Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Obwohl man weiß, dass während einer Fußball-EM oder-WM (Weltmeisterschaft) wichtige Dinge beschlossen werden, während die Augen vieler (Männer? und Frauen und anderer) auf das faszinierende Fußballspiel sogenannter Nationalmannschaften gelenkt ist (ach nein, die heißen ja jetzt Nationalteams, sorry), können viele, viele Tausende bei einem solchen Ereignis nicht weggucken. Das nutzen angeblich die Herrschenden. Aber so wie das Kind nicht aus Vernunft die Süßigkeiten weglassen kann, können Fußballsüchtige die EM der Fußballherren, die jetzt neuerdings „Euro“ heißen soll (obwohl der Begriff schon reserviert ist für die (teil-)“europäische“ Kunstwährung), nicht nicht gucken. Man redet lieber über Fußball und Fußballspieler als über einen Rotverstoß an der Ampel oder über das, was an oder mit einer Ampel sonst noch so alles schiefgehen kann. Fußballgeschichte und Musik zum Beispiel ist etwas Passendes. Gunnar Leue schreibt darüber in You’ll never sing alone und liest daraus im „bauhaus reuse“.
Fußballgeschichte und Musik als Thema, das im Moment vielleicht gern angehört wird
Da Kulturveranstaltungen sonst kaum noch frequentiert werden während der Fußball-EM (etwa vom 14.6. bis zum 9.7.2024), versucht man in der Zeit mit dem Thema Fußball zu punkten. Vielleicht in der Hoffnung, einmal Hingelockte auch in Zukunft für Kultur zu begeistern können. Ab Mitte Juli ist die Welt ja wieder normal.
Tatsächlich ging neulich die Nachricht über den Ticker, dass die Fußball-EM im „eigenen Land“ – nicht in dem Sinne, dass den Deutschen die Bundesrepublik Deutschland gehöre, da irren sich einige gehörig, aber das gehört nicht hierhin und sich vielleicht auch nicht, das anzusprechen – KEINEN wirtschaftlichen Vorteil für das Land bedeuten würde. Manche hatten mit diesem Argument für die „Heim-EM“ geworben, eine Fußball-EM, die natürlich nicht im eigenen Heim, zum Beispiel Eigenheim, stattfindet. Oder doch auch, da die Fernseher und Rechner und Handys auch daheim den Fußballerschweiß und -schmerz ins Wohnzimmer bringen und dort nur selten eine gute, erhabene Atmosphäre verbreiten.
Neben der hohen Kosten für solch eine Massenveranstaltung in einem knappen Dutzend deutscher Städte wird das Geld ja nicht einfach zusätzlich ausgegeben.
Gute Scheine bei schlechten Karten
Ein Beispiel: Der Filmpalast, ein Lüneburger Kino, verteilt unter gewissen Bedingungen übertragbare Gutscheine, die 40 Prozent auf den regulären Eintrittspreis an der Tages- oder Abendkasse gewähren. Es ist klar, das zwischen dem 14. Juni und bis zum Ende der ersten Julidekade weniger Leute ins Kino gehen. Fußballfans haben dann einfach keine Zeit mehr und nach dem Besuch von Gaststätten und privater Fanzonen auch weniger Geld in der Tasche. Die Länge der vielen Spiele, 51 an der Zahl, und die ab dem bevorstehenden Achtelfinale erwartbaren Verlängerungen und Elfmeterschießen müssen ausgehalten werden. Eigener Proviant kann vor großen Gemeinschaftsbildschirmen nicht verzehrt werden.
Das gleiche gilt für Getränke, von denen im Juni und Juli wegen der Wärme erfahrungsgemäß noch mehr nachgefragt werden. Zudem dienen die Pfandbecher, die gern aufs Spielfeld oder an seinen Rand geworfen werden, als Meinungsäußerung bei Unmut wie Begeisterung. Zeit zum Entleeren in die Kehle bleibt bei einem Tor oder überraschenden Strafstoß nicht mehr. Gleich steigt der Bierumsatz. Und die jeweils 3 Euro Pfandgeld fehlen dem Zuschauer auch. Da hat das Kino schlechte Karten und reagiert mit Gutscheinen.
