Tauwetter-Kopfstand. Ursula Manthei eröffnet ihre Ausstellung von Zeichnungen und Aquarellen persönlich

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Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Am Donnerstag, den 1. Dezember werden die Schokoladesüchtigen das erste Türchen öffnen, das eigentlich ein Fensterchen ist. Das kann man bis 10 Uhr geschafft haben, wenn nicht gerade ein Heimwerkerpapa seinem Sohn ein gesünderes Leben ermöglichen will und einen großen Kalender aus Holz bastelte, in dem je lange 10 Nägel für ein winziges Kämmerchen zu ziehen sind. In dem Fall heben sich die Kalorien vielleicht mit dem Betätigen der Kneifzange auf.

Wer für den Rest des Tages am Überlegen ist, was zu tun oder keinen Kalender bekommen hat: Um 15 Uhr gibt es in der Hauptstadt Kaffee und Kuchen mit Kultur. Anders gesagt: Eine Vernissage am Nachmittag.

Ursula Manthei zeigt Aquarelle, die sie angefertigt hat und Zeichnungen. Aqua-relle. Arbeiten mit Wasserfarben zum Beispiel auf Papier. Was sonst normal ist oder eine reine Material- oder Gefühlsentscheidung des Künstlers, ist hier eine geniale Doppeldeutigkeit aus dem Bauch der Künstlerin.

Denn der Kopf steht wohl bei vielen auf dem Kopf und ausschließlich auf ihn ist auch kein Verlass, ein „bisschen Ganzheit“ muss schon sein.

Während des Kalten Krieges bald nach Erstabwurf einer Atombombe auf Menschen und dem Ende des US-amerikanischen Atomwaffenmonopols galt das Tauwetter (ottepel) als die Glasnost und Perestroika der Zeit vor dem Ende des Vietnamkriegs.

Heute graut einem vor Tauwetter, zumindest in Holland. Die Niederlande, wie sie richtig und viel sinnvoller heißen, liegen weit unten. Damit sie nicht noch weiter untergehen, muss das Grönlandeis da bleiben, wo es ist. Doch dafür gibt es bald keine Garantie mehr und noch wird immer weiter kräftig Erdöl verbrannt.

Ursula Manthei ist über den Zustand der Erde besorgt wie viele.

Sie hat einen Ausdruck gefunden, diese Sorge zu teilen und sichtbar zu machen.

Das ist eine Kunst.

Die Malerin widmet sich aber nicht allein ihr, sondern auch der Musik. Ähnlich wie die Sopranistin und Salonière Moon Suk, die die großen Gemälde, die ihren Salon Moon schmücken, selbst gemalt hat, singt auch Ursula Manthei. Zum Beispiel am 7. Dezember abends in der Gedächtniskirche. Bei „Everybody Can Sing“ mit Jocelyn B. Smith. Liedtexte werden an die Wand projiziert und ab geht die Post.
Nun könnte man einwenden: „Naja, das kann ja jeder“. Ja. Jeder kann singen, aber es kann eben nicht jeder. Außerdem: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Mit ganzem Herzen gesungen ist schon halb gewonnen.

Ursula Manthei beteiligt sich auch an Wohlfahrtsprojekten und singt mit den „Different Voices of Berlin“ in der Adventszeit auf einer Weihnachtsfeier für Benachteiligte.

Der Ausstellungsort ist nicht alltäglich, nicht irgendeine Galerie. Es wird auch nicht der zur schlechten Gewohnheit gewordene, „obligatorische“ Rotwein gereicht, dessen Alternative im Kunstbetrieb meist nur aus Weißwein besteht.

In dem Café, in dem Ursula Manthei ausstellt, werden überhaupt keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt und das ist gut so. Trittbrettfahrer, die sich mehr für die Ausstellungsbesucher interessieren oder ihren Blick zu tief ins Glas kaschieren, bleiben so in der Ferne.
Stattdessen werden Globalisierungsgegner und Grüne, Gaia-Fans und gute Geister erwartet. Menschen und Menschinnen, die das Ganze lieben, das Getreide, die Gänse, Grön- und Griechenland, Ghana und Guatemala. Die Erde, wie sie ist und wie sie sein könnte. Die Schönheit, die es gibt und die noch zu schaffen ist.
Ursula Manthei hat schon viel geschaffen. Aufgehört zu malen und zu zeichnen hat sie noch nicht.

„Die Erde steht Kopf – Eisschmelze“. Kunstausstellung.

Zentrum Gitschiner15, Gitschiner Straße 15, alkoholfreies Café, 10969 Berlin
(Kaffee gibt es – und Wasser! (Trinken wir es, bevor es zuviel davon gibt!))

Ausstellungseröffnung in Kreuzberg: 1. Dezember 2016, 15 bis 16 Uhr

Ausstellungsdauer: 1.12.2016-31.1.2017

Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 9-17 Uhr, donnerstags 11-17 Uhr, freitags 9-14 Uhr
Eintritt frei

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