Clemens Meyer mixt uns einen hervorragenden Drink – Annotation zum Roman „Die Projektoren“

"Die Projektoren" von Clemens Meyer. © S. Fischer Verlag GmbH

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Was für ein Wurf! Bei seinem letzten ausgedehnten Roman-Versuch „Im Stein“ scheiterte Clemens Meyer und verlor sich im Geschwätze. Sein Roman „Die Projektoren“ ist ganz große Literatur.

Meyer nimmt uns mit durch die Jahrhundertkrisen Zweiter Weltkrieg und Jugoslawienkrieg, um im Horn eines Ruhrpott-Nazis der Gegenwart zu landen. Die Welt ist ein Irrenhaus, somit ist es für ihn logisch, einen Hauptstrang des Romans ins sächsische Irrenhaus zu verlegen, wo sich Weltreisende, der liebe Gott nebst Teufel die Klinke in die Hand geben. Der Koloss macht Spaß, wenn man sich von seinen üblichen Lesegewohnheiten befreit hat und ganz im Sog von Meyers wunderbarer Sprache aufgeht. Unbedingt empfehlenswert, hört euch die Leseprobe an. Wenn Meyer spricht, wenn seine wunderbar eitle Stimme um Liebe buhlt und das in sächsisch, geht die Sonne auf. Sei männliches Personal zwirbelt uns das Hirn, die zwei weiblichen Nebenfiguren (Meyer nimmt keine Rücksicht auf aktuelle Debatten, das fetzt) komplettieren diesen ironischen Männerroman, diesen gewaltvollen Antikriegsroman, diesen sächsischen Heimatvernichtungsroman.

Menschlich produziertes Chaos meets Karl May und Clemens Meyer sind eine geniale Mischung! Er hat das Buch des Jahres geschrieben. Hievt ihn auf den Buchpreisthron, alles andere wäre nicht zu verstehen.

Bewertung: fünf Punkte von fünf Punkten.

Bibliographische Angaben:

Clemens Meyer, Die Projektoren, Roman, 1056 Seiten, Verlag: S. Fischer Verlag GmH, Frankfurt am Main, 1. Auflage 28.8.2024,‎ ISBN: 978-3-10-002246-2, Preise: 36 EUR (Deutschland)

Bitte lesen Sie auch die Annotation zum Buch „Stäube“ von Clemens Meyer – KULTUREXPRESSO . Farbig unterlegt finden Sie den direkten Link zum Artikel von Frank Willmann.

Was in Wikipedia gerade zu den Jugoslawienkriegen steht – dort wird ein Plural benutzt, finden Sie unter diesem Link: Jugoslawienkriege – Wikipedia. Einschließlich einer bunten Karte in Endlosschleife, die mit Jugoslawien im Jahr 1989 beginnt und mit der mehrfach zerteilten, geteilten Jugoslawien 1998 endet. Aber es geht ja immer noch weiter dort und es geht auch um die NATO-Mitgliedschaft.

Anzeige

Vorheriger ArtikelAls sich Ali und Foreman beim „Rumble in the Jungle“ auf den Kopf hauten – Annotation zum Buch „Ali vs. Foreman“ von Bertram Job
Nächster ArtikelVittorio Bottego geht am Horn von Afrika zugrunde – Annotation zum Roman „Wie ein wilder Gott“ von Gianfranco Calligarich