Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Auch in Estland werden Schelmenromane geschrieben, doch nicht jeder ist ein Cervantes. Diese dünne Weisheit belegt Tauno Vahter in seinem bräsigen Roman, der laut Klappentext in Estland einen renommierten Preis bekommen haben solle.
Wir folgen der traurigen Lebensgeschichte des estnischen Matrosen Madis Jefferson, der im zarten Alter von acht Jahren erstmals aus seiner Heimat abhaut, weil ihn keiner lieb hat, der Landstrich öde ist und die Menschen gemein sind. Schnell wird der Mann am Hafen geschnappt und nach Haus geschickt. Dort erwartet ihn die sorgengeplagte Mutter. Nun heißt es für den Sohn, auf die nächste Gelegenheit zur Flucht zu warten.
Zwölf Jahre nach seiner ersten Flucht schafft er es endlich per Schiff nach Afrika und über die Fremdenlegion bis in die USA.
Eine verhängnisvolle Miniliebe zu kommunistischen Exil-Esten entscheidet über sein weiteres Schicksal. Anstatt in den USA zu bleiben und ein halbwegs freies Leben mit seiner Geliebten zu führen, kehrt er aus jugendlichem Leichtsinn und erfüllt von der Botschaft des Kommunismus nach Estland zurück. Er lässt sich mit den Roten ein und wird Parteifunktionär. Als die Deutschen die Sowjetunion überfallen, flieht er mit den sowjetischen Besatzern nach Osten. Plötzlich beginnt ihn unterwegs das Gewissen zu plagen, er bricht mit den Kommunisten, erfindet eine amerikanische Identität und versucht die nächsten 45 Jahre in die USA zu flüchten. Gulag, Klapsmühle, Sibirien, Lubjanka, Arbeitsplatzbindung – dem armen Madis und uns geduldigen Lesern bleibt in der Folge kein Klischee und kein Fettnäpfchen erspart.
Verpackt in eine öde Sprache ist dieser gedrechselte Roman weder schelmisch noch hinreißend.
Bibliographische Angaben:
Tauno Vahter, Die 11 Fluchten des Madis Jefferson, Roman, 256 Seiten, Übersetzer aus dem Estnischen: Maximilian Mutmann, Bindung: fester Einband (gebundene Ausgabe), Format: 125 x 205 mm, Verlag: Residenz Verlag GmbH, Wien, Salzburg, 1. Auflage 12.2.2024, ISBN: 9783701717811, Preis: 25 EUR (Bundesrepublik Deutschland; Österreich)