Das Geld wird also einfach für etwas anderes ausgegeben. Wünscht der Sohn einen „offiziellen“ Uefa-Fußball 2024 – 2028 wird der schon wieder obsolet sein – fallen locker schlappe 150 Euro an. Die „Euro“, ergo die Fußball-EM, ist für den Verbraucher teuer und anstrengend. Der eigene Garten und die gesellschaftlichen Kontakte können nicht mehr gepflegt werden; viel Arbeit bleibt liegen. Manche nehmen Urlaub. Um sich nach dem Gröhlen wegen Heiserkeit krankschreiben zu lassen. Kater gibt es auch. Sie helfen weder der (Volks-)Gesundheit noch der Produktivität.
Und ein (verbotener) Fußballkorso wie nach dem Türkeispiel am Mittwochabend schadet der Luftqualität, verhindert Durchgangsverkehr und stört die Nachtruhe.
Fußballgeschichte und Musik: Gunnar Leue liest aus seinem Buch „You’ll never sing alone – Wie Musik in den Fußball kam“
Auch Gunnar Leues Buch von 2010 („Football’s coming home. Die großen Momente der Fußballpopgeschichte„) ist ein Wortspiel. Das Lied aus dem Titel kann auch gesungen werden. Einzelheiten wohl auf den 304 Seiten des im Knaur-Verlag erschienenen Buches. Die ISB-Nr. lautet 3426782774 (Internationale Standard-Buchnummer).
Was, wann, wo?
Was? Lesung zu Fußballgeschichte und Musik mit Autor Gunnar Leue.
Wann? Die Veranstaltung ist am Freitag, den 28. Juni um 18 Uhr.
Wo? Im „Bauhaus reuse“ (sprich Ri-juuhs). Das bauhaus reuse gibt es im Netz mehrfach, vielleicht war das 2012 auf dem Tempelhofer Feld aufgebaute das gleiche. Wiederbenutzbarkeit (reuse) von temporären Bauten ist Programm. Im Reuse-Sprech ist gerade Projektwoche. Warum jetzt? Der 28. Juni ist ein fußballfreier Tag. Zum Sommeranfang und am Johannistag, dem 24.6., hatten viele etwas anderes vor. Viele leiden am 27. und 28. an Entzugserscheinungen. Die Beschäftigung mit Fußballgeschichte und Musik lässt gute Erinnerungen aufkommen. Wer weiß, vielleicht sind wir auch nur deshalb heute zum Schreiben gekommen, weil auch der 27.6. ja ein Fußball-EM-freier Tag war.
Bauhaus reuse ist ein „selbst“ in einem „Projekt“ aufgebautes Gebäude auf dem Ernst-Reuter-Platz auf der Mittelinsel. Sie ist durch den U-Bahn-Tunnel zu erreichen. Der Eingang zum Ausgang befindet sich in der Nähe des Kiosks neben dem Bahnsteig Richtung Olympiastadion (bzw. Theo bzw. Ruhleben). Den Schildern „Mittelinsel“ folgen. Diese Insel ist eine große Verkehrsinsel mitten in einem von Fahranfängern gefürchteten Kreisverkehr. (Auf dem Breitscheidplatz an der Bikini-Flanke nahe der Ecke zum Zoo-Palast steht ein TINY HOUSE, an dem Plakate auf die Veranstaltung hinweisen. Ein solches könnte man wohl auch „Bauhaus reuse“ nennen? Aus aktuellem Anlass auf dem Platz an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Wegen der EM stehen dort Fressbuden und ein Großbildschirm-Würfel. Bauhaus reuse steht auch für Klimaschutz und 17 Ziele für ein Agenda 2030, das als Hinweis nebenbei.
Englisch ist die dort bei Aushängen vorzugsweise benutzte Sprache..
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