Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Unter dem Namen „Partner des Fortschritts“ ging es 1962 los. Zwischendurch hieß die internationale Ausstellung und der Verkauf von dekorativen Kunstgegenständen, Schmuck, Textilien und Wohnaccessoires „Importshop“. Seit 2013 heißt sie Bazaar Berlin.
Der Shop heißt jetzt Bazaar Berlin
Warum eigentlich? Wir fragten eine Stammkundin, die nur mit den Schultern zuckte, aber verriet, dass sie diesen Termin jedes Jahr rot im Kalender anstreichen würde. Im übertragenen Sinne wahrscheinlich, denn auch Kalender … sind ja vielerorts digitalisiert und rot … ja, doch, vielleicht schon.
Eigentlich ist es ganz einfach. Eine Importmesse bietet nur Erzeugnisse des Auslands an. Auf der Bazaar Berlin sind aber jetzt auch inländische Unternehmen.
Waren aus dem Inland braucht man nicht zu importieren – auf die Bazaar Berlin
Das hat der Messe gutgetan. Denn nun kann auch regional eingekauft werden, aus demselben Bundesland wie Kaffee, Bonbons und Täschchen aus der Rungestraße in Mitte oder zumindest aus dem Inland. Gemessen an den unendlichen Weiten, aus denen das Kunsthandwerk und die Souvenirs an die Berliner Gestade gelangt sind, ist die Einfuhr aus dem Saar- oder Emsland ein Witz. Nicht hingegen, was die Ökobilanz angeht. Das Kohlendioxid, dass man mit der Schule abgehakt zu haben glaubte, sitzt einem jetzt immer im Nacken. Denn falls Donald Trump Unrecht haben sollte, dann Gnade uns Gott. Das Klima jedenfalls kennt keine Gnade. Die gute Nachricht: Jetzt ist Berlin auch noch Fair-trade-Stadt geworden!
Bazaar – jetzt in der Fair-Trade-Stadt Berlin
Fairness sollte auch im Umgang mit der Umwelt gelten. Solange man noch frei wählen darf und nicht zum Kauf einer Block- statt Panflöte gezwungen wird, ist das in Ordnung. Manche Sachen sind einfach aus der Ferne schöner und auf der Bazaar Berlin konnte man wieder wie früher zu Importshop-Zeiten neue Dinge entdecken. Aus Ecken, die man noch nie gesehen hat und wohl auch nie zu Gesicht bekommen wird – außer vielleicht auf den Bildern und Präsentationen der ITB.
Vom 7. bis 11. November präsentierten rund 500 Aussteller aus der ganzen Welt ihre Produkte. Viele Kaufleute, vor allem diejenigen, die ihre eigenen Waren selbst herstellen, erzählten den Besuchern gerne von sich und ihren Erzeugnissen: ob es nun handgefertigte Schuhe, Korbwaren, Schmuck oder bemalte Weihnachtskugeln sind. Auf dieser Ausstellung von Kunsthandwerk, Design, Naturprodukten und Waren mit dem Fair-Trade-Zeichen konnten Dinge erworben werden, die es eben nicht überall zu kaufen gibt.
Erzeugnisse zum Beispiel aus Kyrgystan bzw. Kirgisien – dort, wo sie wissen, wie man Warmhaltendes herstellt
In den acht Sälen des Ausstellungskomplexes in einzigartiger Atmosphäre fand man Geschenke für jeden Geschmack. Auch aus ehemaligen Sowjetrepubliken beziehungsweise der GUS.
Zum Beispiel aus dem bergigen Kyrgystan. Kirgisische Mützen und Pantoffeln, russische Puppen und Orenburg-Gaze-Schals, Armbänder, Tücher, Umhänge und Kleider aus Ziegenfell. Die Spinnennetztücher aus dem Naturmaterial sind besonders leicht – obwohl sie extrem wärmen. Das Land der Inuit und Kyrgystan sind die zwei einzigen Territorien der Welt, bei denen Vegetarier wie Are Waerland anerkennen, dass die dort Bewohner keinen Zugang zu Obst und Gemüse haben. Zumindest nicht, bis nicht ganz Grönland immergrün ist. Doch bis dahin würden noch viele Inuit im zu weichen Eis einbrechen und elendig untergehen. Die Kirgisen wissen, wie man sich mit örtlichen Mitteln vor Kälte schützt. Den zuweilen eisigen Novemberwind hierzulande halten solche Textilien allemal ab.
