Berlin, Timbuktu, Deutschland, nicht Mali (Kulturexpresso). Johannes Ehrmann las aus seinem Buch „Söhne der Freiheit. Eine deutsche Einwandererfamilie und die Gründung der Vereinigten Staaten“ – verlegt bei Klett-Cotta – in der Berliner Buchhandlung Timbooktu am 11.10.2023, einem Mittwoch, von 20 bis 22 Uhr.
Es war nicht die erste Lesung des gerade im September ’23 neu erschienenen Buches über deutsche Auswanderer, die in Nordamerika Revolution machten. Das war 1776. Vielleicht ist deswegen die Revolution von 1848 so zaghaft verlaufen: die Gebliebenen hatten weniger Mumm. Wer die mutige Entscheidung, auszuwandern traf und das überlebte, war gestählt. Wer rübermachte (DDR-Sprech) über den großen Teich (den Atlantik, nach dem die Atlantiker und Atlantis benannt sind).
Ohne die Deutschen hätte man die Engländer nicht besiegen können, denn es waren viele. Nach dem Unabhängigkeitskrieg waren es weniger. Wegen der Gefallenen. Eigentlich waren die Germans die Underdogs dort. Warum? Weil andere obenauf sein wollten und es konnten. Trotzdem, das ist ja bekannt, hätte deutsch die Amtssprache der Vereinigten Staaten von Amerika sein können. Viel hat da nicht gefehlt. In Pennsylvania und Texas gab und gibt es deutsche Sprachinseln mit eigenen Dialekten. So wie Lemberg mit seinen Vororten eine polnische Sprachinsel in der Westukraine ist. Ein WASP ist eben ein „White Anglo-Saxon Protestant“. Auch wenn die Deutschen weiß und teils sächsisch oder niedersächsisch oder sachsen-anhaltinisch waren, „Anglo“ waren sie eben nicht. Dafür waren viele evangelisch oder lutherisch und protestierten gegen die Kolonialherren erfolgreich; riskierten ihr Leben erneut.
Die Unabhängigkeitserklärung und Verfassung der USA sind entscheidend. Wie man bei Buchportalen leicht nachlesen kann, spricht „die amerikanische Revolution“ deutsch.
Und als am 4. Juli 1776 die Vereinigten Staaten von Amerika in Philadelphia (sic!) seine Unabhängigkeit von Großbritannien erklären, „machen sich zwei deutsche Einwanderer nur wenige Straßen weiter an deren erste und wichtigste Übersetzung.“
Die Geschichte Englands, Hannovers (Lüneburg-Braunschweig oder Lunenburg-Brunswick) und Nordamerikas ist in den entscheidenden Grundzügen zuwenig bekannt – Johannes Ehrmann versucht, mit seiner Sicht etwas Abhilfe zu schaffen
Dabei war der Kurfürst von Lüneburg-Braunschweig, dem späteren Kurhannover und Königreich, der König von England. Erst im 19. Jahrhundert änderte sich das und Preußens Hannover, seit Napoleons Streich 1806 kein Kurhannover mehr, war mit seinem welfischen Recht der Grund für die Weggabelung. Es ging um gender, das Geschlecht. In dem Adelsgeschlecht durfte in Hannover nur ein Mann nachfolgen, in England auch eine Frau. Da sich (leider) hier die Wege teilten, war ein späterer Krieg, der alles kaputtmachte – der Weltbrand genannte Weltkrieg, heute auch Erster WK genannt – überhaupt erst möglich geworden. Obwohl es noch fast 100 Jahre dauerte. Jedoch hätte ein König von Hannover, der König von England ist, sich nicht selbst bekämpfen können, außer durch Selbstmord.
Der recht junge Buchautor Johannes Ehrmann – Jahrgang 1983, als andere schon ihr Abitur ablegten – studierte Amerikanistik. Laut Website des Verfassers der „Söhne der Freiheit“ studierte Johannes Ehrmann in Berlin und Philadelphia, was bekanntlich im stark deutsch geprägten Pennsylvania liegt weit im Osten der Vereinigten Staaten und nicht weit von Washington, D.C. und den Gründerstaaten Maryland usw. entfernt. Die Website weiß weiter vom „Master-Abschluss in Geschichte an der University of Pennsylvania“. In Deutschland ist der Journalist und Autor im Machtzentrum, in den Vereinigten Staaten schloss er sein Studium amerikanischen Sprache, Kultur und Geschichte an einem Ort ab, dass bestimmt Quellen zum Thema in Archiven und Bibliotheken bereithält.
Ehrmann: Berlin, Tagesspiegel-Zeit
Johannes Ehrmann war lange „frei“, freier Autor beim „Tagesspiegel“. Seit 2021 ist er Redakteur bei „Zeit-online“ – er schreibt es auf der Website mit Großbuchstaben – und gibt als Adresse die Schöneberger Straße unten am Hafenplatz an. Die online-Leute der Hamburger „ZEIT“ saßen am Askanischen Platz. Dort residiert, am Anhalter Bahnhof, auch der „Tagesspiegel“, seit er die Potsdamer Straße verlassen hatte.
