Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Not macht erfinderisch. Wer hätte gedacht, dass Gojibeeren in Griechenland wachsen? Doch mal der Reihe nach. Griechenland hat, scheint es, das Ärgste hinter sich, Großbritannien das Ärgste noch vor sich und damit meinen wir nicht das Einsickern der Einsicht, dass das Empire kein Weltreich mehr ist, sondern eher eine mittelgroße Nordseeinsel mit einigen vorgelagerten Inselchen und einem Teilgebiet auf Irland, das ganz besondere Probleme bereitet. Großbritannien und Griechenland – beides beginnt mit einem großen „Gr…“ … Britannien endet mit einem „-nien“, hört sich das nicht wie ein „Nein“ an? Vielleicht zu Europa? Das plattdeutsche „he seggt“ (er sagt) liest sich englisch „he says“. Doch der volle Name ‚Englands‘ ist ja Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland“. Königreich endet mit „-reich“, wie lange das so bleibt, können wir nicht sagen.
Die Engländer, und am besten alle Briten, können sich ja schon mal Gedanken machen. Wie sie die Krise überstehen. Vielleicht finden sie Kranbeeren im Norden und kombinieren sie mit echtem englischen Tee. Ach nein, Cranberries gibt es schon. Oder sie bauen grauen Earl selbst an, damit sie ihn nicht importieren müssen. Vielleicht tun es auch Peanuts; Jimmy Carter, der demokratische Farmer, ist dadurch Präsident geworden.
Das Wort für Ausgang – EXIT – gibt es jetzt auch in den unschönen Varianten weißblau oder rotweißblau: Grexit und Brexit.
Brexit als unausweichliches Thema auf der Fruit Logistica
Über vielen Detailfragen, zum Beispiel an Monica Bratuti von einem weltweit tätigen neuseeländischen Unternehmen, die am 8. Februar eine Hundertschaft Frauen aus dem management versammelte, um deren Rolle in der Obstbranche zu stärken, hing der Brexit-No-Deal wie ein Damoklesschwert über der Media Preview, dem Startereignis für die Presse. Der Moderator: Ein Brite. Als nicht seine wechselnden Gesprächspartner auf der Bühne befragt wurden, sondern er selbst zum British Exit, verschob er die Beantwortung der Frage, was es darüber denke, weiter und weiter nach hinten, bis ihm die Gäste und Gesprächspartner ausgegangen waren.
Sein Fazit: „I hope it is just a bump in the road.“ Der Brexit als Schlagloch in den britisch-resteuropäischen Handels- und sonstigen Beziehungen. Jetzt geht es um die Größe. Manche Schlaglöcher sind so groß, dass man sich die Achse brechen kann oder gar einen Totalschaden am Fahrzeug erleiden. Manche Fahrt endet direkt im Schlagloch.
Schäuble ließ vor kurzem verlauten, er glaube, die Briten würden in kürzester Zeit zurückkommen.
Theresa May, die britische Regierungschefin, versucht eine minderschwere Variante des Ausstiegs zu finden. Während sie mit der EU verhandelt, die natürlich lieber mit Vertrag als ohne den Ausstieg vollziehen möchte – oder gar nicht – versucht sie mit dem Gespenst des „No Deal“ (Ausstieg ohne schriftliches Vertragswerk, kein Vertrag, kein „Handel“) die Fraktionen im britischen Parlament, dem Unterhaus, zusammenzubringen. Um die Monatswende Februar/ März brachte eine schottische Partei einen Gesetzentwurf ein, der abgelehnt wurde. Es war auch eine Testabstimmung für Mays ähnlichlautenden Interessen. Die Zeit drängt, Ende März ist Ultimo und die Uhr läuft ab.
Bei der Media Preview der Fruit logistica verwies man auf die gleichzeitig stattfindenden Verhandlungen zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen. Es schien so, als ob im günstigsten Fall schon am selben oder am folgenden Tag eine Lösung anstünde oder stehen könnte. Einen Monat später: Fatalismus. Die Aktienkurse leiden.
Hätten die Briten nach einem Brexit genug zu essen?
Umfragen zufolge glauben die meisten Briten, die meisten frischen Lebensmittel in den Läden stammten von den britischen Inseln. Mitnichten. Nur ein Drittel stammt aus heimischer Produktion, ein Drittel aus Europa, der Rest aus Übersee. Urban Gardening ist auch auf britischem Mist gewachsen; müssen die winzigen innerstädtischen Beete jetzt die Frischversorgungslücken schließen? Am 12. Januar 2017 startete der Dokumentarfilm „Wild plants“ in den bundesdeutschen Kinos. Der Film führt zu verschiedenen Projekten, zum Beispiel zu den privaten Gärtnern in der Stadt, die teils öffentliche Flächen nutzen, den sogenannten „Urban Gardeners“ im zusammengebrochenen Detroit. Auch andere Dokumentarfilme beschäftigten sich in den vergangenen fünf Jahren mit dem Thema. Es scheint so, als könne man den Briten den deutsch-schweizerischen Dokumentarfilm „Wild plants“ von Nicolas Humbert aus dem Jahr 2016 und ähnliche Streifen nur dringendst empfehlen.
