Wien, Österreich (Kulturexpresso). Um es gleich vorwegzunehmen: Der Meeresgott war günstig gestimmt. Er verzichtete gnädig darauf, mit seinem berüchtigten Dreizack die Fluten aufzuwühlen, die Wogen hielten sich in Grenzen und das Meer blieb von Athen bis Istanbul meist spiegelglatt. Unbehelligt glitt die „Vasco da Gama“ durchs östliche Mittlemeer, dieser faszinierenden Welt der Antike, die so viel Kultur und Kämpfe erlebte wie keine andere Regionen des Europas. Jeder Hafen, an dem wir auf unserer neuntägigen Kreuzfahrt anlegten, bot neue Höhepunkte, Erlebnisse, Einsichten und Erkenntnisse. Und dazwischen immer wieder dieses trotz seiner drei Jahrzehnte auf dem Kiel – oder vielleicht gerade deshalb – hervorragende Schiff: Die „Vasco“, die wir auf dieser und auf vorangegangenen Reisen so richtig lieb gewonnen haben, ist eben noch ein traditionelles, „klassisches“ Kreuzfahrtschiff, das auch aussieht wie ein Schiff aussehen sollte – und nicht wie ein gesichtsloser Wolkenkratzer aus irgendeiner City, der sich aufs Meer verirrt hat. Ein Schiff von optimaler Größe für rund 1000 Passagiere – überschaubar und für heutige Kreuzfahrt-Verhältnisse relativ klein, und doch groß genug, um alle Annehmlichkeiten zu bieten, die man von einem Kreuzfahrtschiff erwartet: Auswahl an Restaurants, Kultur- und Unterhaltungsangebote für alle Geschmäcker, Decks für jeden Erholungsbedarf, Schwimmbäder und Wellness.
Sie bietet Restaurants für jeden Geschmack, von der asiatischen über die mediterrane Fusion-Küche bis zum großen, eleganten „Waterfront-Restaurant“ und einer Option gegen Aufpreis: Ausgezeichnete Steaks (oder „Surf and Turf“). Und dann gibt es noch das Bistrot mit einer großen Auswahl an Speisen für den eher eiligen Besucher und, nach Schließung der anderen Restaurants, den „Alfresco-Grill“auf Deck für einfachere Speisen.
Ebenso groß ist die Auswahl an Kabinen – von der preisgünstigen Innenkabine (16 -17 Quadratmeter) über die komfortable Kabine mit Fenstern bzw. Bullaugen (16-18 Quadratmeter), die deutlich luxuriösere Balkonkabine (20 Quadratmeter) bis hin zu den Balkonsuiten (34 bis sogar 110 Quadratmeter).
Pools, zwei offene Schwimmbäder auf Deck und ein Hallenbad von respektabler Größe mit Dach, das bei ungünstiger Witterung zugefahren werden kann. Zur abendlichen Unterhaltung stehen das große Theater, die Hollywoodlounge mit täglich wechselnden, oft spektakulären Shows zur Verfügung, andernorts werden Filme (leider in deutscher Synchronisation) gezeigt und ganz oben, auf Deck 12, geht allabendlich mit Tanz zu Live Musik die Post ab. Ich selbst mag’s etwas ruhiger und klassischer: mein Lieblingsort ist der „Blue Room“, wo ausgezeichnete Jazz-Musiker zu hören sind.
Die Destinationen dieser Kreuzfahrt sowie die Wahl der Ausflüge – da herrscht allerdings regelmäßig die „Qual der Wahl… – wurden perfekt zusammengestellt. Die angebotenen Führungen sind ausnahmslos kompetent und informativ, also sehr zu empfehlen. Erste Anlegestelle war Mykonos mit seinen weltberühmten Windmühlen und den verschlungenen Gässchen mit weißen Häusern und unzähligen überteuerten Boutiquen – ein „Muss“, aber eine gefährliche „Tourist Trap“: Kaum eine Woche vergeht, ohne dass in einer bestimmten Bar am Strand Touristen sehr gründlich über den Tisch gezogen werden – Drinks und Meeresfrüchte für Hunderte von Euros. Da treffen naive Besucher, die offenbar ihre Lesebrille an Bord gelassen haben, auf skrupellose Bar-Besitzer. Die Rechnung wird dann offenbar in einer dunklen Rechnung Ecke der der Küche beglichen, und – wer dann ans Tageslicht tritt kriegt den Schreck seines Lebens.
Da mag ich’s doch lieber klassisch: Ein Shuttle bringt einen bequem von der Anlegestelle des Schiffes zum kleinen Hafen in Mykonos und von dort stehen Ausflugsschiffe zur Verfügung, die einen bequem, rasch und für wenig Geld zur Insel Delos bringen – hoch interessant und ein Muss für jeden, der an der klassischen Antike interessiert ist. Und schon der nächste Tag bringt den absoluten Höhepunkt – nunmehr auf der türkischen Seite des Meeres: Die antike Stadt Ephesus und Kusadasi, wo man auf ein attraktives Angebot an relativ preisgünstigen Geschäften stößt. Am nächsten Tag Pergamon mit seiner überwältigend prachtvollen Akropolis, die faszinierende „Rote Basilika“ und das unbedingt sehenswerte „Asclepion“ – ein antikes Sanatorium und Spital von schier unglaublichen Dimensionen und teils mit durchaus modern anmutenden Behandlungsmethoden (wie Traumdeutung nach Freud…).