Auch die Tageszeitung „taz“ verließ ja ihr angestammtes Terrain, den Wedding, um ins Zeitungsviertel zu ziehen und vielleicht etwas staatstragender zu werden – und damit immer weniger ihren ursprünglichen Ansprüchen gerecht. Die „Tageszeitung“ saß im Wedding, als der noch ein eigener Bezirk war. Seit 2001 ist er zwar ein Ortsteil von Mitte, genau wie der neu geschaffene Gesundbrunnen, aber das reichte diesen Zeitungsleuten und Kollegen wohl nicht.
Johannes Ehrmann schrieb über den Wedding mit dem Stabreim „Wilder, weiter, Wedding“ und heimste dafür den Theodor-Wolff-Preis 2014 ein. Ein Jahr zuvor schon den Grimme-Online-Award 2013 mit den „11 Freunden“. Also Fußball. Fußball, Wedding/ Berlin, USA, das waren seine Themen. Der Arzt und Autor Joe Dispenza („Du bist dein Placebo“) empfiehlt Fußball und Hockey einem Volk gar nicht, da der Kontaktsport – wenn auch nicht so schlimm wie Rugby und seine nordamerikanische Variante – zu Hirnverletzungen führen kann und das Hirn einfach zu wichtig ist.
Unvollständiger Lesungskalender
Lesungen in Berlin
11.10.2023 Timbooktu in Berlin, Joachim-Friedrichstraße Ecke Ku’damm 100 am Agathe-Lasch-Platz, 20 Uhr, Eintritt 5 Euro. Ohne Moderation, was es für den Autor etwas anstrengender machte. Dafür wählte er drei Stellen aus, aus denen er zitierte; eine mehr als sonst.
Nun folgen laut Auskunft des Autors noch 5-6 Termine 2023 und weitere 2024. Der nächste gleich am 12. Oktober, einem Donnerstag.
12.10.’23, 18 Uhr Lesung (auch auf englisch) und Gespräch, Fulbright Germany, Ort: ESMT Berlin (European School of Management and Technology Berlin, eine private, den Universitäten gleichgestellte Wirtschaftshochschule, Website esmt.berlin, Tel. 030 212310), Schloßplatz 1, 10178 Berlin, eine öffentliche Veranstaltung. Anfahrt: Das ist auf der Spreeinsel und so heißt auch die Bushaltestelle des 147er BVG-Busses. Es ist das Gebäude südlich des leicht verändert wiederaufgebauten Berliner Schlosses, in das die DDR das original Schlossportal hatte einbauen lassen, bevor die DDR-Führung das Schloss sprengen ließ und an der Stelle den „Palast der Republik“ baute.
Eintrittskarten beim Veranstalter.
Lesungen in Kaiserslautern und Saarbrücken
Lesung Montag, 23. Oktober ’23, 19 Uhr, Pestelstraße 2, 66119 Saarbrücken, Lage: südlich der Saar, nicht weit vom Landtag des Saarlandes entfernt. (Östlich des Landtages und des barocken Schlosses.) Anfahrt: ÖPNV: Bus 105, 108, 121 bis Spichererbergstraße oder Hardenbergstraße. Mit dem Auto A620, Ausfahrt 18. Vom saarländischen Staatstheater oder Saarlandmuseum aus kommend über die Bismarckbrücke fahren und dann rechts halten in die Franz-Josef-Röder-Straße, von dieser aus ist die Pestel- die dritte links.
Mittwoch, 25. Oktober ’23, 18 Uhr, Benzinoring 6, 67657 Kaiserslautern. Anfahrt: Bus 136 oder 137 bis Haltestelle Stadtmauer und dann durch die Ottostraße. Oder: SWK 104, Haltestelle Hackstraße und dann einfach den Benzinoring nach Westen. – Das ist ziemlich weit nördlich des Hauptbahnhofs in der Nähe vom Kaiserbrunnen. Dagegen ist es vom Bahnhof zum Fritz-Walter-Stadion gleich nebenan ein Katzensprung.
Inhaltlich auch, verfasste Johannes Ehrmann doch als erstes Buch „Wenn der Betze bebt“ (Ehrmann hat es auch mit Alliterationen). Der Betze ist der Betzenberg bzw. das Fußballstadion.
Weitere Details und in Zukunft weitere Termine auf der Website des Verlags.
Bibliographische Angaben
Johannes Ehrmann, Söhne der Freiheit. Eine deutsche Einwandererfamilie und die Gründung der Vereinigten Staaten, 320 Seiten, Verlag: Klett-Cotta, Klett-Cotta-Verlag (J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH), Stuttgart, 1. Auflage September 2023, ISBN-13: 978-3-608-98718-8, Preis: 25 Euro (Deutschland).