One Billion rising

Kunstinstallation Poetic Kinetics vor dem Brandenburger Tor. © Patrick Shearn of Poetic Kinetics, kuratiert von Kulturprojekte Berlin

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). One Billion rising ist eine 2012 von der New Yorker Feministin Eve Ensler ins Leben gerufene Kunstaktion, die für Respekt gegenüber Frauen und allen anderen werben soll und sich gegen Gewalt gegen und Missbrauch von Frauen richtet. 2013 fand sie auch in Berlin statt am Brandenburger Tor. Theoretisch kann jeder, der für Respekt ist, mitmachen an jedem Ort. Die Frage ist nur, ob man, wenn man allein in Berlin-Reinickendorf oder Zehlendorf oder Marzahn an einer Straßenkreuzung tanzt, dieselbe Wirkung erzielt. Umso mehr, solange die meisten gar nicht wissen, worum es geht. 11 Jahre später gibt es nämlich immer noch Männer und Frauen (divide et impera – teile und herrsche, schön einen Keil zwischen die Menschen treiben, dann fällt das Herrschen leichter) – Menschen, Leute, die keine Ahnung haben, was das soll. Oder dass es das gibt.

One Billion Rising erklärt – Motto 2023: Steh‘ auf für den Frieden! (Rise 4 Freedom)

Da wird man vielleicht noch einmal die Erklärung des Titels hören, der auf deutsch „1 Milliarde steht auf“ bedeutet. Million ist auf englisch million, Milliarde billion. Bei 2012 etwa 6-7 Milliarden Menschen gibt es 3 Milliarden Frauen. Jede 3. etwa wird einmal im Leben geschlagen oder vergewaltigt, das sind tausend Millionen Frauen, 1000 Millionen Frauen oder eine Milliarde Frauen. Am 14. Februar fordern die Organisatoren und Organisatorinnen, sich zu versammeln und zu tanzen, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden.

Was Gewalt ist und wie sie entsteht, weiß Wilhelm Reich und das kann Bernd Senf hervorragend erklären, zum Beispiel in seinem Buch „Die Wiederentdeckung des Lebendigen“. Einfach gesagt, geht der Frieden verloren, wenn die Lebensenergie unterdrückt wird. Das nennt man dann Gewalt. Macht man mit der Unterdrückung Schluss, im kleinen wir im Großen, kann es keine Gewalt mehr geben. Die Seelen sind friedvoll. Manchmal ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, damit man nicht von einem Waffenverkäufer von seiner Natur weggebracht wird.

Die Verkäufer müssen erstmal Völker aufbringen gegeneinander, sonst kauft ihr Zeug niemand. Es ist auch viel zu teuer, deshalb kaufen Regierungen (früher Könige) und bezahlen die Steuerzahler (früher Untertanen).

Wenn man ruhig bleibt, wenn alle ruhig bleiben, gibt es keine Geschäfte und die Steuerzahler können ihr Geld behalten.

Ach, na sowas, jetzt haben wir ‚Freedom‘ mit dem fast gleichklingenden „Frieden“ übersetzt. Naja, schon richtig, ohne Frieden gibt es ja keine Freiheit, weil entweder das Leben oder die Gesundheit endet ohne man gezwungen ist, etwas zu tun. Der Zwang ist aber das Ende der Freiheit. Freiheit und Freiwilligkeit gehören zusammen.

Kein Exkurs: Wir sollten über Zahlen sprechen

Nebenbei: Im sogenannten „long scale“, der langen Skala, einem von zwei Benennungssytemen zu 10er-Potenzen, gibt es das Wort milliard durchaus. Besonders schlimm ist es in England, genauer: im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland. Denn dort werden mit dem Wort ‚billion‘ beide Zahlen benannt, traditionell die Billion (eine Million im Quadrat (ein Dutzend Nullen)), aufgrund des US-Einflusses aber auch die Milliarde aus der kurzen Skala mit nur neun Nullen. Übersetzungs- und Verständnisfehler sind an der Tagesordnung, besonders wenn die Zahlen aus England kommen. Frau Ensler ist aus New York, NY, U.S.A. und meint mit der Billion ganz sicher die Milliarde.

In Deutschland und in weiten Teilen West- und Mitteleuropas verwendet man die lange Skala. Die USA und Russland sind sich einig. Sie verwenden die kurze Skala so wie in Brasilien und im Nahen Osten, wo die Billion 3 Nullen weniger hat (kurze Skala).

– Einfacher, weil eindeutiger ist es mit den Vorsilben in Maßen. Beispiel Watt (pro Stunde z.B.). Eine „Kilowattstunde“ kennen wir, das sind tausend pro Std. Ein Megawatt sind eine Million Watt. Das finden wir einfach mega.

Ein Gigawatt ist eine Milliarde W und ein Terawatt eine Billion Watt. Wat? ja, da gibt es kein vertun.

Das Friedenstor – ein Gedicht

Übrigens ist das mit dem Tor wohl eine gute Idee. Als Friedrich Wilhelm II. es 1788 von Langhans bauen ließ, wollte er es Friedenstor nennen. Er verglich sich mit Perikles und wählte deshalb die Propyläen, also den Eingang zur Athener Akropolis, als Vorbild für das Tor.

