Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Burgfräulein klingt toll. Doch im Großen und Ganzen war das Dasein eines Burgfräuleins ein Topf mit Scheiße. Kaum waren die Mädchen geschlechtsreif, wurden sie versprochen und verlobt, anders formuliert: sie wurden verraten und verkauft – mit Verlaub: wie ein Stück Vieh.
Keine Frage: Frauen waren hierzulande damals wenig wert, weniger auf jeden Fall als Männer. Daher galten Mädchen und Frauen so lange als Last, bis sie verkauft, verlobt oder verheiratet wurden und neben einer wirtschaftlichen auch eine politische Aufgabe erfüllten. Heute ist das Schlechte, von dem ich schreibe, in vielen Ländern der Welt noch gut zu beobachten.
Die Regel war auch, dass sich der niedere Adel mit dem Verkauf von Mädchen an den höheren Adel über Wasser hielt. Auf der Burg diente das Fräulein der Herrin, wenn sie nicht für den Herrn die Beine breit machen musste. Meist war das Leben der Burgfräuleins nicht viel besser als das der Leibeigenen. Weil oft die Schönsten der Schönen für die Burg gekauft wurden, mussten sie außerhalb der horizontalen körperlichen Arbeit keine schwere Arbeit verrichten. Sie lernten leichte Tätigkeiten wie weben, spinnen, nähen und stricken und verrichteten diese von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Der Burgherrin dienten sie zudem als Gesellschafterin, als Zofe.
Manche Burgherrin führte sich auf wie ein Drache. Damit schließt sich der Kreis und die dritte Erweiterung für Carcassonne hat einen Namen. „Magisch und märchenhaft“ ist das, wie aufs Burgfräulein bezogen formuliert, wahrlich nicht.
Burgfräulein und Drache ist nur mit dem Grundspiel aber auch mit der zweiten Erweiterung namens Händler und Baumeister spielbar.
30 neue Plättchen (zwölf Drachen, sechs Vulkane, sechs Burgfräuleins und sechs Zaubergänge) in den üblichen Farben und Formen bereichern das Basisspiel und „werden im Laufe des Spiels nach den üblichen Regeln angelegt“, wie die übersichtliche, zweiseitige Kurzanleitung im A5-Format verrät. Toll ist die Landschaftskarte, die eine Straße mit einem Tunnel unter einer Stadt zeigt. „Die Straße wird durch den Tunnel nicht unterbrochen“, klärt der Spieleverlag Hans im Glück auf. Das bedeutet, dass die Wiesen links und rechts der Straße als eine Wiese zählen, aber nicht die Wiese am anderen Ende des Tunnels. Dass ein Kloster in einer Stadt stehen kann, das ist auch neu.
Sechs Karten mit Feuer speienden Vulkanen werden „wie gewohnt“ angelegt. Aber kein Gefolgsmann darf darauf gesetzt jedoch der Drache gelandet werden. Neben einem großen Drachen aus Holz in Dunkelrot liegt eine kleine Fee aus Holz und in Weiß im Karton. Der Drache ist auf zwölf Karten zu erkennen und wenn eine Drachenkarte aufgedeckt wird, dann „legt der Spieler sie wie gewohnt an und darf einen Gefolgsmann darauf setzen“. Jetzt zieht der Drache und das ist spannend, weil „beginnend beim Spieler, der am Zug ist“ alle Mitspieler der Reihe nach „den Drachen genau um eine Karte waagerecht oder senkrecht bewegen“ dürfen beziehungsweise müssen. Spielen nicht sechs Spieler, zieht der Drache trotzdem sechs Karten weit, ausgenommen eine Sackgasse gebietet Halt. Daraus gibt es in dieser Runde nämlich kein Entkommen, weil der Drache „keine Karte zweimal betreten“ darf. Und noch eine Ausnahme: „Die Karte mit der Fee“ ist „tabu“. Das spannende wie ärgerliche beim Drachenflug ist, dass jede Karte, die der Drache „betritt“ und „auf der ein Gefolgsmann steht“, der Gefolgsmann die Karte verlassen und zum Spieler zurückkehren muss. Mit dem Raubzug des Drachen steigt der Ärger-Faktor erheblich. Außerdem kann in einer verloren geglaubten Stadt sich der vermeintlich Unterlegenere am Ende doch noch durchsetzen und punkten. Drache und auch Fee können sicher geglaubte Punkte entführen.
Wir wollen an dieser Stelle nicht die gesamten neuen Regeln runterbeten, welche die Regeln des Basisspiels ergänzen, aber zur dritten Erweiterung noch anmerken, dass auch Zaubergänge die Carcassonne-Gegend bereichern. Wer einen Zaubergang anlegt, darf seinen Gefolgsmann „auf diese oder eine beliebige bereits ausliegende Karte“ setzen.
Keine Frage: . Durch die Erweiterung steigen Spieldauer und Spielspaß – vor allem, wenn man in großer Gruppe spielt und nicht zu zweit.
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Carcassonne, Burgfäulein und Drache, 3. Erweiterung, Autor: Klaus-Jürgen Wrede, Illustration und Cover: Doris Matthäus, Alter: ab 8 Jahre, Spieler: 2 bis 5/6, Spieldauer: Grundspiel + 20 Minuten, Verlag: Hans im Glück, Nr. 4 001504 481452