Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ab Ende der 70er Jahre wurden Menschen in Ost – wie Westdeutschland vom Punkrock eingefangen. Der Wind fegte über den Atlantik direkt in die Hirne der störrischen, nachdenklichen, anderen Jugend. Wer einmal vom Sound und dem Lebensgefühl gepackt wurde, war meist rettungslos für das „Spießerleben“ verloren. Das Gefühl: mach was du willst, kleide dich wie du magst, zeig deinen Lehrern und allen Lebenserklärern den blanken Hintern, war einfach zu verlockend.
Westberlin und Hamburg entwickelten sich bis zur Wende zum El Dorado der Tunichtgute und Verweigerer. In der DDR waren Leipzig und Ostberlin Zentren der Punkrockbewegung.
Tim Hackenmack hat sich 40 Jahre nach Beginn der 1. Punkrockwelle aufgemacht, um zu erforschen, was vom Punk noch übrig ist. Er besuchte 77 ProtagonistInnen der Bewegung in allen Ecken der Republik. Immer dabei seine Kamera, mit der er flinke Schnappschüsse festhielt, ohne große Vorbereitung, ganz dem Zufall verpflichtet und dem, was ihm gerade wichtig erschien.
Diverse Punker bringen sich gern in Pose, manchen ist der irre Punkerblick ein Muss. Andere, besonders die Frauen, können auch mal lächeln. Wobei die 77 alle keine Models sind und so gut wie möglich aus der Sache rauskommen wollen. Wohlgemerkt, sie kommen gut raus, es ist ein großartiger Bildband. Parallel stellt Hackenmack seinen 77 Fragen zum damaligen Lebensstil, ihren Projekten, Drogen und ihrer politischen Einstellung. Die erste Frage lautet immer, wann und wo bist du zum Punk gekommen.
Ein starkes Erinnerungswerk mit fürwahr tollen Fotos.
Bibliographische Angaben
Tim Hackemack, Yesterday’s Kids, 500 Seiten, Hirnkost Verlag, Berlin 2016, ISBN: 3-945398-15-9, 36 Euro