Geld her oder Der Bitcoinaufstand aus Dackelzüchterperspektive – Zum Sachbuch „Die orange Pille“ von Ijoma Mangold

"Die orange Pille" vonIjoma Mangold. © dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ist es wirklich schon so weit? Zählt der deutsche Michel voll Angst vorm Untergang des Finanzsystems im stillen Kämmerlein sein Bargeld und versucht, die Penunze möglichst gewinnbringend zu mehren? Was sagt oder schreibt Ijoma Mangold dazu?

Manchem Zeitgeistapologeten mit Düsengang fällt nun sofort der Bitcoin ein. In Bargeld baden war gestern! Heute heisst der Lieblingstraum aller Dünnbrettbohrer: In der Abgeschiedenheit der Natur auf der eigenen stacheldrahtbewehrten Scholle Bitcoins hüten und dem Rest der unbelehrbaren Menschheit den Daumen zu zeigen, sollen sich alle doch selbst ficken. Obgleich der Bitcoin in den letzten Monaten rund ein Drittel seines Wertes verloren hat und getrost als Geldvernichter bezeichnet werden kann, gibt es genug arme Seelen, die in ihm die Zukunft der Menschheit sehen. Mangold ist einer von ihnen, und wird im Internet von Anhängern, Bitcoin-Verkäufern und Spekulanten des Bitcoins euphorisch gefeiert. Er ist bestimmt nicht von bösen Mächten gekauft worden, da sind wir wohl alle einer Meinung, oder etwa nicht? Auch die Kundenrezensionen auf der Seite des Buchteufels Amazon lassen nur versierte Schelme auf die Idee kommen, sie wären gekauft. Hoffentlich nicht mit Bitcoin, sondern dem guten alten Euro, dem Rubel, dem Dollar.

Beschäftigt man sich mit der Bitcoinpropagandaschwarte, fällt sofort dieser nervig quengelige Ton auf, der wohl Ironie darstellen soll. Ein versierter Büchermacher weiß natürlich, um die Ente fett zu machen, reicht nicht allein das gute Korn. Auch Grünzeug, Wasser usw. müssen dem Vieh eingeflößt werden, damit es Weihnachten ordentlich die Teller füllt.

Mangold ist ein braves Kind des Kapitalismus, sein Buch tut keinem weh, außer vielleicht denen, die es aus Versehen kaufen (und in der Folge Bitcoins), um in ein paar Monaten zu erfahren, das Spekulieren gelernt sein muss und der beste Spekulant jener ist, der am Hebel der Macht sitzt. Dank Gehilfen wie Mangold muss man sich um die fortwährende Dummheit und Gier der Menschheit keine Sorgen machen.

Um es mit den Worten eines guten Freundes zu sagen: seit ich in 22 Mangold traf und er mir vom Bitcoin vorschwärmte, in diesen ich sogleich aus Neugier investierte, habe ich nur ein Drittel meines Geldes verloren. Dann Prost, Gevatter M., und immer schön oben schwimmen, wenn die Sintflut naht.

Bibliographische Angaben

Ijoma Mangold, Die orange Pille, Warum Bitcoin weit mehr als nur ein neues Geld ist, 256 Seiten, Format: 12,8 x 21,0 cm, Verlag: dtv, München, 3. Auflage 16.3.2023, ISBN: ‎ 978-3-423-28312-0, Preis: 24 EUR (Deutschland) 24,70 (Österreich)

Anmerkungen:

Siehe die Beiträge

im WELTEXPRESS.

Anzeige

Vorheriger Artikel„Sibelius’ klangmalerische Fünfte“ oder Drei „finnische“ Spätabende mit Mikko Franck in der Philharmonie Berlin
Nächster Artikel„Warum ich mit Friesentee grundiere“ oder Von der Nordsee an den Starnberger See: OTTO-Ausstellung im Buchheim Museum