Schon der nächste Tag bietet ein weiteres Faszinosum: Die weltberühmten Meteora-Klöster in Thessalien, Unesco Weltkulturerbe und durch keinen Geringeren als James Bond persönlich unsterblich gemacht im heute bereits ziemlich altmodisch (1981!) anmutenden Thriller „For Your Eyes Only“ . Die skurrile Geschichte der Dreharbeiten im Internet nachzulesen lohnt sich. Doch in dem Film wird durchaus realistisch gezeigt, wie die Mönche seinerzeit die auf steilen Sandstein-Felskaminen erbauten Klöster erreichten: sie wurden in großen Körben heraufgezogen… Kein Wunder, dass der Name „Meteoros“ übersetzt bedeutet „in der Luft schwebend“ und wenn Dunst in der Luft liegt, scheinen die Gebäude tatsächlich in der Luft zu schweben, dem Himmel nahe – angeblich war das der Grund (und nicht Sicherheits-Erwägungen), weshalb diese Klöster vor rund 700 Jahren in schwindelerregender Höhe unter größten Schwierigkeiten errichtet wurden. Doch erste Einsiedeleien gab es hier bereits vor einem Jahrtausend. Die riesige Anlage von atemberaubender Schönheit besteht aus nicht weniger als 24 einzelnen Klöstern und Einsiedeleien, von denen heute nur noch sechs bewohnt sind. Die Fresken in einzelnen Kirchen sind von atemberaubender Schönheit, die Farben von unnachahmlicher Intensität. 18 der Klöster sind schwer zu erreichen oder sie wurden wegen Einsturzgefahr von den Mönchen verlassen.
Philippi, ebenfalls Unesco-Welterbestätte, ist eine weitere, geschichtsträchtige Station auf unserer Reise durch die Antike – und hier denken wir sogleich an die viel zitierte Sentenz „bei Philippi sehen wir uns wieder“. Dieser Satz geht auf Shakespeares „Julius Caesar zurück – Caesars Geist erscheint seinem Mörder Brutus im Traum und atwortet auf dessen Frage, wieso er in seinen Traum gekommen sei: „To tell thee thou shalt see me at Philippi“ – um dir zu sagen dass du mich bei Philippi wiedersiehst. Tatsächlich fand hier, zwei Jahre nach der Ermordung Caesars im Jahr 44 vor Christus die entscheidende Schlacht zwischen Caesars Anhängern und Nachfolger Mark Anton und Oktavian gegen den Caesarenmörder Brutus und dem mit ihm verbündeten Gaius Cassius Longinus statt. Anton und Oktavian siegten – und damit das römische Kaisertum, besiegelten so das Ende der von den Caesarenmördern angestrebten Republik. Ein Ort also, in dem die wohl wichtigste Weichenstellung der römischen Gesichte stattgefunden hatte: Octavian liess sich im im Jahr 27 vor Christus zum Kaiser krönen. Doch bald erhielt dieser Ort eine weitere weltgeschichtliche Bedeutung: Apostel Paulus soll in Philippe seine erste Predik auf europäischem Boden gehalten haben und im Jahr 49 gründete er hier die erste christliche Gemeinde Europas. i Basilika des Heiligen Paulus, von der noch imposante Überreste erhalten sind, wurde 343 erbaut.
Als letzte Station besuchen wir das legendäre Troja und an den Souvenirständen kann der historisch begeisterte Besucher trojanische Pferde im Taschenformat erstehen. Eine wunderbare Geschichte – „se non e vera è ben trovata“ (wenn nicht wahr, so doch gut erfunden) wie der Italiener treffend sagt! Diese faszinierende Seereise durch die Antike endet mit dem vielleicht bedeutendsten Höhepunkt: Istanbul, der Brückenstadt zwischen Asien und Europa, zwischen dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer. Zu entdecken gibt es hier endlos viel – von der magischen Cisterna Basilica über den Topkapi-Sultanspalast, die einstündige Schiffs-Rundfahrt durch den Bosporus (die schon für ein paar Euros zu haben ist!), die wirbelnden Derwische als sehr außergewöhnliches Kulturerlebnis, der (im Vergleich zu meinen früheren Istanbul-Besuchen nicht mehr ganz so stimmungsvolle) Grosse Basar, das prachtvolle Pera Palace Hotel, wo einst die Passagiere des berühmten Orient Express abgestiegen waren und 1892 erbaut vom Belgier Georges Nagelmacker, Gründer dieses dank dem berühmten Kriminalroman von Agatha Christie unsterblich gewordenen Zuges. Dieser – ehrfurchtsvoll als „König der Züge und Zug der Könige“ tituliert – hatte erstmals am 5. Juni 1883 Paris Richtung Konstantinopel (der Name Istanbul ist erst seit 1930 gebräuchlich) verlassen. Der Sirkeci-Bahnhof, von wo die luxuriösen Züge aufgebrochen waren hat diese eineinhalb Jahrhunderte nahezu unverändert überstanden, und Nostalgiker können im Bahnhofrestaurant, bedient von altmodischen, mürrischen Kellnern, unter großen historischen Schwarzweissfotos speisen. Ungeachtet der begrüßenswerten Renaissance der Schlafwagenzüge ist das Zeitalter der großen fahrplanmäßigen Luxuszüge quer durch Europa unwiederbringlich vorbei – Billig-Fluglinien haben ihnen stillos den Rang abgelaufen.
Gut gibt es noch stilvolle Kreuzfahrtschiffe wie die „Vasco da Gama“, welche das geruhsame, kultivierte und stressfreie Reisen pflegen!
Anmerkung:
Die Recherche wurde von der Nicko Cruises Schiffsreisen GmbH unterstützt.
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