Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Lang hat es gedauert, doch nun ist alles gut, Fischer schließt die Werkausgabe mit einem großen Band ab, der u.a. alle wichtigen Interviews Hilbigs zwischen 1981 und 2003 enthält.
Hilbigs unverfälschter Sound hämmert auf unsere Hirnkästen ein und zwirbelt uns zurück in die Zeit der deutsch-deutschen Teilung.
Der streitbare und freiheitsliebende Autor wohnt in Leipzig und findet endlich Anerkennung, leider zuerst hauptsächlich im Westen. Die Mauer soll noch 8 Jahre stehen, als das erste Interview mit Barbara Walker einsetzt.
Bald schon ist Hilbig unterwegs als Wanderer zwischen den Welten, in denen er sich als Mensch, nicht als Autor, ein wenig verliert. Der große kleine Einsame Mann geht Beziehungen zu Frauen ein, die von Alkoholismus und Gewalt geprägt sein werden. Wie kann er auch ein Wesen neben sich ergründen, wenn er es bei sich selbst nicht schafft? Hilbigs Leben heißt Kampf. Gegen den inneren Dämon und gegen die Welt. Das lugt immer mal wieder in den Interviews hervor, wenn sich der Fragensteller über den Autor Hilbig hinwegsetzt und den Menschen sucht. Das ist zugegebenermaßen schwer, weil Hilbig natürlich kein Interesse daran hegte, mit ihm eigentlich wildfremden Menschen in die Tiefe seiner verletzten Seele zu blicken. Seine Literatur war monologischer Art, er war ein Alleinlebender mit Sehnsucht nach Liebe, er hatte kein Interesse an einer Hilbig-Schule, einer Hilbiggesellschaft, einer irgendwie gearteten DackelzüchterInnentruppe.
Lest seine Bücher, meidet die Erklärbären, baut euch euren eigenen Hilbig.
„Alleine gehe ich nie spazieren, ich käme nur bis zur nächsten Kneipe.“
Wolfgang Hilbig 1985 im Interview, ob er spazieren ginge und worüber er dabei nachdenke
Bibliographische Angaben
Jörg Bong, Jürgen Hosemann, Oliver Vogel (Herausgeber). Wolfgang Hilbig, Werke, Band 7: Essays, Reden, Interviews, Nachwort: Wilhelm Bartsch, 768 Seiten, Verlag: S. Fischer, Frankfurt am Main, 1. Auflage, 30.6.2021, ISBN: 978-3-10-033847-1, 34 EUR (Deutschland)