Zwar reden May, die britische Opposition und Brüssel auch über einen Aufschub von ein paar Wochen bis zu maximal drei Monaten, um die Verhandlungen doch noch einer geordneten Lösung zuzuführen.
Doch ist ein Chaos ein reale Möglichkeit. Der zollfreie Binnenhandel innerhalb Europas beschleunigt die Warenströme enorm und verringert den Papierkrieg. Bei frischem Obst und Gemüse zum Beispiel aus Holland und Deutschland können zwei Tage längere Bearbeitung ein Aus für die Belieferung bedeuten. Die Lebensmittel wären schon schlecht, bevor sie ankämen oder zumindest weder frisch noch präsentabel, vom Wert einmal ganz zu schweigen.
Keine guten Nachrichten aus dem Nordwesten Europas, wo die britischen Inseln liegen. In der Diagonal gegenüberliegenden Ecke, im griechischen Südosten, keimt jedoch starke Hoffnung auf und beschert uns nicht nur die Gewissheit, dass die griechischen Wirtschaft bald wieder viel besser gehen wird, sondern auch ein Vielfalt neuer Produkte. Diese sind teils nicht nur äußerst gesund, sondern haben durchaus Gourmet-Qualität.
Paradebeispiel dafür ist Marke „Goji Spirit“.
The new Spirit aus Griechenland heißt Goji Spirit
Internationale Grüne Woche (IGW) sei dank kann der deutsche Gourmet, Feinschmecker und Otto Normalverkoster mit einem Quer-durchs-Land-Ticket der Deutschen Bahn zu Spezialitäten aus aller Welt fahr‘n. Für manche reicht aus schon ein S-Bahn-Fahrschein, immerhin fast jeder 20. Deutsche ist Hauptstädter. Nimmt man das Umland hinzu, ist die Grüne Woche in Reichweite ohne wie Goethe beschwerlich nach Italien oder Schliemann nach Kleinasien zu reisen, um dort zu speisen.
Zu gegeben, die Gruppe der Jetsetter, die mal eben zum angeblich besten Steak nach Dublin fahren, am nächsten Tag nach Canberra oder Perth, um den besten Catfish zu probieren und zwei Tage darauf an der Côte d‘Azur sitzen, um irgendein Szenegetränk in einem Michelin-Sterne-Etablissement zu schlürfen, ist klein. Zum Glück. Sonst hätte sich die Erde bereits jetzt so erwärmt, dass man sich für nichts anderes mehr als das Überleben erwärmen würde.
„For now“, für den Moment, freuen wir uns einfach über kurze Wege innerhalb Deutschlands bei Urlaub und Verkostung. Denn die Neugierde ist nie aufzuhalten und sehr gesund. Vielleicht nicht so gesund wie Ingwer, Gojibeeren und Vitamin C, doch sie gehört zu (einem spannenden) Leben dazu. Auf der Grünen Woche wurde sie befriedigt. An einem einzigen Stand, einem der das erste Mal gesichtet wurde, gab es allein etwa ein Dutzend Novitäten! Eigentlich war es nur ein halber Stand, denn die Newcomer teilten sich einen und kommen aus einem … reichen Land. Reiche sind bekanntlich geizig (in einem „blog“ stünde hier ein Smiley). Warum Griechenland nicht Griechenreich heißt, kann ich kaum verstehen, denn die Griechen sind nicht nur reich an Geschichte und gutem Willen, sondern auch an Ideen. Das beweist allein schon so eine Veranstaltung wie Hellas Filmbox. Doch das Vereinigte Königreich von Großbritannien und so weiter heißt in Deutschland auch nur England.
Weltneuheiten – oder neue Produkte auf dem europäischen Markt
In einem schönen Design kommen Sie ja daher, die essbaren Erzeugnisse unter der Firma „Goji Spirit“ – auf jedem Etikett eine andere Figur. Auf der Apfelsaftflasche scheint ein Herkules mit Äpfeln zu jonglieren. Eine Frau in gepunkteter Kleidung präsentiert eine Tomate, eine andere huldigt der Roten Bete.
Auf dem kleinen Tisch auf der Grünen Woche stehen mehrere Probiergläser. Ich probiere aus einem – ein sehr leckerer (Brot-) aufstrich mit Apfel, Zimt und Gojibeeren. Wir wollen schon fast weiter – die Grüne Woche ist groß und die Zeit knapp – da werden wir von freundlichem Standpersonal zum Bleiben aufgefordert. Ich probiere aus einem weiteren Glas und stelle fest, dass ich in der Eile in eine (Verständnis-)Falle getappt wäre. Die gleich großen, fast quadratischen, aber abgerundeten Gläser enthalten weder alle gleichviel noch dasselbe. Ich erwartete wieder einen Brotaufstrich – doch im zweiten Glas ist eine Biosauce mit „Goji Berry, Tomato, Oregano“, wie das englische Etikett verständlich verrät. Die herrliche, leckere Sauce, die zu „Teigwaren, Gerichten mit Tomatensauce oder Pizza passt“, macht mich wach und neugierig.
