Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ein farbenfrohes, witziges Feuerwerk, funkensprühend vor Kreativität präsentieren Schweden’s Top-Choreographen Ek und Ekman in dieser Doppelpremiere in der vollen Deutschen Oper Berlin, getanzt vom Staatsballett Berlin mit Top-Solo-TänzerInnen. CACTI reißt die Zuschauer sogar an vielen Stellen zu Lachen hin – auch eine Premiere!
Nach drei Jahren Pandemie-Einschränkungen mit „heruntergefahrener“ Kulturszene endlich wieder ein Kulturabend voll Hochgenuss! Schweden ,zu Gast in Berlin, zeigt die schönen Künste von ihrer besten Seite!
Erste Premiere: A Sort Of … (Mats Ek, uraufgeführt 1997 beim Nederlands Dans Theater)
„Das Ballett handelt von einer Mauer, eine Mauer, die sich am Ende öffnet… Die Verbindung zu Berlin hatte ich anfänglich gar nicht im Sinn. Trotzdem hoffe ich, dass das Stück seine Begründungen an diesem Ort finden wird und sie sich zunutze macht“ erklärt Choreograph Mats Ek seine Wahl des Stücks für Berlin.
Vor einer weißen, changierend mit Farblicht bespielten Wand, in die ein Tordurchgang gearbeitet ist, liegt auf dem Boden ein Tänzer, der absurde Bewegungen durchführt wie ein Insekt. Hinzu kommt eine Tänzerin. Ein absurder Pas-de-Deux eines phantasiereichen Ausdruckstanzes beginnt, untermalt von der synthetischen, angenehm klingenden Musik Henryk M. Górecki, die stellenweise von Kirchenglockengeläut in diversen Stärken und Arten bestimmt ist.
Nach und nach steigert sich das von keinem roten Erzähl-Faden durchzogene Stück – schon fast an Reizüberflutung grenzend – mit immer mehr TänzerInnen, (die in phantasievollen, bunten, an die 2.Weltkriegsjahre erinnernden lange Kostümen, Mäntel und Hüte in dezentem Chic, von Maria Geber) in Paaren oder Gruppen synchrone, teilweise absurd anmutende, jedoch immer attraktiv wirkende Ausdruckstänze performen – phrenetisch, hektisch, phantastisch, synchron oder wildes Durcheinander – atemberaubend!
Eine grüne Plastiktrennwand wird auf der sonst nackten Bühne präsentiert. Bunte Luftballons zeigen sich (erinnert uns Berliner an die Deutsche Mauer und Nena’s Song „99 Luftballons“). Die Luftballons zerplatzen urplötzlich und Gesichter tauchen über der Mauer auf. Ein buntes Treiben beginnt: Gesichter rauf und wieder runter, einer versucht über die Mauer zu klettern, begleitet von Empörungslauten seiner „KollegInnen“ hinter der Mauer. Immer wieder tauchen Luftballons auf, zerplatzen – keine Szene ähnelt der anderen. Ein detailreiches, die Augen und Ohren faszinierendes Spektakel zieht die ZuschauerInnen in den Bann. Zwischenapplause erfolgen! Fast eine Stunde lang entsteht in den ZuschauerInnen ein Rausch der Sinne – inszeniert und choreographiert wird! Goutiert wird dieses berauschend schöne Bombardement voll Power-Kreativität mit tosendem Applaus! Großartigstes Tanztheater!
Mats Ek, einer der international führenden Choreographen des 20. Jahrhunderts reüssierte bereits 1982 mit der gewagten Neuinszenierung des Klassikers GISELLE.
»Meine Choreographien sind mit einem Subtext unterlegt: wenn man sie tanzt, muss man mit der Bewegung bestimmte Bilder und Gefühle verbinden. Ohne diese sehen die Bewegungen einfach nur merkwürdig und fremd aus. Der Fokus muss immer klar sein: bei einem Solo liegt er im Inneren der Person, bei mehreren Tänzern im Bezug auf das Gegenüber«, skizziert er seine innere Triebfeder, die zur Interpretation seiner Choreographien notwendig ist.
