Potsdam, Deutschland (Kulturexpresso). Potsdamer Schlössernacht 2023 – ein mehrtägiges Ereignis, das Gott sei Dank nicht mit der „Langen Nacht der Museen Berlin 2023“ zusammenfiel, die eine Woche später über die Hauptstädter hereinbrach und ihnen teils den Schlaf raubte. Angenehm bei der Schlössernacht. Pausen für den Geist, die Augen und die Füße jederzeit möglich. Abwechslung erfreut, nach vielem Bunten einfach mal verpusten und wem das an den Verzehrständen nicht ruhig genug ist, findet nach wenigen Dutzend Schritten Ruhe, eine Parkbank und nach oben schauend, die Sterne.
Lasertunnel im Park Sanssouci
Ein unwirklicher „Tunnel“, nicht wirklich ein Tunnel, sondern durch LASER-Licht gebildet, zog viele magisch an. So auch uns. Ein High-Light, denn in etwa drei bis vier Metern Höhe mitten über einem der Parkwege, den man je nach gewählter Route sowieso entlangzugehen hatte, erstrahlte ein lineares Licht und fiel halbkreisförmig links und rechts von einem nach unten. Technisch genauer sollte man wohl sagen, dass es mehrere gerichtete Lichtlinien waren, die in Form eines Halbkreises bis zum Boden reichten (Siehe Bild – ein Bild sagt mehr als 1000 Worte). Dieses Highlight im wahren Sinne des Wortes, im wörtlichen, war anziehend. Es kleidete den Parkweg mit einer gewölbeartigen Lichtdecke. Geometrisch einwandfrei.
Die Potsdamer Schlössernacht 2023 – Barock und Gegenwart vermischen sich
Internationalle Gitarrenklänge und Gesang während der Potsdamer Schlössernacht im Park Sanssouci am 18.8.2023. Nun, Friedrich I. und II. und die Könige namens Friedrich Wilhelm hatten ausländische Künstler, holländische Schiff- und Wasserbauer und anderes Personal. Der brandenburgische große Kurfürst hatten sogar Kolonien in Westafrika. Am Schiffbauerdamm an der Spree wurden dafür Kriegsschiffe gebaut. Heute steht dort das Theater „Berliner Ensemble“ von Helene Weigel und Friedenswünscher Brecht.
Gérard Depardieu, der Obelixdarsteller und Charakterdarsteller aus Frankreich, der Wohnsitze in Belgien und Russland hat und einen russischen und VAR-Pass, lebt auch den Permanent traveller und mimte in einem die adelige Zeit mit ihrer Sucht nach Vergnügungen widerspiegelnden Spielfilm einen Schaustellerchef im französischen Kaiserreich. Lebhaft in Erinnerung blieb uns, wie er von Herrscher und Hofstaat, vermutlich unter Ludwig XIV., über den grünen Klee gelobt wurde für das, was er auf der Bühne auf die Beine stellte und was für viele für uns für die damalige Zeit unvorstellbar erscheint. Was aber Realität war – es war sehr viel möglich. Technik, auch Reisen. Ohne Strom und Gas, geschweige Netz und Handys. Teils war sogar mehr möglich als heute. Die immer totaler werdende Kameraüberwachung und Datensammelei macht Hochstapler selten und Anonymität sowieso. nicht, das wir heute mehr Hochstapler bräuchten. Leute an den falschen Stellen gibt es genug.
Doch statt es heute gute Gaukler gäbe und ziehende Zirkusse, wird uns derzeit vorgegaukelt, wie toll es heute sei und wie schlimm es damals gewesen wäre. Doch sollte man schon bei der Wahrheit bleiben. Wer die Geschichte studiert, ist klar im Vorteil.
Manchmal galt ein Menschenleben nicht viel. Und heute?
Dépardieu spielte die Rolle gut. Eine Schlüsselfilmszene: Eines Tages ging bei einer Vorführung bei einem Fest mächtig was schief. Es gab Verletzte, vielleicht sogar einen Toten. Doch der französische Hof feierte weiter und wollte sich die Laune nicht verderben lassen. Historisch wohl ziemlich korrekt dargestellt. Doch auch heute ist das Leben bestimmter Menschen wenig wert.
Potsdamer Schlössernacht oder Lange Nacht der Museen?
Sind Birnen besser? Als Äpfel, Apfelsinen, Erdäpfel? Entweder ist es eine Geschmacksfrage oder eine Frage für die chinesische Medizin und dann fragt sich: besser wofür? Wer mehr Stress will oder ihn als (Bundes-) Hauptstädter braucht, findet ihn eher auf der Langen Nacht der Museen. Althergebracht fand diese das letzte Mal 2019 statt, darüber hier mehr in einem Artikel im Kulturexpresso. 2019 ist ja die Benchmark, also die Messlatte, nach der normale Vergleiche stattfinden können. Die Verbots- und Behinderungsjahre 2020-2022 boten manches, aber wahrlich nicht den wahren Jacob. Bei der Berliner Langen Nacht 2019 lockten die Veranstalter mit 75 Museen, 75 Veranstaltungen und das alles nur mit einer einzigen Eintrittskarte zugänglich. Falls Sie nicht wissen, was eine Eintrittskarte ist: Engländer sagen Ticket. Das sagen sie aber auch zu Fahrkarten, Flugscheinen und Strafzetteln. Eine Strafe ist der Besuch der langen Museumsnacht in der Bundeshauptstadt bestimmt nicht, denn er ist freiwillig.
