Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). „Kann man diese Welt ernst nehmen“, fragt Felix Meyer in seinem Debütalbum „Von Engeln und Schweinen“.
„Zum Schluss“ am Anfang einer CD mit einem Dutzend Liedern in deutscher Sprache. Und das ist gut so. „Man braucht niemand anderen, um einsam zu sein“, singt Felix Meyer über „Gefühle, wie geschaffen für die Welt, aus der es kam“. „Eine Tür zugezogen, eine andere aufgemacht“, das passt zu Felix Meyer, der mit seiner Band nicht nur durch die Berliner Republik tourt, sondern durch die weite Welt und dort, wo er Lust hat oder eingeladen wird, musiziert.
„Nach dem Zeitgeist die Uhr stellen, den Kopf in den Wolken“ und so weiter. Dass im „Nebel betrachtet alles eins ist“, das kann man verstehen und doch dazu tanzen und „unbemerkt umdrehen“. „Wer Argumente hat, braucht keinen Waffenschein, und wer Waffen hat kein Monopol, wer Monopole hat vielleicht gar nichts mehr, keine Wünsche und nichts zu verzollen“. Nein, wer hinhört, der träumt nicht. Der tanzt. Und was nützt dem Tänzer die Revolution, wenn er nicht tanzen kann.
In „Antworten, Erfahrungen“ macht „ein Clown aus Spaß einen Poltergeist nass, der im daraufhin einen Hasen gebiert“ und ein alter Mann ist in ein Buch vertieft „Wie werde ich in 48 Stunden Millionär“. Das alles und noch viel mehr sind Alltagserlebnisse, Geselschaftserfahrungen, teilnehmende Beobachtungen auf der Straße, dem Ort proletarischer Öffentlichkeit, aber die Kritik von Felix Meyer richtet sich nicht nur an die da unten, sondern auch gegen die bürgerliche Öffentlichkeit: „Die Glotze scheint immer eine Dummheit voraus.“ Meyers Antwort auf „den Rummelplatz der stählernen Herzlichkeit“ ist einfach, gesungen und gesellschaftskritisch: „Weil wir arbeiten, während ihr nur kassiert.“
In „Die Corrida“ dreht sich das Lied um „diese alberne Tänzerin“, die Frau vom Torero, die „ich wohl bekommen werde“. „Kann man diese Welt ernst nehmen?“ Die Frage reicht. Die Melodie? Wunderbar andalusisch. Wörter, Sätze sind Felix Meyer in diesem Lied auch in der spanischen Sprache.
„Hilflosigkeit mystischer Wesen“ zeigt die liebevoll romantische Seite von Felix Meyer, der zwar ein junger Mann ist und wie ein schmales Hemd auf der Straßen und Konzertbühnen der Städte steht, aber reif rüberkommt.
In dem Stück „Der reichste Mann“ fragt er nicht nur danach, was ein Mann davon habe, „der Reichste auf dem Friedhof zu sein“.
Auch in „Nordwind“, bei dem man nicht weiß, wo er die Kraft hernimmt, ist der Tenor traurig. „Alles geht immer weiter“ und „nur die Zeit bleibt immer gleich“. Immer dieses „Königreich von Fragen, was morgen sein soll“. Nein, sagen, nicht wollen, was ist, das reicht – keine Frage – für die Revolution. Toller Text und tolle Tonfolge.
Das achte Lied trägt den Titel „Von Engeln und Schweinen“ und dient der CD als Überschrift, als Klammer dieses CD-Konzerts. „Nicht die Lösung ist unser Problem“, so kann man das singen und neben ad hominem Humor beweisen. Trocken und taff.
„Selbstverliebte Illusionen“ platzen in „Mehr“, in dem das höher, schneller und eben mehr wird. Felix Meyer: „Und eben doppelt so leer … und eben auch kein Wunder, wenn sich keiner mehr wert.“ Wenn alle angesichts der Zustände, die der Aufstände wert wären, auf den Sturm warten, dann, ja, dann bricht er nicht los.
„Der Wind trägt uns davon“ ist gecovert und von Francis Cabrel („Le vent nous portera“). Übrigens ist auch Das Lied „Die Corrida“ gecovert. Das Stück stammt von Noir Désir.
Früher mal gelebt“ und Kaffee an`s Bett“ beendet eine CD, bei dem die Mischung aus Lied und Gesang ein Dutzend mal eine gute ist. Dazu tragen neben Felix Meyer (Gesangt) die Musiker Olaf Niebuhr (Gitarre, Banjo), Sebastian Brand (Kontrabass, Bass), Niklas Neßelhut (Schlagzeug, Percussion), Erik Manouz (Gitarre, Percussion) und Benjamin Albrecht (Akkordeon, Orgel) bravourös bei. Felix Meyer und Band bringen nachdenklichen-bedeutungsgeladenen Gesang und gesellschaftskritisch-romantische Lieder „von Engeln und Schweinen“ rockig-popig auf die Bühne und auf die Straße. Ins Leben, wo sie hingehört.
Danke hier und heute noch einmal für ein schönes Konzert vor Jahren in Freiburg mit Melodien für einen melancholischen Moment. Euer Beifall!
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Felix Meyer. Von Engeln und Schweinen. Debütalbum, 12 Lieder. Laufzeit: 41,20 Minuten, Produzent: Peter Hoffmann, Label: HoPla-reloaded, Web: felixmeyer.eu