Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ameri-Siemens Buch beginnt mit der Nachricht von Hanns Martin Schleyers Tod. Die Fakten des Deutschen Herbst sind heute weitestgehend bekannt, die RAF gibt es seit fast 25 Jahren nur noch als Gespenst der Vergangenheit, um die Toten trauern ihre Familien. 2017 haben wir ganz andere Probleme mit dem globalen Terrorismus, fast erscheinen uns die RAF-Leute heute als kleine Robin Hood`s – wenn die Toten nicht gewesen wären. Jeder Mensch, der Opfer eines terroristischen Anschlags ist, ist einer zu viel. Das ist aber nicht die wesentliche Idee Ameri-Siemens. Sie untersucht die Frage, inwiefern der Staat das Recht hat, entweder „politische Gefangene“ freizulassen, oder den Tod der Geisel in Kauf zu nehmen. Wie wir wissen, entschied sich die damalige Regierung der BRD dafür die Geisel zu opfern. Aus Gründen der Staatsräson, um sich von Terroristen nicht erpressbar zu machen.
Ameri-Siemens versucht in teils aufwühlenden Gedächtnisprotokollen damaliger Protagonisten die Geschichte des Terrorjahres 77 zu erzählen. Neben Hanns-Eberhard Schleyer, kommen Politiker, Angehörige der Opfer, der Chef der GSG 9 und ein Bewacher der RAF-Gefangenen in Stammheim zu Wort.
Leider – und das ist ein großes Manko, hat es Ameri-Siemens nicht geschafft, auch nur einen der damaligen RAF-Leute ins Boot zu bekommen. Auch auf Leute der Unterstützerszene verzichtet sie, nicht einmal der ehemalige RAF-Anwalt Otto Schily stand Rede und Antwort. Warum er das nicht tat, erfahren wir nicht.
Das Buch verrät nichts wirklich neues, die Zusammenfassung der RAF-Historie auf wenigen Seiten ist schwach, über die Beweggründe der Terroristen erfahren wir fast nichts. Falls es für die Opfer ein Trost ist, nehmen wir das als hinlänglichen Grund der Veröffentlichung.
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Anne Ameri-Siemens, Ein Tag im Herbst, Die RAF, der Staat und der Fall Schleyer, 320 Seiten, Rowohlt Verlag, Berlin 2017, ISBN-: 3-871-3483-41, Preis: 19,95 Euro