Das schwarzhumorige Spitzenbuch eines genialen und romantischen Alleinreiters – Zum Roman „Miakro“ von Georg Klein

"Miakro" von Georg Klein.
"Miakro" von Georg Klein. © Rowohlt

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Wir ankern im „Mittleren Büro“. Tagsüber stehen die haarlosen Männer unter Nettlers Leitung an ihren Glasplatten, um die Gewissheit zu erschaffen. Eine Schleuse trennt die „Glasarbeiter“ von weiteren Räumen, die mitunter vom Volksleuten, Frauen, Kindern und alten Männern belebt werden. Regelmäßig rücken die Büromänner in die „Nährflure“ aus, die Nahrung und lebenswichtige Dinge spenden. Bei einer dieser Erkundungen geht der „kleine Wehler“ verloren, er wird quasi vom „Nährflur verschluckt“. Nettler und drei Glasarbeiter begeben sich auf die Suche nach Wehler. Er kann doch nicht einfach so verschwinden.

Außerhalb des Nährflurs, also überhaupt nicht irgendwo drinnen, sehen sich der Hauptmann Blank und die Agentin Xazy einem „Unding“ gegenüber. Es frisst Land und Leute, es okkupiert feste Gebäude, verwirrt den Geist und nimmt der Blume den Glanz. Was gestern blau, ist heute weißlich, mausgrau. Ein rätselhafter Binnenwind zieht das heute über das morgen und macht aus dem gestern das jetzt. All diese Geschehnisse gehen mit großem Ernst vonstatten, und wenn sie Allegorien sind, dann nur dank unseres Verstandes. Was ist natürlich, was außen, was innen? Wozu geht der Mensch arbeiten? Warum folgen wir dem, der meint Antworten zu haben?

Das Äußere gegen das Innere und umgekehrt. Georg Klein nimmt sich eine Scheibe Käse, stellt sie in die Kammer, öffnet das Fenster und schaut, wie sich langsam Leben auf der Scheibe entwickelt. Er blickt wochenlang gebannt auf das Gewimmel und erledigt die Dinge des Lebens nebenher. Irgendwann ist es gut. Er verlässt den Käse in der Kammer mit dem Fenster. Und beginnt zu schreiben. Er nennt sein Buch Miakro. Drin steht, was er auf dieser Käsescheibe gesehen hat. Ist es vielleicht wie eine von uns allen gebilligte Botschaft, die uns bewährtes im neuen Aufzug sagt? Die Welt geht krachen und die Götter lachen. Georg Klein ist die deutsche Ausnahmeerscheinung. Er meistert Dampfhammer und Mäusebartharfe gleichermaßen.

Frei von den Erfordernissen des Marktes übertritt Klein lächelnd die Schwelle und wirbelt das, was viele von uns Kosmos nennen, auserlesen durcheinander.

Bibliographische Angaben

Georg Klein, Miakro, 336 Seiten, Rowohlt Verlag, Reinbek 2018, ISBN 3-4980-341-08, Preis: 24 Euro

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