LUCKY? Maliks Mutter Veronica Schildt Bendjelloul wird 74

Lucky Luke Heft 46 Der Großfürst (Comic)
Ein Lucky-Luke-Heft. © 2018, Foto/BU: Dirk Fithalm

Berlin/Stockholm, Deutschland/ Schweden (Kulturexpresso). Die schwedische Übersetzerin Veronica Schildt Bendjelloul hat am 20. Mai Geburtstag. In der Bundesrepublik unbekannt, ist sie in Schweden eine Größe, ihre Familie allemal. Ganz entfernt so wie der US-Folksänger Sixto Diaz Rodriguez, über den Veronicas Sohn Malik Bendjelloul eine Doku drehte, die ihm Bafta, Oscar und Guldbagge einbrachten, den schwedischen Filmpreis. Rodriguez nahm in den USA zwei Platten auf, hatte aber finanziell wenig Erfolg. In Südafrika hingegen war er Kult. Der Dokumentarfilm heißt „Searching for Sugar Man“. Maliks Mutter Veronica Schildt Bendjelloul übersetzte und kümmerte sich in der schwedischen Kirche um Finnen, vor allem Schwedenfinnen.

Veronica Schildt Bendjelloul, die Isabelle- und Lucky-Luke-Übersetzerin

Neben ihrer Malerei ist Frau Schildt Bendjelloul (Jahrgang 1944), die tragischerweise den Tod ihres Sohnes erleben musste, vor allem als Übersetzerin in die Kulturgeschichte eingegangen. Namentlich der Comicserien „LUCKY LUKE“ und „ISABELLE“.

Die schwedische Übersetzung von „Dalton City“ (Lucky Luke) erschien 1971, als Veronica Schildt ihr Studium an der Universität Stockholm beendete.
Veronica Schildt Bendjelloul gab unter anderem der Figur des Gefängniswachhundes, die 1960 in „Sur la Piste des Dalton“ erstmals bei Lucky Luke auftaucht, ihren Namen. Der Hund hieß und heißt im Original auf französisch und auf deutsch Rantanplan. Veronica Schildt Bendjelloul nannte den dummen Wachhund „Ratata“. Rantanplan alias Ratata isst gern, ist aber nicht helle.
Er ist eine Parodie auf den klugen Deutschen Schäferhund Rin-tin-tin, mit dem in den 20er Jahren über zwei Dutzend Filme gedreht wurden. Im Stummfilmzeitalter. Rin Tin Tin, der 1932 starb, brachte es sogar zu einem Stern auf dem Walk of Fame in Los Angeles, den viele andere Hunde am Halsband ihrer Herrchen entlangwackeln dürfen.
Um den zahmen Wolf Rantanplan rankte sich ab 1985 eine eigene Comicserie (ein Ableger oder Spin-off von Lucky Luke).

Isabelle und andere belgische Comics

Die belgischen „Isabelle“-Comics wurde von Will gezeichnet und seit 1969 bis zum Tode des Zeichners im Jahr 2000 veröffentlicht. Zuerst im Magazin „Spirou“. Drei verschiedene frankophone Verfasser verfertigten die Texte. Einer von ihnen, Delporte, schrieb später die Texte mit Will zusammen. Ein anderer, André Franquin, benannte die Figur des jungen Mädchens, das in viele Abenteuer mit einer guten und einer bösen Hexe gerät(Kalendula und Calendula), nach seiner Tochter.
Die Geschichten ranken sich um ein magisches Bild, ein fliegendes Dorf und eine schwimmende Insel.

Die Reihe bestand über drei Jahrzehnte, was einen großen Erfolg darstellt.

Neben Asterix sind die Beneluxländer, besonders Belgien, eben auch der Ursprung für andere beliebte Bildergeschichten. „Asterix“ pilotierte Ende 1959 im belgisch-französischen Comicmagazin „Pilote“ (Pilot). Die noch erfolgreicheren und legendären Papierprodukte (als Isabelle) über das Dorf der unbeugsamen Gallier mit dem stärkenden Biotrunk mit Superfoodanteil wurden, wie bekannt, von René Goscinny verfasst und von Albert Uderzo gezeichnet.

Goscinny schrieb auch die Lucky-Luke-Texte.

Veronica Schildt Bendjelloul übersetzte nicht nur Comics, sondern schuf auch literarische Übersetzungen ins Schwedische (Agatha Christie).

