Zum Hörbuch „Leere Herzen“ von Juli Zeh – mit voller Stimme gelesen von Ulrike C. Tscharre

"Leere Herzen" von Juli Zeh, gelesen von Ulrike C. Tscharre. © Der Hörverlag

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Der Roman „Leere Herzen“ von Juli Zeh spiele laut Caroline Schultz in „Gänsehaut beim Finale“ (17.10.2018) in fiktiver Zukunft im Jahr 2025. Schultz schreibt: „Angela Merkel ist längst nicht mehr im Amt, Donald Trump hingegen ist unvermutet Retter auf internationalem Parkett. Das Besorgte-Bürger-Bündnis schafft nach und nach jegliche Form von Mitbestimmung und Demokratie ab, und so geht es weiter… In dieser Gesellschaft hat sich die völlig desillusionierte und pragmatische Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi erfolgreich eingerichtet. Die ausgebildete Heilpraktikerin ist mit Richard verheiratet, Mutter einer Tochter und bietet in ihrem Therapiezentrum „Die Brücke“ eine besondere Form der Behandlung an. Doch niemand ahnt, was hinter dieser Fassade wirklich geschieht. Tatsächlich betreiben Babak und Britta ein lukratives und gefährliches Geschäft mit dem Tod. Ehemann Richard ist mit seinen Geschäften wenig erfolgreich, so dass er auf Britta, die für das Familieneinkommen sorgt, angewiesen ist. Eines Tages geschieht das unvermeidliche, „Die Brücke“ bekommt unliebsame Konkurrenz und schließlich geraten Babak, Britta und ihre Familie in Lebensgefahr.“

Beim Verlag Der Hörverlag klingt das so: „Als ihr Unternehmen unliebsame Konkurrenz zu bekommen droht, setzt Britta alles daran, die unbekannten Trittbrettfahrer auszuschalten. Doch sie hat ihre Gegner unterschätzt. Bald ist nicht nur Brittas Firma in Gefahr, sondern auch ihr Leben …“

So kann man es sagen und schreiben. Und das liest Ulrike C. Tscharre vor, fast sieben Stunden lang. Dass die 1974 geborene Tscharre an der Akademie für Darstellende Kunst in Ulm zur Schauspielerin ausgebildet wurde, auf Brettern, die die Welt bedeuten, stand und also in Theatern auftrat, das hört man. Nebenbei bemerkt gelangte sie über das Fernsehen auch zum Film. Beispielsweise ist sie in „Werk ohne Autor“ von Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck zu sehen.

Zu hören ist Tscharre nicht nur in „Leere Herzen“, sondern unter anderem in Henning Mankells „Wallander“-Reihe, in Annette Mingels „Was alles war“ und im Hörspiel zu Frank Schätzings „Der Schwarm“, aus dem Hörverlag.

Wie „Der Schwarm“ ist „Leere Herzen“ ein Blick in die Zukunft und die siehst zappenduster aus. Das scheint zu Braunschweig zu passen, wo der Gefreite aus Braunau seine Einbürgerung ins Deutsche Reich bekam. Dort wird der Abgang von Angela Merkel erlebt. Lustig, oder? Doch es wird noch lustiger. Die Neue heißt Regula Freyer und die Innenministerin dieser zweiten Kanzlerin der Berliner Republik wird Wagenknecht.

Keiner liest mehr Zeitungen und Zeitschriften („Zeitungslesen war wie ein Mitgliedsausweis, es verschaffte ein Zugehörigkeitsgefühl“), alle scheinen Entfremdet. Glaube, Liebe, Hoffnung, das war einmal. Der offene Diskurs ist tot wie die offene Gesellschaft vor lauter Autokraten in Washington und Moskau oder Ankara. Die EU befindet sich in Auflösung. Alles ist wie Braunschweig. Eine mittelmäßige Stadt in einem mittelmäßigen Land mit mittelmäßigen Einwohnern. Vor diesem polit-ökonomischen und kulturellen Hintergrund wird es hörbar spannend, der utopische Roman lässt die Hüllen fallen und wird zu einem unterhaltsamen Thriller.

Bibliographische Angaben

Juli Zeh, Leere Herzen, Hörung, gelesen von Ulrike C. Tscharre,
Originalverlag: Luchterhand, Laufzeit: 6 Stunden und 55 Minuten, Verlag: Der Hörverlag, 1. Auflage, München, 13. November 2017, ISBN: 978-3-8445-2801-5, Preis: 13,95 EUR (D)

Anzeige

Vorheriger Artikel„Auf de Fresse“ oder unter Leute in Unterleuten – Hörbuch und Hörspiel
Nächster ArtikelWenn die Chemie nicht stimmt – Zum Thriller „Die Chemie des Todes“ von Simon Beckett