Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Aufgeklärt bis zum Überdruss, sehnt sich der Mensch in seinen dunklen Momenten nach dem Irrationalen, dem Über-Natürlichen.
Weil nur die Furchtlosesten unter uns in der Lage sind Angst zu haben, hat Andreas Puff-Trojan ein großes Herbstbuch geschrieben – uns und den unsrigen zum Troste und zur allgemeinen Erhellung.
In hochaktuellen Seuchenzeiten wie dem Jahr 2021 ist es essenziell, sich zumindest ideologisch für den Kampf mit dem Unbekannten, dass nicht immer das Gute ist, zu schulen. Wo entstand der 1. Vampir? Vielleicht in Wuhan? „… Seitdem der Vampir im frühen 18. Jahrhundert die öffentliche Bühne betrat, avancierte er anfangs zum Objekt rationaler Erfassungsstrategien, und erst später kam es zu seiner Literarisierung…“
Der Vampirismus hat starke erotische Momente, allein die Entblößung des Halses hat Generationen von Lesern nachhaltig verwirrt.
Neben der Erotik ist es die (vielleicht) missverstandene Glücksverheissung des ewigen Lebens und der damit verbundenen Möglichkeit, endlos das Leben studieren zu dürfen.
Puff-Trojan, dem man eine gewisse vampirische Anteilnahme nicht absprechen kann, wirft sich genussvoll auf das (Vampir)Seuchenlager und öffnet unseren Blick für die magische Ansteckung. Er gerät von Bram Stoker in seinem blitzgescheiten Essay schnell zu Ludwig Wittgenstein, um uns mit Martin Heidegger das finale „Wir, der Vampir und das Sein bis zum Tode“ zu eröffnen.
Nur zu! Lassen sie sich anstecken!
Schönster Satz: „Die Figur des Vampirs, sein Biss, hat eine sinnliche Komponente, die diametral zum reinen Kopfdenken der Aufklärer steht.“
Bibliographische Angaben
Andreas Puff-Trojan, Vampire!, Schattengewächse der Aufklärung, Über uns aufgeklärte Menschen im Angesicht der Un-Toten, Essay, 120 Seiten, Verlag: Sonderzahl, Wien, 1. Auflage, September 2021, ISBN: 978-3-85449-587-1, Preis: 18 EUR (Österreich)