Die Familie von Veronica Schildt Bendjelloul: Über vier Generationen Kultur

Spätestens mit Holger Schildt, dem Opa von Veronica Schildt Bendjelloul, fing alles an.
Er markiert auch den Übergang von Rußland/ Finnland nach Schweden. Bereits seine Geburts- und Todesdaten sprechen Bände: 28. März 1889 in Helsinki, gestorben am 13. Juli 1964 in Stockholm. Auch heutiger Sicht würde man sagen: „Soso, in Finnland geboren, in Schweden mit 75 Jahren gestorben. (Ein) Alter Schwede.“ Zudem zu der Zeit. Er vollendete ein Dreivierteljahrhundert.

Warum Helsinki nicht (nur) in Finnland liegt – und was die Schweden dort zu suchen haben

Doch: Die Wahrheit ist komplexer. Warum waren überhaupt Schweden in Finnland? (Und gehörte Helsinki überhaupt zu Finnland? 1889? Oder 1914?) Schweden war eine Großmacht. Nicht nur Puttbus auf Rügen mit seinem berühmten Theater war schwedisch, auch Teile Pommerns gehörten dazu. Die russische Hauptstadt Petersburg wurde aus einem Sumpf an der Ostseeküste aus dem Boden gestampft, an der Newa. Doch der Fluss hatte auch einen schwedischen Namen und das Land mussten die Russen den Schweden erstmal abjagen, um dann die Stadt bauen zu können (1703).

Als Finnland zu Schweden gehörte, wurde Helsinki, das schwedisch „Helsingfors“ heißt, gegründet: 1550.

Als die Russen unter dem Zaren die Stadt eroberten, machten sie sie 1812 zur Hauptstadt des neu errichteten Großfürstentums Finnland.
Dadurch verlor Turku den Rang als wichtigste Stadt im Lande. Hauptstadt Finnlands ist Helsinki erst seit 1917, denn damals wurde das Land der Finnen als Staat unabhängig.

Eigentlich ist Helsinki/ Helsingfors also eine schwedische Stadt und die Frage, warum dort (Finnland-)Schweden sind oder waren, erübrigt sich.

Holger Schildt druckte in Schildts Verlag (förlag) die Bücher seines Cousins Runar und vieles andere. Nach einer Fusion gibt es den Verlag bis heute. Der Name Schildt hat überlebt.
Holger heiratete Marie Schaupp und nannte seinen Sohn Ernst Henrik.

Pia Veronica Schildts Vater Henrik, der Filmschauspieler, Kollege Greta Garbos

Veronicas Eltern sind Margareta Morsing und Henrik Schildt (1914 in Helsinki/ Helsingfors, 2001 in Stockholm). Das Paar heiratete 1940 und blieb 16 Jahre zusammen.
Ernst Henrik ist der Vater von Johan, Peter und Veronica. Henrik Schildt (1914–2001) wurde noch in Finnland geboren, als es zum Zarenreich gehörte. Der Schauspieler ist Schwede, debütierte 1935 in dem Film „Kanske en gentleman“ („Vielleicht ein Gentleman“) des norwegischen Drehbuchautors, Regisseurs und Piloten Tancred Ibsen. Ibsen führte bei zwei Dutzend Streifen Regie und schrieb ebensoviele Drehbücher. Wie praktisch, wenn ein Land im Frieden lebt, selbst wenn Nachbarn Krieg führen. Das Königreich Schweden blieb im Zweiten Weltkrieg neutral. So konnte Henrik 1939-1942, statt eine Uniform anzuziehen und ggf. als Zielscheibe zu dienen, die bedeutende Schauspielschule Dramatens elevskola besuchen. Diese Schule, die eigentlich Kungliga Dramatiska Teaterns Elevskola heißt, wurde vom Königlichen Dramatischen Theater (kurz: Dramaten) betrieben, bis Ingmar Bergman, 1964 Intendant, die Lösung der Schule vom Theater betrieb, was er später bereute. Viele berühmte Schauspieler absolvierten die Schauspielschule „Dramatens elevskola“, darunter neben Bergman Max von Sydow und Greta Garbo.

Der Darsteller Henrik Schildt spielte unter anderem in „Blood and Fire“ (1945), „Each Heart Has Its Own Story“ (1948) und „Customs Officer Bom“ („Zollbeamter Bom“) (1951) mit.
Seine drei Kinder heißen Johan Schildt, Peter Schildt und Veronica Schildt Bendjelloul.