Fazit: Génial lautet die französische Bezeichnung für diese geniale Performance!
Zweite Premiere: CACTI (Alexander Ekman)
»In diesem Werk geht es darum, wie wir Kunst beobachten und wie wir oft das Bedürfnis verspüren, Kunst zu analysieren und zu verstehen. Ich glaube, dass es keinen richtigen Weg gibt und jeder Kunst so interpretieren und erleben kann, wie er möchte. Womöglich ist es nur ein Gefühl, das man nicht erklären kann, womöglich aber auch eine sehr offensichtliche Botschaft.« So verdeutlicht der schwedische Star-Choreograph Alexander Ekman seinen kritischen Blick auf die zeitgenössische Kunstszene, die er mit diesem Stück parodiert.
Dunkle, nackte Bühne mit gedimmten Strahlern im Fond, eine Violine wird gezupft, eine Stimme aus dem Off, Nebel steigt auf – ein Streichquartett spielt in der Folge Musik von Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven und Franz Schubert.
Eine Ballerina erscheint – während sich vom Orchestergraben langsam 27 weiße kleine Podeste nach oben bewegen auf denen sich jeweils eine Tänzerin bewegt, alle uniform in – an ägyptische oder japanische Tempeldiener erinnernd – schwarzen Perücken, Nudekostüm-Oberteilen und schwarzen Pluderhosen. Auf den Podesten wird ein bunter Reigen an Treiben geboten: mit den Händen auf die Podeste klatschen, im Rhythmus zusammen, zusammen lautes Ausatmen wie beim Kundalini-Yoga, Verrenkungen, synchrones lautes Zischen. Die Podeste werden auf die Bühne getragen, wo mittlerweile ca. 50 (?) Tänzer alle Sinne der Zuschaue ansprechen. Es wirkt, als ob TempeldienerInnen toll geworden wären.
In Lichtkegeln bilden sich immer neue Paare und Darbietungen, Konstellationen, Actions, Zimmer-Kakteen werden in Töpfen hereingebracht unter Gelächter des Publikums, welches in Folge immer wieder an den diversesten Stellen des Stücks lauthals in Gelächter ausbricht ob der teilweise wirklich lustigen, abstrus wirkenden Performance, die einzigartig und hervorragend ist.
Jeder Kaktusträger tanzt um seinen Kaktus herum, Erklärungen in English ertönen vom Band aus dem Off, gesprochen von einer männlichen Stimme – ebenfalls goutiert mit vergnügtem Publikumsgelächter.
Getoppt wird das muntere Treiben durch ein Solo von der besonders in Berlin äußerst beliebten Gast-Solistin Polina Seminova und eines Gastkollegen.
Die beiden inzenieren die hohe Kunst des improvisatorisch wirkenden Balletts , während ihre Besprechung, was sie als nächstes tun werden, vom Band im Hintergrund abgespielt wird. Teilweisegekonnt und meisterhaft an Slapstick erinnernd, löst diese Präsentation Lachsalven im Publikum aus!
Eine Gruppe von nunmehr hautfarben kostümierten Tänzer tanzen mit den Kakteen während vom Band philosophische Träumereien über Kakteen abgehandelt werden.
Auf einmal tote Katze von der Decke und staubt die Bühne voll!
Frenetischer Applaus und Bravo-Rufe vom Berliner Premierenpublikum!
Polina Seminova und das Ballett warfen dann noch die Blumensträußchen ins Publikum, die ihnen vorher überreicht worden waren. Was für ein amüsanter, herausragend guter Ballettabend!
105 Minuten inklusive eine Pause
Weitere Vorführungen:
Samstag, den 18.2.2023, Dienstag, den 21.2.2023, Sonntag, den 12.3.2023, 16 Uhr; Sonntag, den 12.3.2023, 20 Uhr, Mittwoch, 22.3.2023