Weimar, Deutschland (Kulturexpresso). Wanderer, kommst Du nach Weimar …, dann sollte man nicht versäumen, auf den Berg über der Klassik-Stadt zu fahren, um dort das Schloss Ettersburg und seine einmalige gärtnerische Schönheit zu bewundern und dann etwa einen Kilometer weiter zur Gedenkstätte KZ Buchenwald zu wandern. Dicht, sehr dicht beieinander: Ein Juwel und ein Schandfleck.
Das Schloss gibt es seit einigen hundert Jahren auf dem Ettersberg über Weimar, in einer Höhe von 474 Meter. Es hat eine bewegte Geschichte. Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar ließ es zwischen 1706 und 1712 erbauen, als dreiflügeliges, schmuckloses Gebäude – denn in den umliegenden Wäldern, vorwiegend aus Buchen, jagte er gern. Zehn Jahre nach Eröffnung ließ er gegenüber das dreigeschossige Neue Schloss errichten, das heute als Hotel dient. Erst durch Herzog Ernst August, den Neffen und Nachfolger des Gründers, wurde der Ursprungsbau schlossartig – durch einen Umbau, mehr aber noch durch eine imposante Freitreppe, von der aus die wunderschöne Parkanlage im Stil eines englischen Landschaftsgartens zu überblicken ist. Die damaligen Landschaftsarchitekten Eduard Petzold und Hermann von Pückler-Muskau schufen ein Parkensemble, das noch heute zu den schönsten Deutschlands gezählt werden darf. Pückler-Muskau: „Anmutige Natur, herrlicher Buchenwald, bescheidenes Schlösschen“.
„Weimarisch“ im Sinne der deutschen Klassik wurde Schloss Ettersburg erst nach 1776, nach dem Regierungsantritt von Herzog Carl August: Herzoginmutter Anna Amalia erhob das Schlösschen zu ihrem Sommersitz und gründete ihren berühmten literarisch-musischen Intellektuellenkreis. Dazu gehörten Goethe, Schiller, Herder, Wieland, der Märchenerzähler Musäus und die Schauspielerin Corona Schröter. Friedrich Schiller vollendete hier 1800 sein Drama „Maria Stuart“.
Weder Nazis noch Kommunisten hatten viel für Schloss Ettersburg übrig. Das änderte sich spürbar und sehenswert erst nach der Wiedervereinigung Deutschlands – rund neun Millionen Euro machten auch aus diesem Teil des Ettersberges bei Weimar eine blühende Landschaft.
In etwa einem Kilometer Entfernung begannen die Nazis 1937 mit der Errichtung des KZ Buchenwald, eines der größten Konzentrationslager auf dem deutschem Boden. Insgesamt waren hier 266 000 Menschen inhaftiert – 56 000 kamen ums Leben. Am 11.April 1945, nur Stunden vor der Befreiung durch die in Thüringen einmarschierten US-Truppen, übernahmen wohlorganisierte KZ-Insassen das Lager – die meisten SS-Schergen waren schon geflohen. 1947 mussten sich 31 Personen wegen Verbrechen im KZ Buchenwald vor einem US-Militärgericht verantworten. Verhängt wurden 22 Todesurteile, von denen bis1951 neun vollstreckt wurden.
Nachdem die Amerikaner Thüringen an die Rote Armee übergeben hatten, eröffneten die Sowjets das KZ Buchenwald wieder. Als „Sonderlager 2“. Es existierte bis 1950, also auch noch zu DDR-Zeiten. Insgesamt waren im kommunistischen Buchenwald 28 000 politische Häftlinge inhaftiert. Etwa 7 000 starben – nicht wenige wurden aus Buchenwald nach Sibirien verschleppt.
Abschließend etwas zu den ersten Worten dieses Artikels. Sie beziehen sich auf den Spruch „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl“. Das wiederum bezieht sich auf die Thermopylen-Schlacht 480 v. Chr., als sich die Griechen gegen eine persische Übermacht verteidigten. Der Spruch wird Simonides von Keos zugeschrieben, war auf einem Grabstein gefunden worden – und von Gottfried Herder (1744 – 1803) als „Grundsatz der höchsten politischen Tugend gewürdigt worden.“
Reisehinweise:
Zu Schloss und Hotel Ettersburg fährt die Linie 4 von Weimars Goetheplatz. 25 bis 30 Minuten.
4-Sterne-Hotel Ettersburg, Telefon: 03643 427 687. Restaurant: 03643 284 10. Geöffnet ab 12 Uhr.