Lang lebe die Tumultscheibe oder „leibeigen ein Leben lang“ – Zum Spiel „Tumult Royal“ von Klaus und Benjamin Teuber

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Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Im quadratischen Karton vom Verlag Kosmos befindet sich das Spielmaterial bestehend aus 100 Statuen (je 25 in den vier Spielfarben), 39 Warnplättchen mit jeweils ein bis drei Brot-, Marmor- oder Werkzeugsymbolen, 37 Plättchen Gefolgsleute (25 x 1er, acht x 5er und vier x 10er), zehn Landschaftstafeln, sechs Rahmenteile, vier Burgtafeln in den Spielfarben, vier Adelskarten (Ränge eins bis vier) – eine Seite männlich, die andere weiblich, vier Gnadenkarten, eine Tumultscheibe mit Drehpfeil und eine Sanduhr.

Fertig sind die Zutaten für „Tumult Royal“, einem Spiel für zwei bis vier Spieler ab zehn Jahren von Klaus und Benjamin Teuber. Teuber? Richtig, Klaus Teuber, Jahrgang 1952, ist einer der berühmten Spieleautoren deutscher Zunge. Bekannt ist vor allem sein Erstlingswerk „Barbarossa“ aus dem Jahr 1988 nach unserer Zeitrechnung und „Die Siedler von Catan“ von 1995. Mit jeder Menge Catan-Spielen eroberte Teuber die Spielewelt. 2002 gründete Klaus Teuber mit seinem Sohn Guido Teuber die Catan GmbH, welche die Lizenzrechte an seinen Spielen hält. In dieser Gesellschaft mit beschränkter Haftung arbeitet auch sein Sohn Benjamin Teuber, Jahrgang 1984. Mit ihm entwickelte er das neue Spiel „Tumult Royal“.

Ähnlich klingende Spieletitel hätte Teuber bereits für zwei seiner Spiele vergeben. An „Adel verpflichtet“ 1990 und „Galopp Royal“ 1995 erinnere ich mich unweigerlich, wenn ich den Titel „Tumult Royal“ lese. Das in Deutschland hergestellte und mit „Made in Germany“ beworbene Spiel, bei dem es um Tumult der Bauern gegen den Adel geht. Mit einem echten Aufstand, einer wahren Revolution hat das nichts zu tun, zumal auch der erste der drei Stände, die Prälaten, die Bischöfe und Äbte der katholischen Kirche, der Klerus im Großen und Ganzen völlig fehlt.

Sowohl der erste wie auch der zweite Stand waren nicht einheitlich. Wie es den hohen und niederen Klerus gab, so gab es auch den Hochadel und den niederen Adel. Heute ist das nicht anders, wenn auch Macht und Herrschaft weit weniger ausgeprägt sind als in den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaften in Europa. Zum dritten Stand zählten im Grunde nur freie Bürger meist einer Stadt und freie Bauern. Massen waren das nicht. Die meisten Bauern wurden leibeigen geboren und wie wir von Ritter Trenk, der von Autorin Kirsten Boie erfunden wurde, wissen, blieben sie auch leibeigen. Wie weiß Ritter Trenk zu sagen: „Leibeigen geboren, leibeigen gestorben, leibeigen ein Leben lang.“ So war das damals.

Das waren Zustände, die der Aufstände Wert waren. Der Begriff Tumult ist dafür nicht stark genug.

Zurück zum Spiel und zur Spielanleitung. Die Regeln können sich die Spieler durchlesen oder sich „die kostenlose ‚Erklär-App‘ herunterladen. Diese Tutorial-App für Smartphone und Tablet „bietet außerdem einen animierten Timer als Ersatz für die Sanduhr“.

Wer die App hat, der braucht niemanden mehr wie mich, der einem die Regeln erklärt. Ob die Regeln „einfach“ sind, wie der Verlag schreibt, das Spiel „viel Interaktion“ bietet und wirklich einen „innovativen Spielmechanismus“ beinhaltet, bei dem sich „die Spieler in raffgierige Adelige“ verwandeln, die „das Volk beklauen“, das seht selbst. Wir meinen: lang lebe die Tumultscheibe.

Bibliographische Angaben

Klaus und Benjamin Teuber, Tumult Royal, Alter der Spieler: ab 10 Jahren, Anzahl der Spieler: 2 bis 4, Dauer des Spiels: eine Dreiviertelstunde, Illustration: Franz Vohwinkel, Gafik: Imelda und Franz Vohwinkel, Redaktion: Wolfgang Lüdtke, Lizenz: Catan GmbH, Verlag: Kosmos, Stuttgart, Oktober 2015, EAN: 4002051692483, Artikel-Nummer: 692483, Preis: 29,99 Euro

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