Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Das Camarin ist ein teures Restaurant mit angeschlossenem Edelbordell inmitten von Manila, der Hauptstadt der Philippinen. Das Lokal ist ein Ort, wo Deals aller Art abgemacht werden, wohlhabende Männer sich teures Essen und junge Frauen leisten, wo der General neben dem Mafioso speist und mit edlen Spirituosen nachgespült wird.
Der stolze Besitzer ist der dickliche Fred Villa, für den alle Frauen Freiwild sind. Er brüstet sich offensiv mit der Länge seines Penis und prüft neue Escort Girls persönlich auf Herz und Nieren. Vorm Camarin hockt Gagamba, ein schwer körperlich behinderter Losverkäufer, stiller Beobachter und Überlebender. Er achtet auf die geparkten Autos der reichen Säcke und hat ein Auge auf das Geschehen in seiner Gasse. Er weiß alles und begrüßt Prostituierte, Touristen und Gangster gleichermaßen devot. Vorm Camarin leben Joey und Nancy mit ihrem Baby in einem dreckigen Karren vom Betteln und träumen von einer Wellblechhütte in einem der gruseligen Slums der Hauptstadt. Drin erwartet eine bezaubernde Sexarbeiterin ihren ersten Kunden. Der Roman beginnt mit einem mittäglichen Erdbeben, der das Camarin verschlingt, nur zwei Menschen überleben. Nach und nach erfahren wir die Geschichten des Camarin und dringen ein in dessen dekadenten Kosmos.
Josés Roman (2014 erstmals bei Horlemann erschienen) bietet ein breit gefächertes Panorama der erodierenden Gesellschaft der Philippinen der 90er Jahre des letzten Jahrtausend, wo die Welt der Armen und Entrechteten auf die der superreichen Eliten prallt. Der 2022 mit 97 Jahren verstorbene sozialkritische Schriftsteller und Buchhändler war einer der wichtigsten Schriftsteller der Philippinen, sein Buch ist ein Fanal der Habenichtse.
Bewertung: 3,4 Punkte von 5 Punkten
Bibliographische Angaben:
Francisco Sionil José, Gagamba, der Spinnenmann, 200 Seiten, Roman, Sprache: Deutsch, Übersetzer aus dem Englischen: Markus Ruckstuhl, Bindung: Taschenbuch, Verlag: Unionsverlag AG, Zürich, 1. Auflage 2025, ISBN, 978-3-293-71038-2, Preise: 14 EUR (Deutschland), 14,40 EUR (Österreich), 19,50 SFr
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