Vom Historischen Museum zum modernen Stadtmuseum in Frankfurt – Neubeginn nach Abriss und mehr als zehnjähriger Bauzeit

Historisches Museum
Der Platz und Eingangsbau des Historischen Museums in Frankfurt am Main. © Stadt Frankfurt, Foto: Robert Halbe

Frankfurt am Main, Deutschland (Kulturexpresso). Mit der Entscheidung zur Rekonstruktion der Frankfurter Altstadt waren auch die Tage des aus den 70er Jahren stammenden Gebäudes des Historischen Museums gezählt: Endlich hatte man Grund, den ungeliebten Bau aus Sichtbeton abzureißen und duch eine historisierendere Bauform zu ersetzen. Glücklicherweise ist dabei kein weiteres Fachwerkhaus entstanden, sondern zwei schlichte Baukörper mit dazwischenliegendem Hof, die Anklänge an das Mittelalter aufnehmen ohne Modernität zu verleugnen. Dass man bei Bauarbeiten auf Überreste eines Flußhafens aus der Stauferzeit stieß, verzögerte die Fertigstellung zwar um eineinhalb Jahre und nötigte zu Umplanungen, bereicherte das Konzept aber um ein spektakuläres Exponat.

Abkehr von chronologischen Ausstellungskonzepten

Die lange Bauzeit wurde nicht nur zur Sichtung der über 600.000 Exponate umfassenden Sammlung genutzt, sondern auch zur Entwicklung einer neuen Ausstellungskonzeption. Unser Konzept von einem Museum, das für alle Besucherinnen und Besucher ein relevanter Ort ist, haben wir mit unserem Team über einen sehr langen Zeitraum mit viel Energie umgesetzt“, so Museumsdirektor Jan Gerchow. „Wir haben uns mit den Angeboten anderer Stadtmuseen intensiv auseinandergesetzt und Fachgespräche geführt. So sind viele wichtige Impulse in die Konzeption eingeflossen. Entstanden ist ein großes Spektrum von Angeboten mit unterschiedlichen Zugängen, die ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen erfüllen.“ Das Museum macht sowohl den Frankfurterinnen und Frankfurtern als auch der wachsenden Zahl von Touristen und Gästen der Stadt mit verschiedensten Vorlieben und Wahrnehmungsgewohnheiten Angebote. So werden Besucher mit geringem Zeitbudget bei der Präsentation von „Typisch Frankfurt!“ in der großen Schneekugel, einem Ausstellungsfokus, in dem acht verschiedene, von Künstlern gestaltete Stadtmodelle präsentiert werden, und der filmischen Erkundungstour des „Stauferhafens“ in kurzer Zeit einen unterhaltsamen Überblick erhalten. Frankfurterinnen und Frankfurter, die gerne selbst aktiv werden, können im „Stadtlabor“ und in der „Bibliothek der Generationen“ an den Erkundungen und der Erforschung der gegenwärtigen Stadt teilnehmen. Für die Ausstellung „Frankfurt Jetzt!“ ist die partizipative Museumsarbeit unter Einbeziehung der Stadtgesellschaft eine Grundvoraussetzung, aber auch in „Frankfurt Einst?“ gibt es Angebote zur Beteiligung, wie bei den „biografischen Kabinetten“ und in den „Studierzimmern“.

Digitale Erschließung und aktive Mitgestaltung

Den gesellschaftlichen Veränderungen durch die Digitalisierung trägt das Museum mit einem großen Spektrum von Online-Angeboten Rechnung. In allen Kernbereichen des Museums werden Besucher/innen als User angesprochen und mit ihren Expertisen zur Teilhabe eingeladen. Digitale Museumspraxis ermöglicht eine verbesserte Interaktion, direkte Vernetzung und partizipative Mitgestaltung des Museums. Zur Eröffnung werden vier digitale Projekte verfügbar sein. Das Museumsportal, das seit März online ist, bietet dafür den virtuellen Raum. Hier werden das Stadtlabor digital, die Sammlung online und die Multimedia-Guide-App (auch über mobile Leihgeräte im Museum benutzbar) bereitgestellt.

Das Museum nimmt auch die Forderung nach Inclusion ernst, nicht nur in der architektonischen Absicherung von Barrierefreiheit, sondern auch mit der Bereitstellung von Tastmodellen, taktilen Spuren, Führungen in Gebärdensprache, Anlesetexten in einfacher Sprache und einer Audiospur speziell für Sehbehinderte. Alle diese Angebote bieten aber auch einen Mehrwert für sehende und hörende Besucher/innen. Mit Projekten wie der „Bibliothek der Generationen“, für die bereits über 100 Frankfurterinnen und Frankfurter als Autoren gewonnen werden konnten oder dem „Stadtlabor“, mit dem das Museum in die Stadtteile geht und partizipative Ausstellungen und Veranstaltungen konzipiert und realisiert.

Eine halbe Stunde Besuchszeit ist definitiv zu wenig

Sicher wird es auch zukünftig Besuchergruppen, vor allem aus Asien, geben, die nach dem Besuch des Römerbergs nur noch 30 Minuten Zeit für das Stadtmuseum haben, doch wenn man nicht gerade unter solchen Zwängen steht, sollte man sich ausreichend Zeit lassen, ja, man sollte es nicht bei einem einzigen Besuch belassen.Die Ausstellungskonzeption bietet so viele unterschiedliche Zugänge zum Komplex „Stadt Frankfurt“, dass selbst alteingesessene Frankfurter darüber staunen werden, was sie bisher von ihrer „Mainmetropole“ alles noch nicht wahrgenommen haben.

Weitere Informationen unter www.historisches-museum-frankfurt.de

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