Dann: Ukrainische Malerei auf Holz und Keramik – „Petrykiwka“-Malerei (englisch Petrykivka oder Petrikivka): bemalte Teekannen, Schüsseln, Anhänger und andere Schmuckstücke, jeweils Unikate: keine zwei gleichen sich.
Für die Weihnachtsfeierlichkeiten und andere Festessen gab es Lakritzlikör aus Finnland, Bioprodukte aus Österreich – Wurstwaren, Käse, Apfelchips und kandierter Ingwer, Bio-Schokolade und Avocadoöl aus Mexiko und sogar die „deutsche Antwort“ auf die italienische Küche – Pflanzenöle und Kräuterwürze von deutschen Herstellern.
Eine aktuelle Basarveranstaltung ist die Vergabe eines Fairtrade-Town-Zertifikats an die Stadt Berlin. Dieser Titel wird Gemeinden verliehen, die besonders auf faire Produktionsbedingungen und Löhne sowie auf soziale und umweltfreundliche Handelsstrukturen achten. Die Fairtrade-Towns-Kampagne läuft seit 2009. Initiator ist der Kölner Verein TransFair. Im ganzen Land wurden 566 Gemeinden mit dieser Auszeichnung ausgezeichnet. Auch wurden bereits einzelne Bezirke zertifiziert – Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz-Zehlendorf und Friedrichshain-Kreuzberg. Jetzt kam Berlin als Ganzes hinzu. Auf der Bazaar Berlin erhielt die Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe Ramona Pop die Auszeichnung.
Lanna Idriss präsentierte Gyalpa
Neben Fair-Trade-Produkten gab es an den Ständen auch Informationen zu Entwicklungsprojekten in Asien, Afrika und Lateinamerika. Teilnehmer des Basars waren mehrere öffentliche Organisationen, die sozial Benachteiligten den Markteintritt ermöglichten.
So präsentierte Lanna Idriss von der Gyalpa-Gesellschaft ihr Projekt zur Unterstützung syrischer Frauen. Produkte, die sie zu Hause herstellen – Olivenöl-Seife, Patchwork-Kleidung, Schuhe mit Applikationen – können sie nicht risikolos an den Mann bringen. Physisch ist es sehr schwierig, auf den Markt zu kommen, wenn die Gefahr besteht, dass man bombardiert wird. Diese ist oder war nicht gering, da Märkte gern unter Beschuss genommen wurden, da sich dort viele treffen. Nun müssen sie, durch die Unterstützung der Gesellschaft Gyalpa, das Haus nicht mehr verlassen – und können ihre Produkte in Deutschland verkaufen. Auf der Bazaar Berlin ist Lanna, die selbst syrische und dänische Wurzeln hat, bereits das dritte Jahr, und diesmal kann sie sich erfolgreich schätzen. Während ihre Idee anfangs bei der Öffentlichkeit eher kühl aufgenommen wurde, hat ihr Verein dieses Jahr ein professionelles Niveau erreicht und fühlt sich auf Augenhöhe gleichgestellt. Dieses Jahr stimmten Freundlichkeit, Feedback und Umsatz.
Wie jedes Jahr im November kamen rund 40.000 Besucher in die Messehallen der deutschen Hauptstadt am Fuße des Funkturms gegenüber vom ICC. Der Osteingang an der ICC-Brücke ermöglichte dieses Mal den Zugang zur Bazaar Berlin zusammen mit dem Nordeingang am Palais am Funkturm. Sie kamen, um auf diesem Markt exotischer Waren und des Kunsthandwerks aus aller Welt etwas Ungewöhnliches, Hochwertiges, Schönes oder ungewöhnlich Leckeres zu kaufen. Die vorweihnachtliche Stimmung unterstützte noch die gelöst-positive Atmosphäre.