Langhans hatte die Propyläen – nie gesehen. Doch war die Vorgabe Friedrichs klar: Die Verbindung mit der Natur des Tiergartens und ein weiter Blick, so rar. Deshalb sind die Säulen schmal und das Tor höher allemal. Blick bis an den Horizont, das war von Langhans so gekonnt.

Athen hatte eine lange Friedenszeit durch seine Politik mit dem attischen Seebund erreicht. Später gelang Bismarck das, eine lange Friedenszeit mit geschickter Bündnispolitik bis der Lotse von Bord ging und Kaiser Wilhelm II. eine Flotte baute und sich zum letzten Kaiser machte; da nach dem 26 Jahre später folgenden Weltbrand kein Kaiser mehr gebraucht wurde und das Deutsche Reich verkleinert wurde und verarmte.

Frieden soll herrschen zwischen den Geschlechtern und auf der ganzen Welt.

One Billion Rising – Das Lied des Tages singt Jazzlegende Jocelyn B. Smith

Die große Musikerin und Sängerin Jocelyn B. Smith wird ein Lied singen. Nicht irgendeins. Nein. Obwohl sie das Zeug dazu hat und für sich und andere bereits Dutzende Songs geschrieben hat mit hervorragenden Texten, die immer menschlicher werden. Und durchaus den Nagel auf den Kopf treffen, besonders wenn man zwischen den Zeilen lesen und hören kann, was man ja bei Liedtexten sowieso muss. Ein toller Titel ist „What are we doing here“.

Es ist auch nicht das 1. Mal, dass die Sängerin am Brandenburger Tor ein wichtiges Lied anstimmt. Wenn wir uns recht erinnern, war sie es, die 2001 nach dem 11. September das „Amazing Grace“ anstimmte. Bei der Gedenkfeier. Die fand zwar in Berlin statt, wurde aber weltweit übertragen unter anderem von großen US-Sendern. Die New Yorkerin ist seit 1984 in der heutigen Hauptstadt. Ehemals in West-Berlin, wo auch der amerikanische Sektor lag.

Sie wird das Lied der Aktion bzw. des Kunstprojekts singen. Es wird andernorts live gesungen auch erklingen.

One Billion Rising am Brandenburger Tor in Berlin

Was? Tanzen für Respekt gegenüber Frauen. Jocelyn B. Smith singt das One-Billion-Rising-Lied, vermutlich werden auch Reden gehalten.

Wann? 14. Februar 2023, 17:30 Uhr, (Ende der Veranstaltung ist gegen 18:15 geplant). Das Centre Talma organisiert sie in der deutschen Hauptstadt. Das Motto dieses Jahr: „Rise for Freedom“ – steht auf für den Frieden! eigentlich: Steht auf für die Freiheit!

Frieden? Frieden! Friede auf Erden und am Friedenstor, dem Tor zum Frieden

Wo? Pariser Platz östlich des Brandenburger Tors, also auf der bebauten Seite im ehemaligen Bezirk Mitte. Der Platz auf der westlichen Seite, auf der Seite der Freiheit, heißt Platz des 18. März und hieß wohl Platz vor dem Brandenburger Tor. Das Tor ist zum Beispiel auf dem deutschen 50-Eurocent-Stück abgebildet und klassizistisch vom Stil her. Es gab um Berlin herum zwei Stadtmauern, eine echte und eine Akzisemauer (Zollmauer), die Männern die Flucht aus der Stadt verwehren sollte, Rekruten des preußischen Heeres. Auch in Potsdam gab es so eine Mauer, die desertieren erschweren oder verunmöglichen sollte. Heute werden an der ukrainischen Grenze Männer abgefangen, die nach Westen wollen; neulich waren es 13 an der Zahl.

Was sagt uns das? Auch Männer wollen leben und viele sind gar nicht für Gewalt. Viele sind Kriegsdienstverweigerer, wenn denn ein staatlicher Zwang zum Kriegsdienst an der Waffe besteht, so wie in der BRD und in der DDR. Andere Staaten haben zwar ein viel größeres Heer und Armee und Luftwaffe und Marine und Marines, aber auch so eine große Bevölkerung, dass sich, zudem unter den ärmeren Schichten, genug Männer finden, die gegen Geld bereit sind, andere zu töten. Und das Risiko in Kauf nehmen, früher das Zeitliche zu segnen. Eine Kriegsdienstpflicht, etwas schöner und euphemistischer „Wehrpflicht“, gibt es in der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten von Amerika nicht, obwohl sie die größten Militärapparate der Welt darstellen und sich beide für einen Krieg mit vielen Milliarden Dollar und Yüan rüsten. Hat man den dann mal vom Zaun getreten, müssen „alle ran“. Bert Brecht, der gerade Geburtstag hatte am 10.2., formulierte das so: Keiner will ihn, aber sie alle kommen hinein. (In den Krg.)

Gleichberechtigung und Gleichbehandlung kann auch Last und Opfer sein

Der Feminismus will Gleichberechtigung und dadurch werden logischerweise Frauen auch nicht mehr von der Militärmaschinerie verschont. So starben im Irak US-Frauen und britische bzw. leiden wie viele Männer bis heute unter PTSD, dem posttraumatischen Stresssyndrom oder der postraumat. Belastungsstörung. Heute sterben fast jeden Tag Frauen in der Ukraine. Täglich? Wir wissen es nicht. Fast alle Kriegsparteien manipulieren ihre Todeszahlen. Ääh, pardon, Gefallenenzahlen.

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