Ich schaue noch einmal das erste Glas an: Apfel-Zimt-Brotaufstrich „Organic Spread“, also Bioaufstrich, steht über der Sorte „Goji Berry, Apple, Cinnamon“. Es sind 240 Gramm darin. Und im Soßenglas? 200 Gramm „Organic Sauce“.
Im dritten Glas ist werde etwas zum Schmieren noch Soße: Organic Chutney (!) Wieviel Gramm? 220. Potzblitz. Ein Chutney, mit Gojibeeren, so etwas hat die Welt doch noch nicht gesehen. Die Sorte: Gojibeeren-Rote-Bete-Orange-Chili. Wow. Ich weiß nicht, was mich mehr umhaut: die Einzigartigkeit, die Neuheit oder der Geschmack.
Ein Flyer wird mir gereicht. Alles ist bio –und vegan! Zucker wird nicht hinzugefügt, glutenfrei ist das sowieso. Der hohe Vitamingehalt ist Standard. Das gilt auch für die anderen Produkte, so die Säfte, halbe halbe mit Äpfeln oder 80/20% Goji/ Orange oder -Apfel, oder Orangensaft (77%) mit 19% Beeren und Agave.
Eine Überraschung nach der anderen
„Wer hätte das gedacht“, sagt der Sohn, der Student, „Gojibeeren mit griechischem Bergtee zu kombinieren.“ Niemand vorher! Und so gibt es ein „Organic Dressing“, ein Bio-Dressing, mit Beeren, Bergtee und Anis (Goji Berry, Mountain Tee, Anise). Das Dressing probiere ich jetzt nicht mehr, nehme aber den Flyer mit, auf dem ich die Website www.gojispirit.gr finde und weitere Sorten. So ein Chutney mit Apfel und Curcuma und einen Aufstrich mit Orange, Basilikum und Agave. Das Motto gefällt uns: „Happiness is tasty!“
Gesundheit im Vordergrund
Überzeugend auch, wer hier warum zu Werke geht. In erster Linie ging es darum, super-gesunde Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, die dem Stress, den Umwelteinflüssen und dem ungesunden Stadtleben in der Moderne etwas Entscheidendes entgegensetzen können. Das ist glaubhaft aufgrund der Ausstrahlung der Menschen, die diesen Familienbetrieb vor kurzem auf die Beine gestellt haben: Die ganze vierköpfige Familie ist da – und alle sind und waren im Sinne und Dienste der Gesundheit unterwegs: Die Mutter ist Ärztin, der Sohn studiert Medizin, der Mann und ein weiterer Sohn sind auch im Gesundheitswesen tätig. Als Arzt, der manchmal nicht heilen kann, sieht man die wunderbaren Wege der Prophylaxe.
Gesundheit erhalten, statt sie wiederherzustellen, ist der Weg. Das wusste auch schon Dr. Shelton, der darüber ein Buch schrieb. Vorbeugen ist besser ist heilen, weiß der Volksmund.
Um möglichst vielen Menschen zu helfen, kam die Familie auf die Idee mit den Gojibeeren. Einziger Nachteil, den wir bisher herausfinden konnten: auf dem Stück Land in der Petridistraße in Vrahati (Korinth) lag das Land nicht brach, sondern standen Olivenbäume. Diese mussten weichen, um der neuen Pflanzung Platz zu machen. Dabei musste die Familie Geduld aufbringen, nicht nur, weil die neuen Pflanzen erst wachsen mussten, sondern weil eine Bio-Zertifizierung erst nach einiger Zeit erfolgt.
Der Gesundheitsaspekt: Gojibeeren oder Erdnüsse (=peanuts)
Um es einmal klarzustellen: Wir haben nichts gegen Peanuts. Zum einen sind die Millionen, die Ackermann und der Deutschen Bank verlorengingen, nur „Peanuts“. Wer den Heller nicht ehrt … Wenn diese Peanuts bei der Deutschen Bank nicht gebraucht würden, bei uns wären sie schon recht willkommen.
Auch Erdnussbauern sind willkommen. Jimmy Carter wurde immer als „Erdnussfarmer“ bezeichnet. Jimmy Carter war einer von den Guten. Der Ex-Präsident hatte den Mut, zuzugeben, dass er ein UFO gesehen hatte und schämte sich nicht, Farmer zu sein. Ob man es nun Farmer oder Bauer nennt – auf beides kann man stolz sein.
Physiologisch betrachtet ziehen wir Gojibeeren vor. Sie sind nicht nur glutenfrei – das ist Mineralwasser auch – sondern ein Superfood mit hohem Vitamingehalt. Wenn die Beeren dann auch noch lecker daherkommen, kommt man in Versuchung und darf sich getrost gesund verführen lassen …
Fazit zum Exit: Gojibeeren gewinnen gegen „England goes nuts“
Ein Ausweg ist auch ein Exit. Man muss nicht immer raus aus einer Gemeinschaft, manchmal reicht es, etwas besser zu machen.
Auf den Punkt gebracht: Gojibeeren aus Griechenland sind mir lieber als Peanuts aus Großbritannien. Lieber Goji Spirit als Exit Strategy.