Marathonlauf Berlin – eher gesellschaftliche, denn Sportveranstaltung

Zwei glückliche Marathonläufer mit ihren Medaillen am Abend des 29. September. Jonas Schreiner und Sven Butterweck. © 2019, Foto/BU: Andreas Hagemoser

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Marathonlauf Berlin – für viele die wichtigste Veranstaltung des Jahres. Fernab der Frage, wer gewonnen hat – eine typische Fragestellung für Sportveranstaltungen – sind viele Menschen glücklich geworden. Einige wegen der Endorphine beim Laufen, andere wegen des spannenden Rennens, wieder andere einfach, weil sie dabei waren. Dieter Hallervorden hatte es in einem Spielfilm vorgemacht, in dem er als alter Mann ins Olympiastadion einläuft. Apropos Olympia: „Dabei sein ist alles“ gilt für viele hier wirklich. Am Abend des Hauptlauftages, des Sonntages, treffen wir zwei glückliche Läufer in der U-Bahn. Einer hat noch die Medaille um den Hals, der andere hatte sie weggesteckt.

Neben den vielen Nebenveranstaltungen für Skater, Rollstuhlfahrer, Skaterinnen und Rollstuhlfahrerinnen ist doch das Hauptaugenmerk noch immer auf der Veranstaltung am Sonntag.

Marathonlauf Berlin – der Sonntag ist am wichtigsten

Am 30.9., dem Montag nach dem Marathon, stören falsch abgestellte Absperrgitter am Kranzler-Eck Ku’damm Ecke Joachimstaler Straße. © 2019, Foto/BU: Andreas Hagemoser

Vorneweg starten die Profis, die bekannte Namen tragen. Manche kommen aus Kenia, Südafrika, Japan. Äthiopien und Läufer, deren Namen mit B wie Berlin beginnen, waren diesmal ganz vorn. Jonas Schreiner und Sven Butterweck aus Rheinland-Pfalz waren in einer der hinteren Startgruppen. Hinter der Marathonveranstaltung „Marathonlauf Berlin“ steckt eine Marathonlogistik. Viele Werbematerialien werden bedruckt, ausgeteilt, weggeworfen. Ebenso Wasserflaschen, Schwämme und Ähnliches.

Am Ende kommt die Berliner Stadtreinigung BSR, die mit den flotten Sprüchen und frischer oranger Farbe inzwischen ein gutes Image hat, das beinahe an das der BVG heranreicht, und macht alles wieder weg. Absperrungen werden abgebaut und weggeräumt, und überhaupt die Verkehrsbetriebe BVG: Viele Buslinien wurden gekürzt, entzweit wie zu Mauerzeiten oder umgeleitet. Die Kudammbusse M19 und M29 fuhren nicht wie gewohnt zwischen Ring und Gedächtniskirche über KadeWe nach Schöneberg, da der Kurfürstendamm bis Olivaer Platz Marathonstrecke war. 100er und 200er Bus, die den Bahnhof Zoo mit dem Alex und Unter den Linden verbinden, fuhren nur bis Großer Stern oder Nordische Botschaften am südlichen Tiergartenrand.

Marathonlauf Berlin: Niemand und nichts sonst schafft eine autofreie deutsche Hauptstadt

Absperrgitter am Ku’damm am Tag nach dem großen Lauf. Zwischen Uhland- und Fasanenstraße bei Wempe. © 2019, Foto/BU: Andreas Hagemoser

Der Besenwagen, ja. Der darf fahren. Am Ende hinter dem letzten Läufer herfahrend, im wahrsten Sinne des Wortes im Schrittempo, das Autofahrer hier für den verkehrsberuhigten Bereich lernen könnten. Wer wirklich nicht mehr kann, darf einsteigen. Eine Medaille ist dann nicht in Sicht. Alles andere Autos fahren nicht, wenn sie keine Sondergenehmigung haben. Da der Marathonlauf letztlich im Kreis herumführt, gibt es immer wieder Gegenden, die „von der Außenwelt abgeschnitten sind“. Aus Ihnen kommt man am besten mit der U-Bahn heraus, oder mit der S-Bahn. Wohl dem Autofahrer, der in der Nähe der Autobahn wohnt und zwar so, dass die Marathonstrecke ihn nicht von ihr abschneidet. Denn Autobahnen werden zwar manchmal für Fahrraddemonstrationen missbraucht, nicht aber für den BMW-Marathon.

Zwei Tage kein Verkehr, Busse fuhren nur eingeschränkt und selbst die neu beliebten Elektro-Tretroller durften nicht jede Straße entlangfahren.

Dafür wurde ein verkaufsoffener Sonntag eingerichtet, um die Besucher mit dem nötigsten zu versorgen (und Umsatz zu machen). In manchen vom Rest abgeschnittenen Kiezen steht dafür ein funktionierender Handelsbetrieb. Doch die Verkäuferinnen und Verkäufer müssen auch zur Arbeit kommen. Nicht immer leicht.

Eines ist sicher: Um den Sport geht es sowenig wie um Griechenland. Schließlich würde auch niemand monatelang für etwas trainieren, von dem er weiß, dass der erste, der das versucht, es zwar schaffte, aber mit seinem Leben bezahlte.

42 Kilometer und 195 Meter zu laufen übt eine faszinierende Anziehungskraft aus.

Viele haben dazu, um dabei zu sein, viele hundert Kilometer zurückgelegt. Die Stars aus Kenia und Äthiopien sogar tausende. Ob das in der Zukunft in einer Ökodiktatur, die manche ernsthaft befürchten, noch so sein wird, ist zumindest so fraglich, wie alles, was die Zukunft betrifft. Deshalb: Besuchen Sie den Berlin-Marathon, solange es noch geht.

Es ist ein Gemeinschaftsereignis entlang einer sich ständig ändernden Strecke, durch die man die Stadt besser kennenlernen kann.

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