Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Weiterer Titel dieser Mozart-Oper lautet: Die Schule der Liebe. Alles etwas konfus im Libretto (von da Ponte) in Mozarts letzter Buffo-Oper. Regisseurin Martina Veh setzt ganz auf italienische Burleske und beschert einen gelungenen knalligen Opernabend voller Spannung und Drive. Selten erlebt man eine so stimmig ausgerichtete Inszenierung. Das helle schwebende Bühnenbild mit abstrakten Räumen und Bildeinblendungen von fettFilm (Momme Hinrichs, Torge Møller) sowie Malereien des Zeichners Freddy Engel, zeigen einen unbeteiligten Kosmos, der den verrückten Liebespielen der Menschen verwundert zuschaut. Das Ganze hoch ästhetisch ausgearbeitet, die genialen Kostüme von Christl Wein sind das I-Tüpfelchen dieser Arbeit. Nur der Schluss wirkt nach den verrückten Liebeswirren doch etwas ernüchternd, aber ‚das Mozartl‘ schreibt 1789 mahnend an sein Konstanze: „Glaube sicher, nur das kluge Betragen einer Frau kann dem Mann Fesseln anlegen.“ – Bums – auch er ein wahrer Frauenversteher.
Die bekannten Längen der 3-stündigen Oper werden an diesem Abend mit spritziger Spielfreude sowie brillantem Musizieren geschickt gewürzt. Quicklebendig wird agiert, aus allen Dimensionen der Bühne. Die sechs Darsteller sitzen in Schachteln, Liegestühlen, fallen aus dem Schnürboden oder krabbeln aus dem Untergrund, scheinen die Tollheit auch noch zu genießen. Ebenso ist der Chor sehr aktiv, nicht nur stimmlich, allerdings hervorragend vorbereitet von Anton Tremmel.
Aus dem Orchestergraben hört man viel Erfreuliches. GMD Enrico Calesso will seinen Mozart ergründen, analysieren und zelebrieren, das macht er auf eindrucksvolle Art und Weise. Sein Dirigat ist eminent pointiert, dennoch immer fließend ohne an Spannung zu verlieren. Er versteht es, die musikalischen Höhepunkte als solche zu präsentieren und dennoch die Sänger immer auf Händen zu tragen. Nach anfänglichem Premierenfieber singen sich die sechs Protagonisten frei und man darf besten Mozartgesang erleben.
• Fiordiligi – Sopran Silke Evers – grandios dramatisch und höhensicher, darstellerisch mehr als überzeugend, ein charmante, etwas unterkühlt zweifelnde Liebhaberin.
• Dorabella – Mezzosopran Marzia Marzo – die forschere Schwester der beiden, mit warmer Stimme brillant singend, ebenso höhensicher und gestalterisch charmant.
• Despina – Sopran Akiho Tsujii – ungeheuer spielfreudig, ideale Mozartstimme, ein Name, den man sich merken sollte.
• Das gilt auch für den Tenor Roberto Ortiz als Ferrando, flexibel auf Linie gesungen, mit Timbre und Gefühl, der große Verführer des Abends.
• Guglielmo – Bariton Daniel Fiolka, auch er ein charmanter Liebender, etwas verhalten vielleicht, dennoch mit viel schönem Stimmpotential.
• Don Alfonso – Bariton Taiyu Uchiyama, junger Draufgänger mit Potential zum Star.
Fazit: Ein gelungener Abend, da man die Oper mit einem ‚Augenzwickern‘ auf die Bühne gebracht hat. Leicht und locker, das war wohl auch so von Mozart und da Ponte gewollt. Bravi! Ach, und laut Inszenierung sollen 55% der Frauen Untreue pflegen, von den Männern wurde nicht gesprochen.
Liebe Leser,
leider ist mir beim Schreiben ein Fehler unterlaufen. Was den Chor betrifft, hat natürlich Anton Tremmel alles hervorragend einstudiert. Freddy Engel, leider falsch angegeben, ist der brillante Zeichner der Videoproduktionen.
Midou Grossmann