das Klangensemble sowie erneut den Kammerchor Feldkirch mit sichtlicher Begeisterung, die auch vom Publikum geteilt wurde. Beschwingt begab man sich dann erst einmal in eine längere Pause und an das reichhaltige Buffet.

Natürlich durften Bach (Carl Philipp Emanuel) und Joseph Haydn nicht fehlen, Werke beider wurden nach der Pause vom Epos:Quartett virtuos musiziert. Es war schon spät an diesem vielleicht letzten Sommerabend als die ‚Verklärte Nacht‘ von Arnold Schönberg zu hören war, es musizierte wieder das Epos:Quartett, abschließend die ‚6 Bagatellen für Streichquartett‘ von Anton Webern. Die Zukunft erklang dann noch zu später Stunde im Pförtnerhaus des Landeskonservatoriums mit einer Neukomposition von David Helbock mit dem Titel ‚No Borders! Parallelen in der Ewigkeit‘. Das große Tutti mit Musiker/innen des Abends, dem Kammerchor Feldkirch unter der Gesamtleitung von Benjamin Lack bewies, dass sich auch Parallelen berühren können.

Man darf von einem gelungenen Abend sprechen. Es ist wichtig die sogenannte Klassik aus dem Korsett des gängigen Abonnementkonzerts zu befreien. Es muss ja nicht immer so aufwendig sein, wie an diesem Abend, wenngleich die Alte Oper Frankfurt vor einiger Zeit ein Konzertmarathon von 75 Konzerten in 24 Stunden an 18 Orten, nach einer Idee von Daniel Libeskind, sehr erfolgreich und ausverkauft durchführen konnte.

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