Die Potsdamer Schlössernacht 2024 steht in den Sternen, wird aber ja voraussichtlich wie geplant stattfinden, so Gott will
am 9. und 10. August 2024. Also am 9.+10.8.’24. (Auf der Website zur Veranstaltung steht mitten im Text, also nicht in einer Tabelle, „am 09. und 10.08.“. Wozu die zwei überflüssigen Nullen?? Welche Nullen haben da nicht aufgepasst?) Das werden sicher wieder ein Freitag und Samstag sein, so dass auch Frühaufstehende und montags-früh-arbeiten-Müssende ausschlafen können.
Der Vorverkauf zur 2024er Ausgabe der Potsdamer Schlössernacht, die die 25. sein wird, beginnt im November 2023. Da die Veranstaltung eine schöne Sache ist und wahrscheinlich wieder nicht so ganz preiswert, kann man so die Eintrittskarte(n), wie auch immer Sie die nennen mögen, auch unter den Weihnachtsbaum legen. Der Baum ist hoffentlich nicht digital. Die Eintrittskarten sollten es jedenfalls nicht sein. Und obwohl sie brennbar sind, können Sie dort ruhig liegen. Der Baum ist ja bei manchen jetzt elektrisch. China hat bei der Beleuchtung ein Geschäft gemacht. LED-Licht ist aber nur bedingt gesund und verbraucht zudem Strom. Am wichtigsten: Echtes Kerzenlicht – von mir aus in Gegenwart eines bereitstehenden Wassereimers in der Nähe – schafft die bessere Atmosphäre, so wie bei der Potsdamer Schlössernacht. Möge diese analog bleiben.
Was wäre noch wünschenswert gewesen? Etwas Unerreichbares. Bei diesem Konzept eines holländischen Veranstalters, der viele Gastronomiebetriebe der Landeshauptstadt P und der Bundeshauptstadt einbezog.
Exkurs: Unerfüllbare Wünsche
Wenn wir uns schon etwas wünschten – Weihnachten ist weit, wen wundert’s … Dass die Parkbesucher in Kleidung und Gehabe der Barockzeit angepasst wären. Das mit der Kleidung ginge noch, doch müsste es dann eine Kleiderordnung geben. Für, die, die nicht wissen, was das ist: einen dress code. Und Leute, die das an den Eingängen überprüfen und bestimmte Leute wieder nachhause schicken, zum Umziehen oder für Ungezogene für immer oder wenigstens die Dauer der Veranstaltung. Das müsste gar nicht so teuer sein, da man einem Fest nahekommen – näherkommen – könnte, zu dem der König von Preußen alle einlud. Sie dürfte einfach sein, auch selbstgenäht, auch schmucklos. Jedoch wären neuartige, später erfundene Dinge nicht zugelassen: Jeans, Kradhelme, auffällige Kopfhörer (SORRY, IFA: hier nicht) usw. usf. Dass die Durchführbarkeit nicht einfach wäre (sondern challenging), erwähnten wir. Türsteher und Torsteher mit historischem Kunst- und Kleiderverständnis bräuchte man.
Das mit dem Gehabe ist die größere Herausforderung und wohl unmöglich. So viele Besucher könnten wohl nicht gleichzeitig besser noch als ein Schauspieler einen Geist, geschweige denn einen höfischen Geist von 1745, 1755 oder 1780 ausstrahlen. 1747 war Sanssouci fertig. Die verkleideten Darsteller, in passendem „Outfit“, rauchten ’23 in ihren Pausen Industriezigaretten, die nicht ausgehen. Oder schleppten sich teils mit mürrischen Gesichtern zwischen den zahlenden Besuchern über die Wege. Das Kostüm allein macht es nicht. Kleider machen Leute, keine fröhlichen Gesichter.
Sprudelnde Fontäne in Potsdam – trockene Brunnen in Berlin, sogar am KaDeWe und in der Wilmersdorfer
Doch genau die könnte es eigentlich bei der sogenannten Schlössernacht geben. Fontänen sprudeln, so die große vor Sanssouci. Davon können Wilmersdorfer Straße und Wittenbergplatz und viele andere nur träumen. Selbst die Fontäne im Stadtpark Steglitz im Rondell auf dem Platz vor der Konzertmuschel ist fast nie angeschaltet. Nach langen Recherchen fand sich eine Parkbesucherin, die sich erinnern konnte, dass diese Fontäne in diesem Jahr bereits einmal eingeschaltet gewesen wäre. Wir haben im August und September fünfmal tagsüber den Park besucht und hatten dieses Glück nie. Eine Schande.
Dass der Brunnen mit Wasserspielen auf dem Berliner Messegelände vor dem Südeingang nur während der IFA und an anderen Messetagen läuft, ist verständlich. Doch die Wilmersdorfer ist eine der großen Einkaufsmeilen Deutschlands. Und die zwei Brunnen am Wittenbergplatz mit seinem historischen Charlottenburger U-Bahnhof? Der Platz in Ku’damm-Nähe mit dem KaDeWe aus dem Jahr 1907 wird von vielen Touristen besucht, die sich weder erfrischen noch gute Photos machen können. Alles aus.
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