Eltville, Deutschland (Kulturexpresso). Es gibt im Sommer und Herbst viele gute Gründe in den Rheingau zu fahren und die romantische Altstadt von Eltville zu besuchen. Die schönen Weingüter und –lokale gehören dazu, derzeit ist aber noch eine weiterer Grund dazugekommen: Im Rosengarten der Kurfürstlichen Burg hat der Künstler Ottmar Hörl auf Initiative der Stadt eine Installation aus 165 Gutenberg-Figuren geschaffen.
Wieso Eltville?
Mit Gutenberg verbindet man in der Regel die Stadt Mainz, aber nicht den nahegelegenen Rheingau. Doch in Eltville war man sich bewußt, dass der Bruder Gutenbergs dort wohnte und den Erfinder auch beherbergte, als er Unterstützung brauchte. Zudem wurde Gutenberg in der Burg von Adolf II. von Nassau zum „Hofmann“ ernannt. Grund genug, dass die Stadtoberen das Gutenberg-Jahr nutzen und mit eigenen Pfunden wuchern wollten – schließlich beherbergt die Burg nicht nur den bekannten Rosengarten, sondern auch ein kleines Gutenberg-Museum.
Hörls Spezialität: Serielle Plastik aus Plastik
Bereits zu Beginn des Jahres hatte Hörl den Prototyp seiner Gutenberg-Skulptur der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei der Modellierung musste er eine entscheidende Hürde überwinden: Von Gutenberg ist – im Gegensatz zu Luther – kein zeitgenössisches Abbild überliefert, Hörl musste ihn also rekonstruieren. Herausgekommen ist eine idealtypische Figur in zeitgenössischer Kleidung, Frisur und würdigem Habitus. Die Figuren sind ca. einen Meter groß und existieren in den Farben Schwarz, Rot und Gold. Jede Figur wird aus einer Kunststoffmasse einzeln in einer Form gegossen und per Hand herausgezogen. Noch während des Erkaltens wird die Figur der Form entsprechend nachmodelliert, daher weisen sie auch keine Nähte auf, wie es sonst im Spritzgussverfahren üblich ist. Das Verfahren hat einen weiteren Vorteil: Die Skulpturen sind wetterfest und können für 300 € angeboten werden. Hörls Figuren sind kein „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (Benjamin), die serielle Produktion ist von vorne herein Teil des künstlerischen Entwurfes. Mit der Vervielfältigung nimmt er der Kunst das elitäre Element.
Schwarze Magie – „Black Magic“
Diesen Ausstellungstitel hat Ottmar Hörl bewusst gewählt, ist doch die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und schwarzer Druckfarbe etwas „Magisches“ für ihn – wie für viele Menschen heute die sich rasend schnell verbreitende digitale Kommunikation, auf die der Zusatztitel: „gutenberg@eltville“ verweist. Überhaupt die Digitalisierung: Keiner der Festredner bei der Vernissage konnte es sich verkneifen, diesen Bezug anzusprechen. Digitalisierung ist ja auch in der politischen Diskussion ein Renner. Aber solche Bezüge darf man in diesem Falle ruhig herstellen, auch wenn Festreden nicht unbedingt eine ausreichend differenzierte Betrachtung erlauben. Der Vergleich mit der nachhaltigen geschichtlichen Wirkung von Gutenbergs Erfindung kann durchaus den Blick auf aktuelle Entwicklungen schärfen. Die Tatsache, dass ein großer Teil der Besucher der Vernissage permanent ein Smartphone in der Hand oder vor dem Auge hatten, war nicht zuletzt ein aktueller Beweis.
Die Installation ist noch bis zum 23. September 2018 zu sehen.