„Die größte Band der Welt“ spielte am 9. November 2024 am ehemaligen Mauerstreifen

Bühne auf der Straße am Potsdamer Platz auf der einst verkehrsreichsten Kreuzung Europas, heute Potsdamer Platz/ Leipziger Platz im Zuge der Potsdamer Straße (Tiergarten, jetzt Mitte) und Leipziger Straße (Mitte). Aufgenommen von der Ebertstraße aus, Blick Richtung Stresemannstraße, Gabriele-Tergit Promenade und Linkstraße (von links nach rechts).
Eine von fünf Bühnen (diese auf dem Potsdamer Platz) anlässlich des Fests 35 Jahre Maueröffnung. Auf ihnen spielte die angeblich größte Band der Welt mit 700 Musikern, so verkündete es der Herr in Bildmitte, der auch auf der Leinwand ist, die ein Bildschirm ist. © Photo/ BU: copyright 2024 Andreas Hagemoser

Berlin, Bundesrepublik Deutschland (Kulturexpresso). 35 Jahre Mauerfall am 9. November – aus diesem Anlass spielten 700 Musiker auf 5 Bühnen am Mauerstreifen vom Checkpoint Charlie Zimmerstraße (U-Bahnhof Kochstraße) über das Brandenburger Tor (Platz des 18. März) bis zum Bundestag. Der Moderator auf der Bühne am Potsdamer Platz Ecke Ebertstraße nannte die Hunderte von Musikern und Musikerinnen, die am 9. November um 20 Uhr auf dieser Handvoll Bühnen gleichzeitig auftraten, also simultan, „die größte Band der Welt“. Es gibt ja Leute, wie Silke Fischbeck aus dem „Seepferdchen“ im Brüsseler Kiez, die wünschen sich einfach eine Band. Von einem Weltrekord träumt man im Belgischen Viertel eher nicht, aber kann man die etwa 700 Musiker und Musikerinnen „die größte Band der Welt“ nennen? Sie spielten ja nicht auf einer Bühne und die bloße Tatsache, dass der schiefste Turm der Welt in Deutschland steht, reichte noch nicht zu einem Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde.

Da stehen nämlich nicht die Rekorde drin, sondern die Rekorde, für die bezahlt wird. Nachdem die Deutschen in Mitteldeutschland geneigt waren zu überprüfen, dass ihrer Turm schiefer sei als der kleine Turm in Pisa, holten sie einen Gutachter. Die Neigung ist tatsächlich in Deutschland erheblich größer. Nun dachte man, könne man dem Guinness-Buch das mitteilen und die würden es in der nächsten Ausgabe abdrucken. Pustekuchen! Denkste! Denken muss und sollte man, und nicht „dachten“. So lehrte zum Beispiel Rolf Dobelli in seinem Buch „Die Kunst des klaren Denkens“. Und nach drei Klaren kann man auch nicht mehr denken. Klara Fall, äh, klarer. Der Untertitel lautet: „52 DENKFEHLER, DIE SIE BESSER ANDEREN ÜBERLASSEN“ (Hanser-Verlag 2011). Wow.

Die größte Band der Welt auf dem Bürgerfest ist noch kein Rekord – erst, wenn jemand dafür bezahlt

Im Falle des schiefsten Turms belegte die in Auftrag gegebene Studie aufgrund von Messungen, und sie heißt nicht „Pisa-Studie“, dass der schiefste Turm Europas und der Welt in der Bundesrepublik Deutschland steht. Nur, das die Welt nichts davon wusste. Selbst die Deutschen, die gern stolz darauf gewesen wären, wussten in ihrer Mehrheit nichts von ihrem Glück. Die bescheidenen Leute in dem eher kleinen Ort in Mitteldeutschland waren sich ja zuerst noch nicht mal ganz sicher. Aber es ist erwiesen und überprüft und bestätigt.

Doch war es noch lange nicht eingetragen. In das bekannteste Rekordebuch. Daraufhin musste mal wieder private Initiative her – und privates Geld. Ein gab einen Aufruf, man hatte erfahren, was der Verlag für den Eintrag will und fing an zu sammeln. Der Betrag kam zusammen. Und dann endlich stand es im Buch der Rekorde.

Bei dem, was der Moderator auf der Bühne „35 Jahre Mauerfall“ auf dem Potsdamer Platz verkündete (700 Musiker), kann es zu keiner Überprüfung mehr kommen. Höchstens zu einem Videobeweis. Das, was im Fußball wieder abgeschafft werden soll und in der Kriminalistik nur bei seltenen und immer genehmigten Ausnahmen verwendet wird, wird wohl bei einem Eintrag ins Buch der Rekorde kaum benutzt werden. Man kann den Moderator auch schlecht Lügen strafen. Ihn der fake news überführen. Er wird durchkommen und alle haben sich gut gefühlt, bei diesem rekord(verdächtigen) Auftritt dabei zu sein.

Musik auf dem Mauerstreifen in übrigens nichts neues.

Waren Demonstrationen die Ursache?

Auch hatte man das Gefühl, endlich mal habe die Gerechtigkeit und die Menschlichkeit gesiegt, hätten Demonstrationen Sinn gehabt. Etwas erreicht. Dabei gibt es ja mehrere Bücher (u.a. „Das Komplott“), die belegen, dass die „Demos“ in Ost-Berlin, das nie Territorium der DDR war, nicht den Ausschlag gaben für den Mauerfall.

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.

Jedenfalls konnte man Musik hören – die größte Band der Welt – Filme gucken und Bilder angucken auf dem Bürgerfest 35 Jahre Mauerfall am 9. November am ehemaligen Mauerstreifen der am 13. August 1961 erbauten Berliner Mauer. Ulbricht hatte im Juni ’61 – John F. Kennedy (JFK) war Präsident in den USA – noch behauptet: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“.

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