Keine Träne bleibt ungeweint, kein Bier bleibt ungetrunken, keine Selbstzerstörung geht lange – Zum Roman „Elbschlosskeller“ von Daniel Schmidt, Olaf Köhne und Peter Käfferlein

"Elbschlosskeller" von Daniel Schmidt. © Edel/Edelbooks

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Der „Elbschlosskeller“ befindet sich auf St. Pauli direkt gegenüber dem „Goldenen Handschuh“. Beide Kneipen stritten früher darum, wo denn nun die meisten Gestörten und Kaputten unterwegs waren. Nach Strunks Buch über den „Goldenen Handschuh“, ging diese Kneipe weitestgehend an die Touristen verloren. Kann sich natürlich wieder ändern.

Ich hatte das Glück, in den letzten Jahren einige einschneidende Sauferlebnisse mit meinem Hamburger Freund Christian im „Elbschlosskeller“ erleben zu dürfen. Die wunderbar schummrige und herrlich schmierige Kneipe war beständig der letzte Akt in unserem Besäufnis. Oft sahen wir die gleichen Gestalten, die nun auch via Foto im Buch verewigt wurden (ich hoffe sie leben noch lange, glaube es aber nicht). Die drei Autoren (Schmidt hat das Leben gelebt und die Stories erzählt, Köhne und Käfferlein haben ein Buch daraus gemacht) besticht durch Redlichkeit.

Schmutz ist im Buch Schmutz. Frau Verzweiflung hat einen Vornamen.

Obwohl mitunter die Prolligkeit wehtut, schafft es der Kneipier Daniel Schmidt mit Herzenswärme zu überzeugen. Für ihn als Wirt sind tatsächlich alle Menschen gleich, egal wie sie stinken, wie weit unten sie waren… Weil er selbst ganz unten war und weiß, wie Dreck schmeckt und wie Elend geht.

Dieses Wissen und sein Überleben (Gratulation natürlich) macht den Ton des Buchs mitunter etwas Ratgeberhaft. Aber irgendeine Botschaft bringt wohl jeder mit, der dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Ein neues Leben anfangen, das klingt so leicht. Insofern bekommt das Buch 7 Sternchen von zehn, weil das Buch etwas zu sehr Schmidtbiografie ist, und die Geschichten aus dem „Elbschlosskeller“ vielleicht zu kurz kommen. Das Lesen lohnt trotzdem, obwohl es an den „Handschuh“ nicht rankommt.

Bester Satz auf Seite 185: „Du bist es, den ich will, du hast tolle Gene, hast was in der Birne und ein gutes Herz. Mach mir doch ein Baby.“

Bibliographische Angaben

Daniel Schmidt, Olaf Köhne und Peter Käfferlein, Elbschlosskeller, kein Roman, Fotos CP Krenkler, 256 Seiten, Format: 13,5 x 21,0 cm, Klappenbroschur, Verlag: Edel von el Books, Hamburg, 4.4.2019, ISBN: 3-8419-0612-0, Preise: 17,95 EUR (D), 18,50 EUR(A)

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