Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Herr Evans lässt uns kurz vor Weihnachten in wohligem Scheingrusel versinken. Weil nichts für mehr mediale Aufregung sorgt als eine solide Nazi-Fake-Geschichte, ist der gute Mann mal mit dem Staubsauger durch die Mythenwelt der Schwurbler, Spinner und Verschwörerlehrlinge gegangen, um in Namen der Wahrheit (was immer das auch sein kann) für Ordnung zu sorgen, einigermaßen.
Denn auch wir unruhige Leser müssen uns auf sein Wort in Gottes Ohr verlassen, womöglich hat sich eine unkoschere Info eingeschlichen? Eigentlich glauben wir (ich und ich) es nicht, auch wenn mir die kleine Lobhodelnummer auf Joachim Fest (er hat Speer gemeinsam mit Grandpapi Chappybob Jobst Siedler die Brücke zur Geschichtsklitterung und zum Reichtum gebaut) nicht soooo gefiel.
Aber gut, man kann nicht alles haben, sein vorliegendes Buch ist eine spannende und lehrreiche Zerlegung diverser Nazimythen (die Protokolle der Weisen von Zion, die Dolchstoßlegende, der Reichstagsbrand und Rudolf Heß‘ Friedensangebot samt Hitlers Flucht aus dem Bunker) für fortgeschrittene Leserinnen (und Leser). Macht Laune, hält die Gehirnzellen frisch. Weltoberekel Trump lässt nebenher grüßen.
Bibliographische Angaben
Richard J. Evans, Das Dritte Reich und seine Verschwörungstheorien, Wer sie in die Welt gesetzt hat und wem sie nutzen – Von den „Protokollen der Weisen von Zion“ bis zu Hitlers Flucht aus dem Bunker, 368 Seiten, 5 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Übersetzer aus dem Englischen: Klaus-Dieter Schmidt, fester Einband, Format: 15,0 x 22,7 cm, Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt im Konzern Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München, 1. Auflage, 11.10.2021, ISBN: 978-3-421-04867-7, Preise: 26 EUR (Deutschland), 26,80 EUR (Österreich), 36,50 SFr