Luxemburg (Kulturexpresso). In der Pressekonferenz des Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean (Mudam) in Luxembourg mit anschließender Führung wurde die beeindruckende und beträchtliche Retrospektive des sozialkritischen und philosophischen Künstlers Bert Theis, der von 1952 bis 2016 lebte unter dem Titel „Building Philosophy – Cultivating Utopia“ präsentiert.
Enrico Lunghi, ehemaliger künstlerischer Leiter des Mudam und aktueller Kurator, führte anschließend durch die „Vielfältigkeit seines 30-jährigen Schaffens“ (Lunghi). Das scheint eine Ausstellung mit unendlich kreativen und interessanten Modellen, Dokumenten, Fotografien, Videos und Plakaten gegen Krieg, Atomkraft und Kirche zu sein.
Einblicke in weniger bekannte Aspekte seines Schaffens werden auch gezeigt, etwa seine Collagen, in denen er laut Lunghi „bekannte Bilder in seinem kritischen Sinn zusammenfügte“, Werke, in denen er sich der kritischen Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte, der Gesellschaft und dem Status des Bildes widmete, sowie seine Performances und auch einen Teil seiner Textarbeiten.
In seinen Werken zeige sich seine Philosophie. Schon in der Schulzeit sei Theis „revolutionär“ gewesen, meinte Lunghi. Er sei ein Rebell gegen Etabliertes und auch speziell gegen die römisch katholische Kirche, die in Luxemburg fast schon „Staatsreligion“ ist, gewesen.
Seine feinfühlige, kritische, soziale Verantwortlichkeit zeigende Ästhetik, Humor und nochmals Humor (Cartoons) inspirieren den Betrachter sich mit gesellschaftlich kritischen Situationen auseinanderzusetzen. Kunst darf als Waffe des Denkens wahrgenommen werden.
Nachdem er die Malerei aufgegeben hatte, „um mit bereits vorhandenen Bildern arbeiten zu können“ (Lunghi), begann er in den 1990er-Jahren „Plattformen“ und „Pavillons“ zu kreieren, die Besucher – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – sichtbar machen und erhöhen.
Auch sein temporärer Pavillion ist zu sehen: 1995 repräsentierte er Luxemburg in der Kunstbiennale in Venedig mit seinem temporärer Pavillon. Dieser erregte internationales Aufsehen und Anerkennung, stellte er doch das Konzept des internationalen Kunsttreffens in der Lagunenstadt in Frage.
Sein Engagement in Bezug auf historische, gesellschaftliche und urbane Zusammenhänge führte zu vielen Aufträgen weltweit für den öffentlichen Raum. Ab 2001 war 15 Jahre lang im Kampf gegen die Gentrifizierung des Mailänder Arbeiterviertels Isola im Isola Art Center beteiligt, wo er seit 1993 lebte. Er nutzte diese kollektive Plattform von und für Künstler, Architekten, Philosophen und Bürger als Ausgangspunkt für die Errichtung einer „konkreten Utopie“ mit künstlerischen Mitteln.
Seit seinem Tod im Oktober 2016 füllen Bürger, Arbeiter, Intellektuelle und eine Generation junger Künstler seine Ideale mit dem Gemeinschaftsgarten Isola Pepe Verde und in der Kooperative RiMaflow mit Leben.
Die Luxemburger Ausstellung reiht sich in das Projekt namens „Arcipelago Bert Theis“ ein. Das umfasst Ausstellungen und Veranstaltungen nicht nur in Stadt und Staat Luxemburg, sondern über die Grenzen hinaus. Die Zusammenarbeit findet mit 2001 architecture, Cercle Cité, Stadtgemeinschaft Strasbourg, Fonds Belval, Fonds Kirchberg, LUCA Luxembourg Center for Architecture, Musée national d’histoire et d’art Luxembourg, Rotondes, Universite du Luxembourg – Master in Architecture, Stadt Luxemburg statt.
Und die Ausstellung im Mudam, die am 30. März begann, läuft noch bis zum 25. August 2019.