Achtenswertes im ältesten Ägyptischen Museum der Welt – Das Museo Egizio in Turin und der erotische Turiner Papyrus, der Totenbuch-Papyrus, der Königspapyrus…

Strike Papyrus, New Kingdom (1539-1076 B.C.) im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Turin, Piemont, Italien (Kulturexpresso). Keine Frage, Berlin hat eines der bedeutendsten Ägyptischen Museen der Welt. Seit 2009 befindet sich das Ägyptische Museum und die Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin im Neuen Museum auf der Museumsinsel in der Spree. Heraus aus dieser bedeutendsten Sammlungen der ägyptischen Hochkultur mit die Statuen, Reliefs und Kleinkunstobjekte aus sämtlichen Epochen der altägyptischen Geschichte gilt die 1920 von James Simon übereignete Büste der Nofretete.

Tomb of Iti and Neferu im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Auf mehr als diesen Hingucker dürfen die Damen und Herren des Museo Egizio (Ägyptisches Museum) in Turin hinweise. Das berühmte Museo delle antichità egizie di Torino (Museum für Ägyptische Altertümer zu Turin) umfaßt weit über 32 000 Artefakte, von denen mehr als 6 000 ausgestellt werden. Doch das Museo Egizio ist nicht nur eines der größten Museen und unter den Top 10 der Welt, sondern das älteste Ägyptische Museum.

Predynastic mummy with burial goods, Predynastic Period (3600-3350 B.C.) im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Das Museo Egizio in der Via Accademia delle Scienze Nr. 6 mitten in Turion ist mit fast 200 Jahren das älteste seiner Art. In zwei Jahren und also 2024 soll seine Gründung und Eröffnung im Jahr 1824 groß gefeiert werden. Gefeiert werden wird dann wohl auch Jean-François Champollion, der am 23. Dezember 1790 in Figeac im Département Lot geboren wurde und am 4. März 1832 in Paris starb). Der sprachbegabte Sohn eines Buchhändlers wurde nicht nur Sprachwissenschaftler, sondern entzifferte die ersten Hieroglyphen auf dem Stein von Rosette. „Mithilfe der Namenskartuschen für Ptolemaios VIII., Kleopatra II. und Kleopatra III. auf dem von William John Bankes erworbenen Obelisken von Philae, dem Stein von Rosette, Abbildungen aus einem Tempel in Abu Simbel und anderen Papyri entdeckte er“ laut „Wikipedia“ unter dem Suchbegriff „Jean-François Champollion“, „dass einzelne Hieroglyphen für Buchstaben standen, andere für ganze Wörter, oder dass sie gar kontextbestimmend waren.“

Gallery of the Kings im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Weiter heißt es dort: „Im September 1822 gelang es Champollion, ein vollständiges System zur Entzifferung der Hieroglyphen aufzustellen. Am 27. September 1822 stellte der Franzose den Mitgliedern der Akademie der Inschriften und der schönen Literatur in Paris einen Teil seiner Forschungsergebnisse zu den Hieroglyphen vor. Doch kaum hatte der Referent an jenem Tag ausgeredet, fielen die meisten zuhörenden Wissenschaftler über ihn her. Sie beschuldigten ihn des Plagiats oder zweifelten seine Übersetzungen schlichtweg an. Er veröffentlichte Teile der Arbeit im Oktober 1822 (Brief an M. Dacier, den Ständigen Sekretär des ehrwürdigen Instituts, betreffend das Alphabet der phonetischen Hieroglyphen) und eine ausführliche Erklärung im April 1824 (Zusammenfassung des Systems der Hieroglyphen im Alten Ägypten). Heute feiert die Nachwelt den sogenannten ‚Brief an Monsieur Dacier‘ als Meilenstein in der Entwicklung der Ägyptologie. 1830 wurde er dann doch zum Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres gewählt.“

