Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Privatermittler Calanda, der aufs Suchen von Personen spezialisiert ist und meist findet, fliegt von Hamburg nach Zürich, um von seinen neuen Auftraggebern Informationen einzuholen. Dort kommt der Mann, der „in kenntnisreichen Kreisen einen exzellenten Ruf“ genießt und selbstredend Diskretion groß schreibt, nicht nur buchstäblich auf den Geschmack, sondern setzt selbst dann „ein betont teilnahmsloses Gesicht“ auf, wenn er die Witterung aufgenommen hat.
Das Geld des Mannes, der als zuverlässig und vertrauensvoll gilt, kommt von den hohen Herren eines Lebensmittelkonzern, die in ihrer Gier nach Profit anderen zuvorkommen wollen und niedere Methoden kennen, koste es, was es wollen, um an das Begehrte zu gelangen.
In den Geschichten, zu den Florian Harms in seinem Debütroman „Versuchung“ ausholt und die ausschweifend erscheinen mögen, aber im Laufe der Ereignisse und Erzählung zu einem Strang verknüpft werden, der – nebenbei bemerkt – hält, was er verspricht, wird viel gekostet und selbstverständlich kostet das in einem Kriminalroman Menschenleben, die auch die Bewahrer eines der letzten großen Geheimnisse der Menschheit in Kauf nehmen.
Dabei soll Calanda, der auch auf den Geschmack kommt, für den Schweizer Lebensmittelkonzern eigentlich nur August Lieblig suchen und finden. Dieser ist auf der Suche nach seinem verschollenen Vater irgendwo über der Wüste Nordafrikas abgestürzt. Wohin ist Lieblig verschwunden – und was hat er über den neuen Geschmack, den das Schweizer Unternehmen gefunden zu haben glaubt und der eine außerordentlich starke Wirkung auf die menschlichen Sinne haben soll, herausgefunden?
Nicht nur der Privatermittler, auch die anderen Protagonisten des Thrillers, bei dem der Leser auch etwas über die Errungen- und Machenschaften der Biotechnologie beigebracht bekommt, schlittern von einem Erlebnis zum anderen und treffen auf schillernde Persönlichkeiten zwischen Rommel und Rendite, Himmel und Hölle, Al-Dschadida und Aleppo.
Dabei nimmt Florian Harms als wort- und weltgewandter Autor seine Leser zwar mit auf eine Reise von Marokko bis Syrien, wobei er immer wieder zwischen Okzident und Orient wechselt, dass man wir werden möchte, doch es ist eine mit hü und hott, hin und her. Nicht nur das, Harms hüpft auch durch die Zeiten und führt den einmal gefesselten Leser mit in eine Welt aus Tausendundeine Erzählung, die den in Sachen Morgenland unbeschriebenen (besser: vorverblödeten) Blättern über die literarische Form einen scheinbar leichteren Weg ebnet, um Leute und Länder besser kennenzulernen.
Vor dieser Leistung, seine Erkenntnisse, die im Wesentlichen auf Erfahrungserkenntnisse basieren, umgangssprachlich zu vermitteln und also das Verstandene mundgerecht zu erklären, zu erläutern, zu erzählen, damit jeden die nicht nur einfach so hingeschriebenen Happen schlucken kann, sondern auch verdauen, muss man großen Respekt haben. Das bedarf nicht nur Talent, sondern viel Fleiß und also Zeit.
In diesem Buch steckt ein gutes Stück Florian Harms, der 1973 geboren wurde und sowohl in Freiburg im Breisgau als auch in Damaskus Islam- und Politikwissenschaft studierte.
Dass die Feder des Bildungsbürgers und hauptberuflich tätigen Formulierers hier und da etwas zu bemüht geführt wird, das darf man bei seinem ersten Roman getrost überlesen, denn mit diesem fiktionalen Text dürfte Harms mehr zur Völkerverständigung beigetragen haben als unzählige themenzentrierte Texte Abertausender von Journalisten.
Bibliographische Angaben
Florian Harms, Versuchung, Kriminalroman, 448 Seiten, Format: 14.5 x 21.0 cm, Verlag: Benevento, ISBN-13: 9783710900570, Preise: 20 EUR (A), 20 EUR (D), 28,90 SFr, E-Buch: ISBN-13 9783710950803, Preise: 15,99 EUR (A), 15,99 EUR (D), 23 SFr