Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Unsere Welt wird öder. Die Globalisierung, der sogenannte Fortschritt, die Uniformität der Mitte lassen die seltsamen, schrundigen, wilden Ränder stetig erodieren. Wenn uns früher gruselige Geister und mythische Gestalten den Schlaf raubten, sind es heute die modernen Gesellschaftskrankheiten, die uns Menschen irre machen.
Doch leset, es gibt sie noch, die Riten, Kulte und Feste aus alter Zeit. Nennen wir sie Auskünfte aus der Vergangenheit. Sie künden von irrationalen Diskursen, manchmal unerklärlichen Bräuchen, gemeinschaftlich erlebten Ängsten und Freuden.
Martin Kulinna bereist genau jene Orte, wo Feste – Festivals: Riten und Wallfahrten stattfinden. In Bulgarien, Deutschland, Kuba, Litauen, Malta, Peru, Rumänien, Spanien und Teneriffa schießt er mit seiner Kamera Schwarzweiß-Fotos, die für uns den Traum der Irrationalität im Zeitalter der Gleichmacherei festhalten. Ob dieser Traum Freuden- oder Alptraum ist, interessiert ihn nur am Rand. Ihm geht es um das Aufzeigen von dem, was ist. Das kann ein Moment der Ekstase, genau wie einer des Innehaltens in Chaos oder höchstem Glück sein.
Den Fotoserien sind knappe, erklärende Texte vorangestellt. Seine Bilder, in denen er nie als Voyeur, sondern als Teilnehmer erscheint, berauschen in ihrer milden Wucht.
Bibliographische Angaben
Martin Kulinna, Feste – Festivals: Riten und Wallfahrten – Rituals and Pilgrimages, mit Texten von André Meier, 100 Seiten, dt./eng., s/w-Abbildungen, Format: 240 mm × 260 mm, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2020, ISBN: 3-96311-306-2, Preis: 25 EUR (D)