Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Jegliches braucht seine Zeit. Im zarten Alter von 77 veröffentlichte jüngst Olaf Weber seinen ersten Gedichtband. Seine chic verschwurbelten Mehrzeiler handeln nach Eigenaussage immer von verdeckter oder offener Liebe. Wow!
Und die Worte Liebe und Gedicht sind für ihn identisch. Na!
Das klingt in „Tuchfühlung mit Schiffen“ so: „…Sie hatte sich gegen Lieblosigkeit versichert/Aber die Gartenstühle standen noch etwas herzlos in der Sonne/Sie stapelte zwei: „gehören übereinander…“. Die aufmerksame Leserin erkannt sofort den erotischen Backround und so geht es munter weiter, wenn beispielsweise Her Schwengel im Gedicht „Zwei der Rosinen“ seine Hosen zieht, die er nicht zieht, sondern: “…Dagegen Herr Schwengel, er zieht/Seine Hosen/Als höhere Metamorphosen…“
Munter öffnen sich dem Leser uneindeutige Gefühlsräume, erdenschwere Urknälle wechseln sich ab mit recht neandertalesken Firmentöchtern oder der Betrachtung des letzten Pornos. In diesem Werk (dem letzten Porno) kommen u.a. vier wilde Pferde und das Buch der Löcher aufs Tapet. Knorke!
Leider ist der LyrikLesespaß nach 77 schmalen Seiten schon vorbei. 77 Jahre = 74 Seiten wie listig!
Ab Seite 77 (doppele List!) erfahren wir dann via Interviewer Schinkel (darunter gings nicht) was der ganze Gedichtspaß bedeutet und was Dichter Olaf uns eigentlich sagen will: Die Toten sterben niemals aus.
Mir hat die Lektüre viel Freuden-, aka Fegefeuer bereitet, egal ob ich auf dem „Damenbadweg“ wandelte oder „Im Plüschabteil“ hockte, Dichter Olaf gab mir supersmart einen mit auf meiner einsamen Wandeley durchs Wolkenbüro.
Mummenschanzig, creepy!
Schönster Satz: „Jede Frau hat denselben Mann“
Bibiographische Angaben
Olaf Weber, Ein Veilchen, Schulter an Schulter, 3 x 21 Gedichte und ein Appendix, 88 Seiten, Klappbroschur, Verlag: Wartburg, Edition Muschelkalk, Weimar, 1. Auflage, 2021, ISBN: 978-3-86160-585-0, Preis: 14 EUR (Deutschland)