Pia Veronica Schildt heiratete 1969 einen Arzt, der am Krankenhaus von Helsingborg tätig war und hieß fortan mit Nachnamen Schildt Bendjelloul.

Die Brüder vom Film

Bruder Peter (geboren 1951), der bald Geburtstag hat, am 9. Juni, ist auch Schauspieler. Er begann mit 7 Jahren als Kinderdarsteller, ähnlich wie Malik Bendjelloul („Searching for Sugar Man“). Peter Schildt ist auch Regisseur beim Film und Theater sowie Drehbuchautor (u.a.„Games of Love and Loneliness“ (1977), „Flight of the Eagle“ (1982) und als Schaupieler „Distant Land“ (2010))

Bruder Johan (*1959) ist eigentlich Veronicas Halbbruder, da Vater Henrik ein zweites Mal heiratete (1956), die Schauspielerin Berit Schildt, geborene Gramer. Johan feierte Montag vor einer Woche Geburtstag, am 7. Mai. Er ist Schauspieler, Drehbuchautor und Verleger (wie sein Großvater Holger), macht seit den 80er Jahren viel fürs Fernsehen, so die Serien „Nya tider“ („Neue Zeiten“, Serien haben doch gern mal allgemeine Namen, man denke an Gute Zeiten, schlechte Zeiten GZSZ) und „Bibliotekstjuven“ („Der Büchereidieb“).

Die Kinder

Veronika hatte zwei Kinder, zwei Söhne.
Johar ist am 1. September 1975 geboren. Er ist Maliks älterer Bruder. Malik wurde zwei Jahre später geboren, am 14. September 1977 in Ystad (etwa 50 Kilometer von Malmö). Weltweit ist Malik Bendjelloul vielleicht der bekannteste Name, vor allem durch den Oscar für seinen letzten Dokumentarfilm.

Was Johar wohl ist? Fernsehmoderator und Journalist.

Wir sind nicht überrascht.

Veronikas Onkel, der Filmkritiker, nach dem ein Preis benannt wurde

Die Familie Schildt ist also sehr telegen und den laufenden Bildern verbunden, ob sie nun über den Bildschirm flimmern oder auf die Leinwand projiziert werden.

Auch Veronica Schildts Onkel Jürgen gehört dazu. Jürgen war Filmkritiker beim altehrwürdigen, 1830 gegründeten „Aftonbladet“ (Abendblatt) und 1957-62 beim schwedischen Radio. 1965-66 war er Kulturchef des „Aftonbladet“, also Ressortleiter Kultur.

61 Jahre vor der Kamera: Die Filmschauspielerin Annalisa Ericson. Photograph unbekannt. (By Unknown photographer) (Rolfs 1931. Stockholm 1931.) [Public domain], via Wikimedia Commons

Jürgen Schildt heiratete am 2. Juli 1964 die berühmte Filmschauspielerin Annalisa Ericson (1913-2011), die zwischen 1930 und 1991 – in 61 Berufsjahren! – in 58 schwedischen Filmen mitspielte. Sie starb vor sieben Jahren am 21. April, 20 Jahre, nachdem sie das letzte Mal vor der Kamera gestanden hatte.
Für sie war es die dritte Ehe. Sie blieben bis zu seinem Tode 1990 zusammen.
Die Feier der Silberhochzeit war ihnen noch vergönnt.

Der Preis

Anschließend wurde ein Filmkritikerpreis gestiftet, der „Jurgen-Schildt-priset“, den das „Aftonbladet“ verwaltete. Er wurde 1992-2010 an Filmwissenschaftler, Kritiker, Buchautoren und Redakteure vergeben.

Chaplin

Erste Preisträgerin war die Kollegin und Kulturjournalistin Jannike Ahlund, Jahrgang 1954, von 1990 bis 1995 Chefredakteurin der Filmzeitschrift „Chaplin“ (ISSN 0045-6349). Das Filmmagazin bestand 1959-1997 und erschien zweimonatlich. 38 Jahre lang.

Jannike Ahlund hat am 18. Mai Geburtstag. Wir gratulieren herzlich!

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Spurensuche: „Searching for Sugar Man“ von Malik Bendjelloul wird wieder gezeigt

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