Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Mit Cristina Nord wird eine Kollegin neue Leiterin des Berlinale-Forums. Die Filmkritikerin und Autorin mit den Initialen CN oder NC hat den Numerus clausus geschafft. Die begrenzte Zahl (eigentlich der Zulassung zu einem bestimmten Studienfach). Nicht nur durfte sie sich an der Spitzen-Uni Freie Universität Berlin immatrikulieren und dort dozieren, nein, sie ist auch in den kleinen Kreis der Leiter des Forums aufgestiegen. Es kann nur einen geben, zumindest gleichzeitig. Die Internationalen Filmfestpiele Berlin (IFFB) oder kurz Berlinale werden in dieser recht unabhängigen und risikofreudigen Sektion nicht kopflos sein. Ab 1. August 2019.
Wer ist Cristina Nord?
Eine gemeinsame Pressemitteilung der Internationalen Filmfestspiele Berlin und des Instituts für Film und Videokunst (Arsenal) erhellt das Nordlichträtsel: „Die Filmkritikerin, Autorin und Kuratorin Cristina Nord übernimmt ab dem 1. August 2019 die Leitung der Sektion Forum, die seit 1971 im Rahmen der Berlinale stattfindet und in eigener Verantwortung vom Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. kuratiert und organisiert wird.
Cristina Nord (geboren 1968) war von 2002 bis 2015 als Filmredakteurin im Kulturressort der „taz. die tageszeitung“ in Berlin tätig. Ihre Veröffentlichungen beschäftigen sich mit einem breiten Spektrum filmischer Formen aus Gegenwart und Filmgeschichte. Neben ihrer mehrfach ausgezeichneten publizistischen Tätigkeit war Cristina Nord als Dozentin sowie als Kuratorin für unterschiedliche Institutionen tätig, u.a. für die Freie Universität Berlin, das Haus der Kulturen der Welt und die Duisburger Filmwoche. Nach ihrem Wechsel zum Goethe-Institut im Jahr 2015 verantwortete Cristina Nord die Leitung der Programmarbeit mit regionalem Fachauftrag für Südwesteuropa in Brüssel, wo sie Projekte aus allen kulturellen Sparten konzipierte und umsetzte, Film und Kino jedoch eng verbunden blieb.“
Was war passiert?
Einst war Christoph Terhechte, dessen Name in oben erwähnter Pressemitteilung kein einziges Mal fällt, Sektionschef vom Forum. Noch am 29. Januar 2019 gab die Berlinale zum Beispiel bekannt, dass Terhechte, „langjähriger Leiter“ der Sektion, bei der Verleihung der Berlinale-Kamera an die Filmemacherin Agnès Varda die Laudatio halten würde. Doch gab es im Januar, ausgerechnet in einer nicht nur für die Journalisten heißen Phase der Berlinale-Vorbereitung große Irritation bezüglich des Sektionsleitung. Eilig von Dritten zusammengeschusterte Mitteilungen ließen mehr Fragen offen als sie beantworteten und ließen wilden Gerüchten freien Lauf. Nun also kehrt nach Kopflosigkeit die Neue Sachlichkeit ein. So eine Personalie will auch niemand allein entscheiden, deshalb heißt es in der gemeinsamen Presse-Mitteilung weiter:
„Der Vorstand des Arsenals, seit 2004 bestehend aus Milena Gregor, Birgit Kohler und Stefanie Schulte Strathaus freut sich, Cristina Nord in Abstimmung mit der Berlinale-Leitung sowie der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) als Leiterin des Forums gewonnen zu haben.“
Im Filmbereich gibt es einen Verein Pro Quote. Über die 100%ige Frauenquote im Arsenalvorstand – für Mathematikferne sei angemerkt. Mehr geht nicht – wird sich Pro Quote wohl genauso freuen wie darüber, dass der Beauftragte der Bundesregierung zur Zeit eine Frau ist (folglich die) und die Berlinale-Leitung halbe-halbe besetzt ist. Drei Frauen halfen einer vierten in den Sattel. Das kann man machen. Weil das Geschlecht so übermäßig ins Bewusstsein gedrängt wird als gäbe es nichts Wichtigeres, sei einfach nur neutral darauf hingewiesen.
Der einstige Leiter und die zukünftige Leiterin sorgen kurz vor dem 50jährigen Forumsbestehen kurzfristig für eine 50/50 Verteilung in Bezug auf „Gender“.
Cristina Nord: Eine diskursvertraute Kino-Kennerin-cum-Kuratorin
„Ihr Profil macht sie zur idealen Kandidatin, den seit jeher experimentier- und diskursfreudigen Charakter des Forums in enger Verbindung mit den Aktivitäten des Arsenals weiter zu schärfen und dabei neue, eigene Impulse zu setzen. Neben hervorragender Kenntnis des zeitgenössischen internationalen Kinos sowie der Filmgeschichte bringt sie vielfältige kuratorische Erfahrungen mit und ist nicht nur mit filmkulturellen Fragestellungen, sondern auch mit verschiedenen aktuellen Diskursen vertraut. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit, die mit der Vorbereitung des 50. Jubiläums des Forums beginnt“, so der Vorstand des Arsenals.“
Na, dann. Na, fein.
Das 50. Jubiläum? Oder das Jubiläum 50 Jahre Forum?
Und
Was sagt Cristina Nord dazu?
„Das Berlinale-Forum „bietet seinem Publikum die Möglichkeit, junge, experimentelle und essayistische Formen des Films zu entdecken. Es gewährt vielen unterschiedlichen Spielarten des Kinos Raum und eröffnet damit neue Wege für die Wahrnehmung. Der internationale Zugang, das Bewusstsein für Filmgeschichte und die Lust daran, mit und in Filmen zu denken und Gesellschaft zu reflektieren, sind beispielhaft. An dieses Erbe anzuknüpfen und es unter sich verändernden Bedingungen in die Zukunft zu führen, ist eine Aufgabe, der ich mit großer Freude entgegenblicke. Dem Vorstand des Arsenals bin ich dankbar für das Vertrauen, das er in mich setzt“, kommentiert Cristina Nord.“
Tücken der Rechtschreibung
Wir werden sehen, welche Medien Korrekturleser haben und welche nicht. Wir sind gespannt, wie oft spätestens ab Januar 2020 Frau Nord mit dem Vornamen Christina oder Kristina in Verbindung gebracht wird. Die Erfahrung zeigt, dass der Mangel an Lektoren nicht ausschließen lässt, dass auch der Vorname Christiane in diesem Zusammenhang auftauchen wird.
Forum-Expanded-Chefin Stefanie Schulte Strathaus kann ein Lied davon singen, wie oft und hartnäckig Fehler abgedruckt und -geschrieben werden. Bei SSS wurde immer wieder ein falscher Bindestrich eingefügt nach dem Vorbild von Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK).
Jedenfalls ist Cristina Nord nicht CNN.
Forum Expanded der Berlinale unverändert geleitet
Am Ende der Pressemitteilung wird zur Vermeidung von Missverständnissen und für alle, die nicht aufgepasst haben, konstatiert, was nicht neu ist: Die Berlinale-Sektion „Forum Expanded wird weiterhin von Stefanie Schulte Strathaus geleitet, die das Programm 2006 gemeinsam mit Anselm Franke initiiert hat.“