Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Im Kino 7 der Kulturbrauerei auf dem Prenzlauer Berg in Berlin fand gestern ab 20 Uhr die Premiere des Films „Zazy“ statt. Der Saal war gut besucht, offenbarte aber Lücken. Von der Geschichte, die Filmemacher Matthias Oberg, gerne auch M.X.Oberg genannt und geschrieben, kann man das nicht behaupten. Oberg, der nach noch nicht einmal einer Hand voll von Kurzfilmen mit „Unter der Milchstraße“ und „Undertaker`s Paradise“ Kinospielfilm und mit „Ein Ton Blau“ Dokumentarfilme in die Lichtspielhäuser legte, versucht sich mit „Zazy“ erneut an einer langen Fassung einer Geschichte, die auch kurz, beispielsweise in einer akademischen Viertelstunde, zu erzählen gewesen wäre. Dann hätte das eingeladene Publikum gleich bei Bier und Banausen Belanglosigkeiten über die Banalität der Betriebsamkeit Berlins austauschen können. Oder auch nicht. Egal. Wie dieser Film.
Ein junges Kücken, flügge aber mit Flausen im Kopf, sowohl offensichtlich aus schlichten Verhältnissen stammend als auch schicht gestrickt, näht in Trentino an einem Kleid. Statt Gardasee hätte es auch der Müggelsee sein können, aber dann wäre wohl die Gage schlechter ausgefallen. Egal. Das faule Schneiderlein bekommt als Lehrling mehr mit vom Herrn und Meister als von diesem ab. Sie will mehr. Sie will Geld und geile Klamotten. Immerhin wird sie, wenn sie geil ist, von Tomek (Paul Boche), der sich wie sie für einen Freund hält, gut gefickt. Horizontal hat der kleine Kopf der Zazy genannten Göre (Ruby O. Fee), der Handarbeiterin mit Hintegedanken, mal Pause. Das ist auch gut so. Und das wünscht man auch dem Publikum. Egal.
Eines Tages lernt Zazy Marianna (Petra van de Voort) kennen. Sie ist eine schöne Frau aus besserem, bürgerlichem weil reicherem Hause, das im Westen der Berliner Republik am Rand einer Großstadt steht. Zazy erschleicht sich Zugang zu der Dame, für die sie ein Kleid näht. Dann teilt sie mit ihr ein Geheimnis, später das Haus. Boche müht sich mit irrem Blick und doller Drohne als Klein-Kinski, Fee als Femme Fatal. Manchmal wirkt das tragisch, zu oft als Farce.
Der Film zeichnet die Charakter viel zu lange und zu facettenreich. Kurz: Er überzeichnet. Vielleicht sollte Oberg nur das Buch schreiben und andere den Film drehen lassen. Egal. Immerhin nimmt der Streifen Fahrt auf und biegt wie Harry, der den Wagen schon lange nicht mehr vorfährt, in Richtung Krimi ab. Ja, ein paar halbwegs überraschende Wendungen gelingen dem Autor, aber der rasche Moment resultiert aus der Verschlafenheit im Derrick-Duktus. Das ist voll 80er. Letztes Jahrhundert. Egal.
Das permanent Pleite- und poppende Pärchen bekommt Marianna in die Hand und hangelt sich nach oben. Immerhin ficken sich Zazy und Tomek nicht noch weiter durch den Film und auch hoch sondern nur miteinander. Egal. Am Ende winkt mehr als eine Maisonette-Wohnungen über den Dächern der großen Stadt. Doch der Aufsturz der Zazy von der Spinning Jenny am Gardasee zum Flachbildschirm-Highlight in Highheels ist unheilvoll mit dem Abgang von Tomek und anderen verknüpft. Was an dieser Geschichte „raffiniert“ sein soll oder wo „Fee glänzt“, wie Kritiker zu meinen scheinen, das weiß ich wahrlich nicht. Die Geschichte und die Schauspieler sind nicht schlecht, aber sind sie deshalb gut?
Das Weben von für Oberg zu vieler Fäden und Facetten in diesem Film, der – fast bin ich geneigt zu sagen – mal als Psychokrimi, mal als kleines kammerspielhaftes Drama daherkommt, ist nicht flott. So verhäddern sich alle in den Laufmaschen, die zu Fallstricke werden können. Das Erzählens gerät langatmig und je länger, desto mehr istn manchen Schauspielern anzusehen, dass der Weg aus einer Mimenwerkstatt zur Schauspielerkunst weit ist.
Wer weiß das nicht, gute Leute vor und hinter der Kamera, vor, während und nach der Produktion sind rar und reichlich teuer. Mit mehr Geld wäre vermutlich mehr Gehalt in den Film gekommen.
So wäre „Zazy“ ein Film fürs Montagskino, wenn das im ZDF laufen würde. Egal. Was dem Film bleibt ist das eine oder andere unbeachtete Festival von anstehenden und abgestandenen Cineasten – Cineast im Sinne von Möchtegern, nicht von Kenner.