Drei Belgrader Kids retten die Welt – Zum Roman „Die verschissene Zeit“ von Barbi Markovic

"Die verschissene Zeit", ein Roman von Barbi Markovic. © Residenz-Verlag

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Im bürgerkriegsversehrten Scheiss-Belgrad, genauer im Kackviertel Banovo brdo der 90er, turnen die drei Kids Kassandra, Marko und dessen Schwester Vanja durch die Zeit, um Belgrad und vielleicht die ganze Menschheit vor dem größten Scheissehaufen den die Welt je gesehen hat, zu bewahren.

„O Scheiße, alles in den Schwanz!“

Der Schlüssel zum Desasterstop hängt vielleicht um den räudigen Hals des Kommandanten, des grüßten Arschlochs aller Zeiten, jedenfalls hat ihnen das eine ziemlich irre Turbofolksängerin geflüstert, oder war es ihr nicht minder wahnsinniger Mann, seines Zeichens der Schöpfer/Erwecker des Bösen.

„Bist du drogensüchtig?, fragst du. Ich fürchte schon, sagt Marko.“

Oder hat doch Jugoslawiens allmächtiger Vaterschwanz Tito mit der Sache zu tun? Liegt es daran, dass er komische Marschallstäbe sammelte und von jedem Diktator aus nach und fern einen geschenkt bekam? Phallus hin und Phallus her.

„Was fürn Vaterschwanz? Was hat Tito mit den Allneunzigern zu tun?“

Eine Romakönigin, neue Drogen und Technologien und ungeahnte Sexpraktiken fluten die Stadt, wo bis vor kurzem noch Vati seinen Schnauzer wichste und Mutti von Chanel  N°5 träumte. Aber warum muss Vati ein Bein gebrochen werden? Na, damit er nicht im Scheissbürgerkrieg verreckt!

„Und was ist, wenn er noch mehr Scheiße baut!“

Vielleicht weint ihr beim letzten Satz ein bisschen, vielleicht denkt ihr einen Moment nach. Vielleicht flüstert/schreit ihr „Alles Schwanz“ und holt euch das nächste Bier, um es gemeinsam mit einer superfetten Belgrader Pleskavica zu mampfen?

„Du musst sofort wegschauen, um nicht noch mal zu kotzen, und setzt dich dann woanders hin“

Weil nur die selbsterlebte Scheisse die richtige Scheisse ist: Barbi Marković weiß was sie schreibt, sie ist in Belgrad aufgewachsen und studierte dort Germanistik. Sie kennt jeden Hundehaufen der Stadt und schafft mit ihrer genial brettharten Sprache wundervollen Lesegenuß.

Schöne Superscheisse: um den Ganzen die braune Schaumkrone aufzusetzen, hat Frau Marković auch noch ein Rollenspiel entwickelt. Um ihre eigene Genialität zu potenzieren, jaja!.

Darin können wir den Roman nachspielen und womöglich zu einem anderen Ende führen. Einmal Göttin sein! Fuckig Fun, ganze 65 Seiten Anleitung zum Spielspaß feudeln uns mit original serbischem Schmutzsaft. Wer das Spiel überlebt, ist reif für das Grusel-Belgrad der 90er = Natobomben, serbische Nationalisten, Suff und gefakte Markenware, Kriminelle an jeder Ecke… kackophoniert durch Turbovolk und die Ansprachen des GröFaZ Milosevic.

Schönster Satz: „Die Bambalić-Zwillinge gehen in die siebte Klasse, und angeblich haben sie schon Katzen angezündet, jemanden ermordet und Sex gehabt.“

Das Buch des Herbstes schrieb Barbi Marković!

Gebt ihr alle Preise, sie hat jeden einzelnen verdient!

Bibliographische Angaben

Barbi Markovic, Die verschissene Zeit, 304 Seiten, mit Beiheft, Klappenbroschur, Format: 125 x 205 mm, Verlag: Residenz-Verlag, Salzburg, 1. Auflage, 24.8.2021, ISBN: 9783701716982, Preise: 24 EUR (Österreich)

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