Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Yao Jui-chung gilt als Künstler, der 1969 in der Republik China auf der einst Ilha Formosa und heute Taiwan genannten schönen Insel im Westen des Pazifiks geboren wurde. Deswegen ist er noch lange kein Taiwanese oder einer, der zu den sogenannten indigenen Völkern der Insel gelten. Offiziell sind 16 Völker als Ureinwohner anerkannt, aber das Hauptvolk, aus dem das Staatsvolk besteht, sind Han-Chinesen, die mit Chiang Kai-shek, dem Führer der Kuomintang, in Massen kamen, weil sie vor den Maoisten flohen. Sie prägten die Insel, wie die Insel sie prägte.
Auch Yao Jui-chung ist ein Kind nicht nur seiner Eltern, sondern seiner Zeit. Beim Verlag Schiedegger & Spiess (Eigenschreibweise) kam kürzlich das von Sophie McIntyre herausgegeben 208 Seiten umfassende großformatige Werk heraus, das seinen Namen trägt. In „Yao Jui-Chang“ werden vor allem 192 farbige und 27 Schwarz-Weiß-Abbildungen präsentiert. Über den Künstler heißt es auf der Heimatseite des Verlages im Weltnetz, daß er „international bekannt für die kühne und prägnante sowie oft auch fantasie- und humorvolle Kritik, die er durch sein Werk an der komplexen und immer wieder infrage gestellten Identität und Geschichte seines Landes übt“, sei. Die Jahre, in denen Yao aufwuchs, wird als „turbulente Zeit“ beschrieben und als eine im „Wandel … vom autoritären Staat zur lebendigen, funktionierenden Demokratie“. Sicherlich, nach außen funktioniert die parlamentarische Demokratie, weil der Taiwan-Dollar rollt wie der Rubel, aber nach innen ist vieles mehr Schein als Sein in der kapitalistischen Gesellschaft der wahrlich nicht überall schönen Inseln.
Daß Taiwan ein Vasallenstaat der VSA ist, das wird nicht erwähnt. Davon, daß Taiwan wie Japan und die Philippinen eine Art unsinkbarer Flugzeugträger des Nordamerikanischen Reiches der Yankee-Imperialisten im Allgemeinen und der Yankee-Finanzimperialisten im Besonderen ist, auch das wird verschwiegen. Daß der Volksrepublik China zudem Truppen der Streitkräfte der VSA auch in Südkorea gegenüberstehen, das ist nicht Thema, denn es geht um Kunst und Kultur. Das ist einerseits auch gut so und andererseits zu wenig, um das Leben und Werk von Yao Jui-chung zu verstehen und zu erklären.
Keine Frage, daß das „Schaffen, das die Medien Fotografie, Video, Installation und Malerei“ von Yao Jui-chung dokumentiert und publiziert werden müssen. Diesbezüglich ist der Herausgeberin und den Verlegern zu danken. Beim Verlag Scheidegger & Spiess weiß mann: „Diese englischsprachige Monografie ist die erste umfassende Darstellung von Yao Jui-chungs Werk, die ausserhalb Taiwans erscheint. Mehr als 200 Abbildungen werden von einem erhellenden Essay der australischen Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin Sophie McIntyre begleitet. Ein ausführliches Gespräch, das Hou Hanru, der Direktor des MAXXI in Rom, mit Yao führte, rundet den Band ab.“
Doch über das Leben und Werk der Person Yao Jui-chung, der vom „politischen und gesellschaftlichen Geschehen sowie von alten künstlerischen und religiösen Traditionen und Mythen Chinas und Taiwans inspiriert“ sei, wird wie über die Geschichte und Gegenwart gestritten werden. Und das ist gut so!
Bibliographische Angaben
Herausgeberin: Sophie McIntyre, Yao Jui-chung, 208 Seiten, 192 farbige und 27 s/w-Abbildungen, Bindung: fester Einband, Format: 30 x 24 cm, Verlag: Schiedegger & Spiess, Zürich, 1. Auflage 2023, 59 SFr