Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Wohl wahr, dass „eine Familie … über Populismus, Werte und politisches Engagement“ redet, wie der Untertitel des Buches „Widerrede!“ von Martin Roth, das 2017 in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung namens Verlag und Buchhandlung der Evangelischen Gesellschaft erschien, andeutet.
Dabei ist bereits die GmbH einer dieser Widersprüche und zugleich eine von vielen Erscheinungsformen einer Gesellschaft der Ware und des Spektakels, auch wenn bei der Aufzählung wirklich wichtiger Wesensmerkmale der aktuellen kapitalistischen Gesellschaft der Shareholder Value heute bei vielen Rednern an erster Stelle steht. Doch der ist nur die Spitze des Eisbergs, der sich im Jahrhunderte währenden Verhältnis von Reichtum und Religion herauskristallisiert hat.
Nein, nichts davon steht in Roths Widerrede, die in der Schublade Idealismus verschwinden kann, weil falsches Erklären schlicht das Ergebnis von falschem Verstehen ist. Dass die Kritik daraufhin in einem „Plädoyer für eine neue, intensive Diskussion zwischen den Generationen und mehr Engagement für unsere Demokratie“ (sic!) besteht, um Bestehendes wie die EU zu bewahren, das wundert wenig. Richtig, Martin Roth bedauert den Brexit. Ich würde mich sogar über den Untergang der übrig gebliebenen Großbriten samt ihres mit Kreuz und Knute zwangsvereinigten Königreiches freuen. Fuck dem London-Kapitalismus!
Nebenbei bemerkt gilt das viel zitierte „Fuck the EU“ von US-Amerikanern wie Victoria Nuland auch für die Belogenen und Betrogenen auf dieser Seite des NATO-Atlantiks und das mehr denn je. Mit anderen Worten: Scheiß auf die EU, aber voll! Denn die EU dient wie die NATO dazu, die Deutschen zu kontrollieren, klein zu halten und kaputt zu machen.
Der Inhalt des annähernd 100 Seiten im ungefähren A5-Format umfassenden Buches, das sich in Vorwort und Einleitung, Hauptteil mit Reden über Deutschland, Europa, die Welt und Interview sowie einen Schluss, in dem es heißt, dass Johanna Henkel-Waldhofer „den roten Faden der „Widerrede!“ ersonnen, „die Diskussionen der Familien“ koordiniert und „die Texte“ zusammengeführt habe, gliedert, gibt darüber keine Auskunft.
Das Nachwort beinhaltet zudem Danksagungen und den Hinweis, dass es zu dem Buch „digitale Seiten“ gebe und zwar unter www.widerrede-buch.de, auf denen sowohl „Anregungen für das eigene Engagement“ als auch „Adressen von Initiativen und Aktionen zusammengestellt“ seien.
Denn darauf zielt das Buch, das durchaus als „Appell für mehr politisches Engagement“ verstanden werden kann, ab: mit der NATO und der EU zu gehen wie mit der Konjunktur des Kapitals. Das aber ist widerlicher Aftergang und weder Widerrede noch Widerstand.
Bibliographische Angaben
Martin Roth, Widerrede!, Eine Familie diskutiert über Populismus, Werte und politisches Engagement, 95 Seiten, Verlag und Buchhandlung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart, 1. Auflage, Stuttgart 2017, ISBN: 978-3-945369-45-6