Middle and New Kingdom im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

In gewisser Weise legte Champollion den Grundstein für das Museo Egizio, denn erstens begründete er die moderne Ägyptologie und zweitens verbrachte er „auf der Suche nach weiteren ägyptischen Schriften … die Zeit von Juni 1824 bis März 1826 in Italien, speziell in Turin. Dort fand und übersetzte er den Königspapyrus Turin, auch Turiner Königsliste genannt. Die stamme, so heißt es im Museo Egizio, vermutlich aus der Zeit Pharaos Ramses II. und sei die älteste altägyptische Königsliste in hieratischer Schrift, in welcher die Namen der ägyptischen Könige (Pharaonen) und deren Regierungsjahre aufgeführt werden. Diese „Papyrusfragmente“ würden, so heißt es in „Wikipedia“, „die umfangreichste Liste der ägyptischen Pharaonen“ darstellen und „die Grundlage der meisten Chronologien für die Zeit vor der Herrschaft Ramses II“ bilden. „Sie werden im Museo delle antichità egizie in Turin gezeigt. Daß er diese „Übersetzung eine Weile geheim“ hielt, weil diese Zeitrechnung der Kirche insgesamt in Frage stellte“, das wird im Museo Eglizio ausdrücklich erwähnt, jedenfalls von der Museumsführerin, der ich folgte.

Coffin Gallery im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Von ihr und aus Schriften ist zu erfahren, daß die Sammlung vor allem auf die Erwerbungen von Karl Felix, einem König von Sardinien-Piemont, basiert. Der solle 1824 insgesamt 5.268 Artefakte gekaufte haben, darunter 100 Statuen und 170 Papyri. Weitere Werke wurden von Konsul Bernardino Drovetti, einem französischen Sammler altägyptischer Kunst, gekauft, so daß der Bestand des gerade gegründeten Museums immer größer wurde und durch Grabungstätigkeiten unter der Führung von Ernesto Schiaparelli, welcher am 12. Juli 1856 in Occieppo Inferiore in der Provinz Novara, heute Provinz Biella, geboren wurde und am 14. Februar 1928 in Turin starb, der erste Direktor des Museums war, erheblich erweitert.

History of the Museum_Iuefankh papyrus im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Das Ägyptische Museum in Turin verfügt über eine der bedeutendsten Papyrussammlungen der Welt, darunter befindet sich eine Karte von Goldminen, der erotische Turiner Papyrus und vor allem der Königspapyrus. Wohl nicht nur Deutschen, die das Museo Egizio besuchen und Achtenswertes bestaunen, wird das Totenbuch-Papyrus gezeigt und das Drumherum berichtet. Dies erlangte bereits 1791 eine enorme Bedeutung, weil der deutsche Ägyptologe Karl Richard Lepsius, der am 23. Dezember 1810 in Naumburg an der Saale geboren wurde und am 10. Juli 1884 in Berlin starb, diesen „besonders vollständigen Papyrus seiner Erstausgabe des Totenbuches zu Grunde“ legte.

Book of the Dead of Iuefankh, Ptolemaic Period (332-30 B.C.) im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Daß das angebliche Ehrengrab der Stadt Berlin für den Begründers der modernen Ägyptologie auf dem Dom-Friedhof II in Berlin-Mitte mehr eine Schande ist als schön, das berichte ich nur nebenbei. In Turin wird Lepsius in Ehren gehalten.

Tomb of Kha im Museo Egizio in Turin. © Museo Egizio, BU: Stefan Pribnow

Als Höhepunkte der Sammlung in Turin gilt die komplette Grabausstattung des Architekten Cha und seiner Frau Merit aus der 18. Dynastie, zahlreiche Funde aus den Gaufürstengräbern von Qaw el-Kebir (12. Dynastie), zahlreiche Funde aus dem Tal der Königinnen und Bruchstücke eines Schreines des Djoser aus Heliopolis.

Das alles und noch viel mehr gibt es zu lesen, hören und sehen im

Museo Egizio

Adresse: Via Accademia delle Scienze, 6, 10123 Torino TO, Piemont, Italien

Kontakt: Telefon: 0039(0)114406903

Heimatseitemuseoegizio.it

Anmerkungen:

Die Recherche wurde von DMO Piemonte S. c. r. l. unterstützt.

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