Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Hier kocht der Chef noch persönlich, so verspricht es auch die Website. Nur an diesem Abend nicht. Fabrizio Cervellieri, Koch und neuerdings Inhaber des „Rusty“ in Berlin-Neukölln, hat es kurzfristig in die italienische Heimat verschlagen. Geschenkt, das junge Team, unter anderem Sous-Chef Brett Cocking, schlägt sich auch ohne den Patron recht tapfer. Am Herd wie beim Service. Ein Mitarbeiter, flink, freundlich und aufmerksam, kredenzt zunächst eine lauwarme Blumenkohlsuppe. Das blanchierte Gemüse wurde dazu in Sahne eingekocht. Das gleiche Gemüse, knusprig geröstet, sowie Senfsaat sorgen für eine interessante Textur. Dennoch wurde etwas gegeizt, nämlich an Gewürz im Allgemeinen und an Salz im Besonderen.
So auch bei dem gebratenen Zander. Der wurde als zweiter Gang von Kürbisrisotto und glasiertem Chicorée begleitet. Beim dazugehörigen Hummer-Bisque-Schaum harmoniert das Krustentier vortrefflich mit den weiteren Zutaten, unter anderem dem Sud aus Knoblauch, Schalotten, Weißwein und Safran. Formvollendet. Das Gemüse, bissfest und nur ganz leicht bitter, entspricht ebenfalls ganz den Erwartungen. Ebenso wie der auf den Punkt gegarte Fisch, bei dem eigentlich, wie bereits angedeutet, nur eine Prise Salz fehlte. Das Reis im sonst sehr schmackhaften Risotto war eine Winzigkeit zu weich geraten, der sauer eingelegte Kürbis glich das mit seiner interessanten Note aber wieder aus. Kürbiskerne sorgen für einen entsprechenden „Crunch“. Knuspriges Risotto, das geht.
Und knusprig geht es auch beim nächsten, recht deftigen Gericht zu. Dafür sorgen die Paprikachips, die statt zu Bier und Fußball-WM zu einer Ochsenbacke gereicht werden. Sie zieren jedenfalls die Beilage, Kartoffelstampf mit Stückchen, zubereitet mit Milch und Schalottencreme. Das geschmorte Fleisch zerfällt fast auf der Gabel, so weich, so zart ist es geraten. Eine Brühe aus geschmorten und getrockneten Pilzen, unter anderem Champignons und Shitake, macht das Ganze angenehm saftig und zudem pikant.
Da ist für den Nachtisch kaum noch Platz. Zu allem Überfluss liegt tatsächlich ein Brownie auf dem Teller, jenes fudgig-schokoladige, wenig magenschonende Bleigewicht. Aus den USA eingeschleppt wie einst der Ochsenfrosch und ähnlich aufregend wie manch andere der üblichen Dessertkarten-Verdächtigen, etwa Lava Cake, Mousse au Chocolat oder Creme Brulée. Hier ist er aber gelungen, leicht, locker, luftig. Und nicht zu süß, so wie auch das köstliche Tonkabohnen-Eis, das mit Kaffee, Kardamom, Sahne und Vanille verfeinert wurde.
Neben dem Geschmacksinn wird auch das Gehör verwöhnt, mit David Bowie, dessen Hits in erträglicher Lautstärke aus den Boxen schallen. Gehobene Küche, knapp vor dem „Fine Dining“, in lässiger Atmosphäre, das ist das Ziel. Entsprechend das Interieur, schnörkellos und schlicht. Eine offene Küche, ein langer Tresen, einige Holztische. Das Rustys ist eigentlich ein typisches Kiezlokal, nur etwas gediegener. Der Raum im dem Eckgebäude blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück: Steakhaus, Technoklub, Burgerbude, Bordell. Vielleicht hält das neue Konzept etwas länger durch. Darauf einen Drink, einen Gin-Tonic mit Kold-Brew-Kaffee, Rosmarin und Limette. Der Aperitif, frisch, mit einer herben Note und reichlich Coffein. „Der heißeste Scheiss im Glas“, verspricht der Barkeeper. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.
Fotoreportage
Mehr Bilder zum Beitrag in der Fotoreportage: Knuspriges Risotto im „Rusty“ von Fritz Hermann Köser.
Rusty
Sanderstraße 17, 12047 Berlin, Telefon: +49 30 23 93 9663, E-Mail: kontakt@rusty-rusty.de, Web: rusty-rusty.de
Öffnungszeiten: mittwochs bis sonntags von 18 bis 22:30 Uhr (Küchenschluss).