Fidelio oder Die Liebe sprengt alle Ketten – Die „Rettungsoper“ von Ludwig van Beethoven

Quelle: Pixabay, CC0 Public Domain

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Leonore hieß ursprünglich Beethovens einzige Oper. Die Uraufführung war am 20. November 1805. Diese bekannte Oper, auch Revolutionsoper genannt, ist seit 200 Jahren ein häufig gespieltes Werk, welches auch gern zu besonders feierlichen Anlässen aufgeführt wurde und wird. So sollte sie 2016 eigentlich zur Eröffnung der frisch renovierten Staatsoper unter den Linden gespielt werden. Berlin ist wohl nicht der Ort für pünktliche Gebäude-Eröffnungen, so wurde sie im Schiller-Theater aufgeführt, was den Hochgenuss in keinster Weise schmälern konnte.

Der vom Weltmeister der Regie, auf über 200 Inszenierungen kann Chefregisseur Harry Kupfer verweisen, inszenierte Plot ist angelehnt an eine wahre Begebenheit in der französischen Revolution: eine Frau befreit ihren unschuldig inhaftierten Mann (hier: Florestan) aus dem Kerker, indem sie sich als Mann verkleidet. Die Handlung spielt im Gefängnis nahe Sevilla, um politische Verwicklungen im französisch besetzten Deutschland zu vermeiden. Beethoven war ein politisch interessierter Mensch, jedoch liegt in dieser Oper der Schwerpunkt auf der Liebe. Leonore ist die Verkörperung der Frau, die Beethoven für sich vergeblich erträumte. „Rettungsoper“ wird sie genannt, weil aus höchster Gefahr Rettung – aus Mut und eigener Kraft heraus – erfolgt.

Der Fond des minimalistischen Bühnenbildes wird kurz zu Anfang und am Ende von einem riesigen Wandteppich mit dem Abbild des Prunksaals des Wiener Konzerthauses bedeckt, dem Uraufführungsort. Der Vorhang fällt und eine dunke, „sprechende Wand“ aus Granit erscheint, die nachgebildete Gefängniswand im sogenannten EL-DE-Haus 1943-45, dem Gefängnis der Kölner Gestapo, wo die Inhaftierten 1.800 sehr eindrückliche Inschriften hinterlassen haben, Worte des Abschieds. Besonders prangt heraus in Kritzelschrift „Paix“ (Frieden), die den „Teufels“kreis zur heutigen kriegsgemarterten Zeit schließt. Die Handlung ist eigentlich auch exemplarisch für gegenwärtig ungerecht Inhaftierte – Diktatoren gibt es leider immer noch zu viele auf der Welt! Vive la Révolution!

Ein eindrucksvolles Tableau mit großen Soloszenen wie die von Leonore, eindringlich und eindrucksvoll gesungen von Camilla Nylund. Bemerkenswert die tief empfundene Arie des Florestan, gesungen von Andreas Schager. Rocco, der Gefängniswärter, wird von Matti Salminen herausragend gut gesungen. Der Bösewicht Don Pizarro, die Schwarzgestalt, wird überzeugend gesungen und dargestellt von Falk Struckmann.

Unbedingt erwähnt werden muss auch der „Gefangenenchor“, brilliant und ergreifend gesungen vom Staatsopernchor unter der Leitung von Martin Wright, wie die Gefangenen zum ersten Mal seit ewigen Zeiten im Innenhof das Sonnenlicht sehen dürfen und verhalten von Freiheit singen: genial.

Der Beginn der Oper mutet singspielmässig an, jedoch steigert sie sich zu einer großen Oper in der Mitte mit einem umwerfenden Oratorium zum Schluss – eine himmlisch zu nennende Musik.

Dirigiert wird die Staatskapelle Berlin gekonnt grandios vom großen Meister Daniel Barenboim.

Es gab rauschenden, begeisterten Schlussapplaus im ausverkauften Haus nach vielen Zwischenapplausen – eine Oper über eine starke Liebe, die alle Hürden zu überwinden vermag – in einer grandiosen Inszenierung.

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